Steinbach (js). Bleibt Steffen Bonk für weitere sechs Jahre Bürgermeister von Steinbach oder macht ein Neuling in der Stadtpolitik das Rennen? Nach kurzem Vorspiel seit der Bekanntgabe der beiden Kandidaten im Dezember naht der Tag der Entscheidung. Sie fällt am Tag der Bundestagswahl, am 23. Februar. Dann haben die Bürger Steinbachs die Chance, den Mann zu bestimmen, der die Stadt von der Verwaltungsspitze aus in die Zukunft führen soll. Zur Wahl stehen der Amtsinhaber Steffen Bonk (CDU) und der Parteilose Helmut Jiménez. Die im Stadtparlament vertretenen Parteien SPD, FDP und Grüne haben auf eigene Kandidaten verzichtet. Für die Steinbacher Woche hat Jürgen Streicher mit Diplomverwaltungswirt Steffen Bonk (44) und dem Politologen Helmut Jiménez (40), der als Projektleiter bei der Deutschen Bahn beschäftigt ist, über ihre Ziele, Wünsche und Ideen zur weiteren Entwicklung der Stadt gesprochen. Für die Steinbacher Woche des Hochtaunus Verlags hat unser Redakteur Jürgen Streicher ein Interview zur Bürgermeisterwahl mit dem Herausforderer Helmut Jiménez geführt.
Werbung durch Wahlplakate in der Stadt sieht man von Ihnen kaum. Wo suchen Sie die Menschen, die Helmut Jiménez am 23. Februar zum Bürgermeister wählen sollen?
Helmut Jiménez: Meine Kommunikation im Wahlkampf nutzt verschiedene Instrumente: Klassische Printmedien wie Wahlplakate, Flyer und Zeitungsartikel. Zum anderen digitale Medien wie meine Website und Instagram. Ich setze meinen Schwerpunkt allerdings auf persönlichen Kontakt mit den Bürgern.
Wissen Sie, wie viele Menschen Sie über den Aperolo Social Club und andere „Meet&Greet“-Termine erreichen?
Helmut Jiménez: Ich schätze, dass ich einige hundert Bürger im persönlichen Kontakt erreichen werde. Mein Ziel ist allerdings, mehr als 3000 Stimmen zu gewinnen. Daher ist es umso wichtiger, dass überzeugte Bürger bei Verwandten und Freunden für mich werben.
Wie ist die Resonanz bisher?
Helmut Jiménez: Ich erhalte viel positives Feedback. Daher möchte ich behaupten, mit meiner Kandidatur einen Nerv in Steinbach getroffen zu haben.
Der Herausforderer gegen den Platzhirsch, der in den vergangenen sechs Jahren einen soliden Job gemacht hat. Sie wollen frischen Wind ins Rathaus bringen. Worin liegt der Reiz des Neuen, dem die Menschen in der Stadt folgen sollen?
Helmut Jiménez: Bei Betrachtung der vergangenen sechs Jahre sehe ich mehrere Probleme: Die kräftige Erhöhung der Grundsteuer B, die geplante Erhöhung der Schuldenlast um etwa sieben Millionen Euro im Doppelhaushalt 2024/2025, die jahrelange Verzögerung bei der Umsetzung der Projekte Feuerwehrhaus und „Kita in der Eck“. Ich rechne nicht mit einer Wende zum Guten in einer zweiten Amtszeit. Daher trete ich an.
Es gehört zu „unserer lebendigen Demokratie in Steinbach“, wenn sich ein zweiter Kandidat der Herausforderung stellt, sagen Sie. Erzählen Sie mehr über Ihre Motivation und Ihre kreativen Ideen.
Helmut Jiménez: Unsere Demokratie lebt davon, dass Bürger ihr aktives und passives Wahlrecht wahrnehmen. Da ich von der Amtsführung des Bürgermeisters enttäuscht bin, stelle ich mich selbst zur Wahl. Als Diplompolitologe und Projektmanager bringe ich die nötige Methoden- und Sozialkompetenz für das Amt des Bürgermeisters mit. Im Amt werde ich zwei Ziele verfolgen: Die Schaffung der Rahmenbedingungen für eine wirksame Bürgerbeteiligung und zweitens die Neuausrichtung der Stadtverwaltung als Dienstleistungsunternehmen, das Bürger als Kunden in den Fokus stellt.
Was würde sich ändern mit Ihnen auf der Kommandobrücke im Rathaus?
Helmut Jiménez: Wir brauchen mehr Transparenz, mehr Verbindlichkeit und mehr Repräsentativität im politischen Entscheidungsprozess.
Es gibt Themen, die stehen auf der Agenda, egal ob Steffen Bonk oder Helmut Jiménez Bürgermeister wird. Da sind etwa die für die Stadt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtigen Projekte neue „Kita Süd“ und neues Feuerwehrgerätehaus, die viele Millionen Euro kosten werden. Und die gewünschten Zugaben neue „Alte Dorfmitte“ und rundum erneuertes Sportzentrum mit neuer Sporthalle. Wo würden Sie sich da einordnen?
