Katrin Hechler: „Es ist wichtig, dass wir Europa ernst nehmen“

Sie verfolgen im Landratsamt die Auszählung im Hochtaunuskreis (v. l.): Frank Bücken (AfD), Evelyn Haindl-Mehlhorn, Stefan Naas (beide FDP), Christin Jost, Renzo Sechi (beide Freie Wähler), Claudia Kott (CDU), Katrin Hechler (SPD), Erster Kreisbeigeordneter Thorsten Schorr als Moderator, Lena Zielke, Sabine Schwarz Odewald (beide Grüne), Paul Laslop und Clemens Selzer (beide Linke), Foto: js

Hochtaunus (js). Die Verwerfungen in der Bundespolitik haben sich auch im Hochtaunuskreis in den Wahlergebnissen widergespiegelt. Die CDU freut sich über leichte Zugewinne, die Grünen beklagen herbe Verluste, die SPD rutscht langsam in die Bedeutungslosigkeit, die AfD legt zu und gegen den Bundestrend auch die FDP. Allgemeine Freude in politischen Kreisen löste die steigende Wahlbeteiligung aus, mit 67,3 Prozent im vorläufigen Endergebnis war sie so hoch wie nie bei einer Europawahl.
Die CDU Hochtaunus durfte sich in allen 13 Kommunen des Kreisgebietes zwischen Grävenwiesbach und Steinbach, zwischen Glashütten und Friedrichsdorf als klare politische Nummer eins im Taunus feiern. Dezent nur, denn gefeiert wurde kein großer Sieg in der Lokalpolitik wie zuletzt bei der Landratswahl. Aber Pluspunkte gegenüber der Europawahl 2019 in allen Städten und Gemeinden beflügelten auch Parteisprecherin Claudia Kott bei der üblichen „Elefantenrunde“ im Landrats-amt am Sonntagabend mit Stellungnahmen aller im Kreistag vertretenen Parteien zum Wahlergebnis zu einem positiven Fazit. Ein Plus von fast fünf Prozent mit am Ende knapp 35 Prozent, ein Grund zur Freude und für ein Dankeschön an die Wähler ohne Selbstlob für die politische Arbeit im Taunus. „Wir freuen uns als stärkste Partei, vor allem aber, dass seit Monaten viele Menschen für Demokratie und Europa auf die Straße gegangen sind und dies zum guten Ergebnis der CDU beigetragen hat.“ Kott lobte auch den sehr fairen Wahlkampf aller Parteien im Hochtaunus.
Von einer 20 oder einer 30 vor dem Komma bei den Prozentzahlen können die Grünen nur noch träumen. Es waren Traumzahlen bei der Europawahl 2019 mit dem Peak von 30,2 Prozent der Wählerstimmen in Oberursel, mit jeweils meist deutlich über 20 Prozent in allen anderen Kommunen und einem Mittelwert von 25,6 Prozent im Kreis. Alles dahin, am Ende steht ein Durchschnittswert von 15 Prozentpunkten, unter zehn Prozent gefallen sind die Grünen in den AfD-Hochburgen Weilrod und Grävenwiesbach. „Ein bitterer Tropfen“, so Sabine Schwarz-Odewald, obwohl ihre Partei noch den zweiten Platz hinter der CDU wie 2019 verteidigt hat, allerdings mit riesigem Abstand inzwischen. „Der Wind weht uns heftig ins Gesicht, man muss nun prüfen, wo man die Wähler nicht mehr trifft“. Das muss auch die SPD, die in allen Kommunen noch weiter abgestürzt ist und aus Glashütten und Königstein gar Werte unter zehn Prozent verdauen muss. Für sie ist die neue Staatssekretärin Katrin Hechler ins Landratsamt gekommen, sie referiert keine Prozentwerte, stellt zweimal in den Mittelpunkt „dass die Demokratie gewinnen muss“. Denn Frieden sei keine „Selbstverständlichkeit mehr, es ist wichtig, dass wir Europa ernst nehmen.“ Der FDP-Landtagsabgeordneten Stefan Naas betont, dass seine Partei wie alle Demokraten die Sorge um das Miteinander eine, am Ende rutschten die Liberalen mit 10,2 Prozent noch knapp vor die AfD, Naas nennt den Taunus eine „liberale Hochburg“.
Als nach der Auszählung von ungefähr der Hälfte der insgesamt 239 Wahlbezirke ziemlich sicher feststand, dass die CDU bei der Europawahl als deutlicher Tagessieger das Rennen machen wird und die anderen etablierten Parteien wie SPD und Grüne wohl eher Frust schieben würden, während AfD und FDP in die Gewinnerriege hochrutschten, ging es in der Gesamtbetrachtung des Wahlsonntags vielerorts vor allem um den Grad der Wahlbeteiligung.

Hohe Wahlbeteiligung

Zumindest diese sich konstant nach oben entwickelnde Zahl gab schließlich allen Grund, dem Tag Positives abzugewinnen. Auf mehr als 67 Prozent würde es wohl hinauslaufen, im vorläufigen Endergebnis am späten Wahlabend wurden schließlich für den gesamten Hochtaunuskreis 67,3 Prozent notiert, mehr als bundesweit. Im Taunus wurde der Höchstwert in Glashütten (71,5 Prozent) erreicht, hohe Werte melden auch Wehrheim (70,8 Prozent), Oberursel (69,7 Prozent) Königstein und Kronberg (je 69,2 Prozent).
Wie viele davon zu den Jungwählern gehörten, war da noch nicht ausgewertet. Erstmals durften auch 16- und 17-Jährige abstimmen. Insgesamt Werte, die allenthalben Hoffnung machten, dass Demokratie und der Europa-Gedanke noch bei mehr als zwei Dritteln der Wahlbevölkerung einen hohen Stellenwert haben.
Frank Bücken (AfD) hatte in der „Elefantenrunde“ erklärt, dass seine Partei die Demokratie nicht abschaffen wolle, sondern Europa durch mehr Volksabstimmungen auf Erfolgskurs bringen wolle. Er sprach von einem „historischen Ergebnis“ für die AfD, für die der Sonntag vor allem im Osten der Republik ein Feiertag war.



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