Oberursel (ow). Am Montag, 27. Januar, jährte sich zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Seit dem Jahr 1996 wird an diesem Tag aller Opfer des Nationalsozialismus gedacht. In Kooperation mit der Initiative Opferdenkmal und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hochtaunus fand in Oberursel eine Gedenkstunde mit Kranzniederlegung am Opferdenkmal an der Hospitalkirche statt.
„Auschwitz steht nicht nur für das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte, sondern auch für den Widerstand, die Solidarität und die Menschlichkeit, die trotz allem nicht erloschen sind. Heute, 80 Jahre nach der Befreiung, erinnern wir uns nicht nur der sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden, sondern auch der unzähligen anderen Opfer des Nationalsozialismus. Dieser Tag mahnt uns, uns mit unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen und Verantwortung für unsere Zukunft zu übernehmen. In Oberursel stehen wir für Vielfalt, für Zusammenhalt und für eine Demokratie, die alle einschließt, unabhängig von Herkunft, Religion oder Überzeugung. Unsere Erinnerungsarbeit ist nicht nur ein Blick zurück, sondern ein Handlungsauftrag für heute und morgen“, formulierte Bürgermeisterin Antje Runge während der Gedenkveranstaltung in der Altstadt.
In ihrer Rede ging Runge zudem auf die tragende Rolle einer Zivilgesellschaft ein, die sich gegen wachsende rechtsextreme und demokratiefeindliche Tendenzen innerhalb der Bevölkerung stellen müsse, um die Demokratie hierzulande zu schützen. Angesichts der anstehenden Bundestagswahl rief Runge auf, sich der demokratischen Werte des Landes bewusst zu werden. Würde, Gleichheit und Freiheit stünden allen Menschen in Deutschland zu. Runge bedankte sich bei allen Beteiligten für deren Einsatz und wies auf die Verlegung zweier neuer Stolpersteine am 26. März hin. Die bereits verlegten 16 Oberurseler Stolpersteine holen die Opfer an unterschiedlichen Stellen aus der Anonymität und erinnern an deren individuelle Geschichte.
Tibi Aldema, ebenfalls von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, sprach am Ende ein kurzes Gebet für alle Toten. Dazu betonte Rita Schneider von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hochtaunus in ihrer Rede: „Es liegt in unserer Hand: Wir alle stehen in der besonderen Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen jede Form von Intoleranz gegenüber unseren Mitmenschen. Das Recht, ein glückliches, gesundes und friedliches Leben in Freiheit leben zu dürfen, darf nicht in den Umständen einer glücklichen Geburt besiegelt sein, die Ort, Zeit, Abstammung und Entwicklungsmöglichkeiten vorgibt. Es ist ein Recht, das für alle Menschen gilt. Weltweit. Und es ist ein Recht, für dessen Umsetzung wir alle Verantwortung tragen.“
Annette Andernacht von der Initiative Opferdenkmal hatte vor Beginn der Veranstaltung Zettel mit den Namen der Oberurseler Opfer des Nationalsozialismus verteilen lassen. Von den insgesamt 71 Opfern wurden 13 in Auschwitz ermordet. Unter Annette Andernachts Anleitung wurden ihre Namen einzeln von verschiedenen Anwesenden vorgelesen.
Bei der Kranzniederlegung durch Runge und Stadtverordnetenvorsteher Lothar Köhler gedachten die Teilnehmer der Opfer, viele zündeten Kerzen an und stellten sie an das Opferdenkmal. Der Abend endete mit einem „Interreligiösen Friedensgebet“ für alle Religionsgemeinschaften in der Hospitalkirche.