Helmut Jiménez: Gerade in Zeiten enger finanzieller Spielräume ist es erforderlich, vorhandene finanzielle Mittel entsprechend der Bedürfnisse der Bürger zu priorisieren. Der amtierende Bürgermeister hat sich viel vorgenommen, aber bisher keine Erfolge bei der Umsetzung seines Projektportfolios kommunizieren können. Sein Ausblick für die Umsetzung bleibt maximal vage. Statt vier Projekte gleichzeitig zu verfolgen, empfehle ich, einzelne Projekte fokussiert nacheinander umzusetzen. Das sorgt für mehr Transparenz und Verbindlichkeit.
Wie erklären Sie den angedachten „Transformationsprozess“, der die Kommunikation zwischen den Bürgern und den städtischen Gremien optimieren soll?
Helmut Jiménez: Der Transformationsprozess findet vor allem in der Stadtverwaltung statt. Von der klassischen Behörde zum Dienstleistungsunternehmen. Elementar sind die Themen Kundenorientierung, Transparenz und kontinuierliche Verbesserung. Je besser die Stadtverwaltung versteht, was die wahren Bedürfnisse der Menschen sind, umso wirksamer und wirtschaftlicher können wir sie als Stadt umsetzen. Darum werde ich als Bürgermeister verschiedene Beteiligungsformate anbieten, die es den Bürgern ermöglichen, ihre Bedürfnisse und Sichtweisen einzubringen.
Wo in der politischen Landschaft mit vier nahezu gleichstarken Fraktionen würden Sie am ehesten konstruktive Partner sehen?
Helmut Jiménez: Als Bürgermeister vertrete ich die Interessen aller Steinbacher Bürger. Dementsprechend werde ich auch mit allen Fraktionen konstruktiv zusammenarbeiten und für Sachpolitik statt für Parteienstreit im Rathaus einstehen.
Wer zieht aktuell die Fäden in der Steinbacher Politik?
Helmut Jiménez: Die politische Aktivität konzentriert sich stark im Umfeld der Parteien. Der extreme Mitgliederschwund bei den Parteien in Deutschland zeigt allerdings, dass es Parteien immer schwerer fällt, Menschen für ein parteibezogenes politisches Engagement zu motivieren. Freie Wählergemeinschaften, Interessentengemeinschaften und dialogorientierte Beteiligungsformate können zu mehr Repräsentativität im kommunalen Entscheidungsprozess führen. Diese Elemente möchte ich stärken.
Neben der veränderten Kommunikation im Rathaus und im Umgang mit den städtischen Gremien, wo werden Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen?
Helmut Jiménez: Meine inhaltlichen Schwerpunkte leiten sich aus den auftretenden Problemen in der Stadt, etwa Notbetreuung im Kindergarten, und aus den Bedürfnissen unserer Bürger ab, also dem Zielbild.
Was würden Sie als gewählter Bürgermeister als erstes anpacken?
Helmut Jiménez: Wo wollen wir in zehn bis 15 Jahren stehen? Diese Frage möchte ich als erstes klären. Nur wenn wir ein klares gemeinsames Ziel vor Augen haben, werden wir erfolgreich sein.
Die gleichzeitige Wahl von Bundestag und Bürgermeister könnte zu einer hohen Wahlbeteiligung führen. Bei der Bürgermeister-Direktwahl 2019 wurden im zweiten Wahlgang nur knapp 50 Prozent der Wahlberechtigten an den Urnen gezählt. Was erhoffen Sie für den 23. Februar?
Helmut Jiménez: Mein Ziel ist es, mindestens 3000 Stimmen zu gewinnen. Daher möchte ich dringend alle ermutigen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Jede Stimme zählt und kann einen echten Unterschied machen.
Könnten Sie eher von einer hohen Wahlbeteiligung profitieren?
Helmut Jiménez: Bei der Stichwahl 2019 erhielt der amtierende Bürgermeister 1945 Stimmen. Das entspricht lediglich einem Viertel aller Wahlberechtigten. Etwa 75 Prozent haben ihn also nicht gewählt. In dieser Mehrheit sehe ich mein Wählerpotenzial.
„Junge Stadt der offenen Herzen“, so hat Steinbach stets offensiv für sich geworben. Ist das immer noch so und ist die Stadt fit für die Zukunft?
Helmut Jiménez: Dieser Slogan dürfte schon 50 Jahre alt sein und könnte eine Auffrischung gebrauchen. Um fit für die Zukunft zu werden, brauchen wir eine Stadtverwaltung, die schnell auf Veränderungen im Umfeld reagieren kann, ohne dabei an Leistungsfähigkeit und Orientierung einzubüßen.
Und Sie sind der richtige Mann dafür, sie auf Kurs zu halten?
Helmut Jiménez: „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Um Steinbach auf Kurs zu halten, brauche ich den Rückhalt der Bürger dieser Stadt.