Evelyn Giese schreitet mutig voran

Die neue Pfarrerin Evelyn Giese freut sich auf viele Gespräche mit ihren Gemeindemitgliedern in Steinbach und Stierstadt-Weißkirchen. Foto: Astrid Bergner

Steinbach (a.ber). „Mutig voran!“ Wenn Evelyn Giese am kommenden Sonntag offiziell in der St.-Georgs-Kirche in ihr Amt als Pfarrerin für die Gemeinde sowie der Versöhnungsgemeinde Oberursel eingeführt wird, tritt eine Theologin in den Dienst, der dieser Wahlspruch des Verbands Christlicher Pfadfinder (VCP) seit ihrer Jugend Richtschnur war. „Dass wir Christen gemeinsame Wege finden und uns unterstützen – und dass wir Freude haben, am Baum des Lebens zu wirken: das ist mir wichtig“, sagt die neue Pfarrerin im Gespräch. Evelyn Giese wird in Zukunft mit je einer halben Stelle ihre Pfarrerkollegen Klaus Hartmann und Herbert Lüdtke in Stierstadt-Weißkirchen und Steinbach unterstützen.

Für Team-Arbeit hatte die 1960 in Frankfurt Geborene schon immer etwas übrig. Seit ihrer Kindheit sei sie geprägt durch kirchliche Jugendgruppen, Pfadfinder und Mitarbeit im Evangelischen Jugendwerk Frankfurt. Nach fünf Jahren Beruf als ausgebildete Bankkauffrau vertiefte Evelyn Giese dann im Theologiestudium, was positive und fruchtbare Zusammenarbeit sein kann. „Wir waren große Jahrgänge mit mehr als 90 Studenten und bekamen in kleinen Teams sogenannte Praxisprojekte angetragen, die über theologische Themen und Kirche als Institution hinaus die Aufgabe hatten, Lebensläufe zu erforschen – Menschen zu fragen: Wer seid ihr?“, erinnert sie sich an ihre Studienzeit. Auch feministische Theologie spielte eine Rolle, „aber dieses Thema kam dann in der Gemeindearbeit wenig vor. Welches Geschlecht Gott hat? Das finde ich heute nicht mehr so spannend“, schmunzelt Evelyn Giese. Die 63-jährige, die nach dem Theologie- und Pädagogik-Studium in Frankfurt, Marburg und Heidelberg und ihrem Vikariat in Frankfurt-Preungesheim 1997 zur Pfarrerin der EKHN ordiniert wurde, liebt die praktische Gemeindearbeit.

Nach Stationen in Raunheim, Friedrichsdorf und weiteren zehn Jahren als Gemeindepfarrerin in Niddatal für die Dörfer Bönstadt und Kaichen freut sich Evelyn Giese nun auf die Menschen in ihren beiden neuen Gemeinden. „Der Jahreskreis, Feste, Jubelkonfirmationen, Konfi-Arbeit – das normale Miteinander, darauf bin ich gespannt. Menschen integrieren, die an Traditionen hängen und solche, die Neues wollen und wagen“, erzählt sie. Sie selbst habe durchaus „eine traditionelle Linie“ in sich. „Meine Großmutter aus Ostpreußen hat immer das Kreuz über dem Laib Brot gemacht, ehe sie ihn anschnitt.“ Die in Großstadt- wie Dorfgemeinden erfahrene Pfarrerin ist pragmatisch: „Ich arbeite mit dem, was ich vorfinde. Ich gucke: Was ist hier, und dann fällt mir dazu etwas ein.“

Und das Thema Zusammenarbeit und Fusion von Gemeinden mit anstehenden endlosen Sitzungen und Gremienarbeit, das jetzt so weit oben in den kirchlichen Diskussionen steht? Dieses Thema, sagt Pfarrerin Giese, habe sie schon seit ihrem Vikariat begleitet. Auch hier gelte der alte Pfadfinderspruch: Mutig voran. Die Zusammenarbeit in neuen „Nachbarschaftsräumen“ des Dekanats sei „wie eine Jonglage, bei der man verschiedene Bälle in der Luft halten muss. Du kannst nicht alles bewahren, du musst auch loslassen, um an anderer Stelle etwas aufzufangen, und dazu braucht es die kreative Zusammenarbeit mit anderen Christen“, ist sie überzeugt. Aber es nerve sie schon sehr, dass die hessen-nassauische Landeskirche die Dinge zuvor selbst so wenig durchdacht habe. Man müsse in diesem Prozess des Ressourcen-Schrumpfens doch auch auf die Suche gehen nach neuen Ressourcen, Partnern und Finanzierungsmöglichkeiten, bevor man zum Beispiel Gemeindehäuser aufgebe; und auch Fragen der Geografie und Logistik, welche gemeindlichen Kreise jetzt wo stattfinden sollen, würden vernachlässigt. „Und welche Lösungen gibt es für diejenigen, die im Prozess nicht mitgenommen werden können?“, gibt die einfühlsame und bodenständige Seelsorgerin zu bedenken. Daran knüpfe sich auch die Frage nach der Identität einer Gemeinde und des Einzelnen. Es gelte, wie in der Bibel beschrieben, natürlich auch der Anspruch, „mal über den Hügel rüber zu kommen“, wenn es notwendig sei.

Die neue Pfarrerin, Mutter eines erwachsenen Sohnes, wird mit ihrem langjährigen Lebensgefährten demnächst hierher umziehen. „Freuet euch in dem Herrn alle Wege, und abermals sage ich: Freuet euch!“ sei einer ihrer Lieblings-Bibelverse. „Wir können getrost sein, gerade in herausfordernden Zeiten, denn wir wissen, dass Gott uns begleitet“, sagt Evelyn Giese. Besonders gespannt und zuversichtlich sei sie im Blick auf die Kinder- und Jugendarbeit. „Da haben wir eine prima Tradition für die Zukunft!“

Pfarrerin Evelyn Giese wird am Sonntag, 18. Februar, um 17 Uhr in einem festlichen Gottesdienst in der St. Georgskirche von der stellvertretenden Dekanin Claudia Biester in ihr Amt eingeführt.



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