Auf der Suche nach einem zweiten Altkönig

Einst Vorzeigeobjekt ist die Altkönighalle inzwischen ganz schön in die Jahre gekommen. Abriss, Neubau oder Sanierung – Bürgermeister Steffen Bonk und Erster Stadtrat Lars Knobloch berichten über die Möglichkeiten mit vier Varianten.Foto: js

Von Jürgen Streicher

Steinbach. Groß denken wie einst in Zeiten der Stadtwerdung unter Bürgermeister Walter Herbst oder bescheiden bleiben angesichts der Finanzlage der Stadt heute? Auch das ist im Jahr 2024 die Frage, der sich die Politik stellen muss. Eine Machbarkeitsstudie mit Blick auf das Sportzentrum am Stadtrand weist mögliche Wege in die Zukunft, die Zahlen unter dem Strich bei verschiedene Varianten von Sanierung bis Neubau werden am Ende das Spiel bestimmen.

Dass nach 50 Jahren Sportanlage und 40 Jahren „Altkönighalle“ Handlungsbedarf besteht, ist unstrittig. Sie hat ihren Namen bekommen, weil einst die Spitze des gleichnamigen Berges, die 1809 dem Marktflecken Steinbach zugesprochen wurde, verkauft werden konnte, um die Halle zu finanzieren. Heute kommt die Altkönighalle äußerlich noch ganz manierlich daher. Trotz des Charmes der frühen 80er- Jahre außen wie innen. Sie ist auch noch weitestgehend funktionstüchtig, aber der „Investitionsstau“ macht dem Bürgermeister Sorgen. Steffen Bonk spricht von einer „Herkulesaufgabe“, die der Stadt im Gesamtpaket Sport bevorstehe. Eine neue Heizung ist dringend angesagt, auch bei der Elektrik ist einiges marode, der Bodenbelag muss erneuert werden, die Außenhaut passt nicht mehr wirklich, eine Photovoltaikanlage auf das alte Dach zu schrauben, macht keinen Sinn. Soviel wie nie zuvor, 80 000 Euro, hat die Stadt nun in eine Machbarkeitsstudie mit detaillierter Bestandsanalyse und gezielter Darstellung von neuen Wegen investiert. Weil es eben um sehr viel Geld gehen wird, etwa bei einer Entscheidung für den Neubau einer erweiterten Altkönighalle. Magistrat und Stadtverordnete haben das 65-seitige Skript bereits in der Hand, im Bauausschuss sollen nun mögliche Wege diskutiert und verhandelt werden, die Vereine „sind mit im Boot“, heißt es. Bonk: „Wir wissen, dass es sehr, sehr teuer wird und sehr komplex ist, wir brauchen eine gründliche Untersuchung statt einer schnellen Entscheidung.

Damals in den 70er- und 80e -Jahren sind die Entscheidungen schneller gefallen. Es war die Boom-Zeit, Steinbach ist binnen zehn Jahren von 1500 auf über 10 000 Einwohner gewachsen, das Sportzentrum sollte ein Vorzeigemodell werden mit der erst zweiten Tartanbahn in Hessen. Noch heute stehen die markanten Wälle im Rund, geträumt wurde von Tribünenaufbauten, auch über dem jetzt gar nicht mehr feinen Umkleidetrakt, der dafür extra ein schräges Dach bekam. Alles marode heute, manche nennen es desolat, es ist die passende Beschreibung, die trotz aller Pflege in Liebe auch für die beiden Vereinsheime der Fußballer und Leichtathleten auf dem Gelände gilt. Bonk spricht wieder vom Investitionsstau, das würde sich in diesem Bereich schon auf über 600 000 Euro summieren. Ein neues Funktionsgebäude würde die Summe mindestens verdoppeln.

Für das neue Sportzentrum wurden bis zur Fertigstellung 1974 rund 1,4 Millionen Mark investiert, in die Halle zehn Jahre später stolze 3,7 Millionen Mark. Das würde jetzt nur für eine Sanierung auf dem zweituntersten Niveau – gedacht haben die Analysten in vier Kategorien – reichen. Beim absoluten Minimum werden 900 000 Euro Sanierungskosten genannt, wird auch eine energetische Sanierung (Kategorie 4) geplant, ist man schon bei 7,5 Millionen Euro. Will man wieder groß denken oder einfach nur mit Blick auf eine längerfristige Zukunft planen, könnten es auch 17 Millionen Euro werden. Das wäre die Variante „Kompletter Abriss und Neubau als Vierfeld-Sporthalle mit integrierten Vereinsheimen“.

Der Bedarf ist da, nimmt man auch die Leichtathleten vom LC Steinbach noch dazu, nutzen mehr als 1000 aktive Sportler die Halle, dazu kommen die Kinder und Jugendlichen der benachbarten Phorms-Schule, die über keine eigene Halle verfügt. „Wir haben ein florierendes Vereinsleben“, so Bonk und der Erste Stadtrat Lars Knobloch, im „Wissen um die Bedeutung der Vereine“ sei die Studie in Auftrag gegeben worden, denn Vereinsarbeit sei immer auch Sozialarbeit.

Einig sind sich der Bürgermeister und der Stadtrat, dass Abriss und kompletter Neubau auf lange Sicht die bessere Lösung sei, vorausgehen müsste aber eine grundsätzliche Untersuchung vor etwa einer planlosen Sanierung. Noch nicht vergessen ist die teure Sanierung des einstigen Hallenbads vor etwas mehr als 30 Jahren, nicht mal zwei Jahre später musste es geschlossen werden, weil kein Geld mehr da war. Und einen zweiten Altkönig, dessen Spitze zu Geld gemacht werden kann bei einem Verkauf an das Land Hessen wie damals, hat Steffen Bonk nicht zu bieten. Immerhin 1,2 Millionen Mark hat der legendäre Walter Herbst seinerzeit aus dem Deal für die Stadtkasse generiert.

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