Magistrat hat neue Stellplatzsatzung zur Beschlussfassung vorgelegt

Kronberg (pu) – Auf Antrag des Magistrats der Stadt Kronberg ist die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am Donnerstag, 10. Oktober, aufgefordert, den Entwurf der überarbeiteten Stellplatzsatzung zu beschließen. In seiner jüngsten Sitzung beriet der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) darüber.

Vorausgegangen war der vom 22. April 2022 datierte Parlamentsbeschluss, die dritte Fassung der Stellplatzsatzung aus dem Jahr 2004 umfassend zu überarbeiten (Drucksache 5095/2022). Im Rahmen der Neufassung der Stellplatzsatzung ist die derzeit rechtsgültige Fassung nach den Worten des Ersten Stadtrats Heiko Wolf (parteilos) „inhaltlich geprüft, und unter Einbezug der Musterstellplatzsatzung des Hessischen Städtetages überarbeitet worden.“ Die politischen Beschlüsse sowie die Ergebnisse des nachhaltigen Mobilitäts-konzeptes 2024 der Stadt Kronberg seien in die Neufassung der Satzung eingeflossen, der Entwurf hausintern und unter Berücksichtigung eines fachlichen und rechtlichen Austausches mit den Verbandsgremien geprüft worden.

Ziel der neuen Stellplatzsatzung

Ziel der Stellplatzsatzung ist es, den durch ein Bauvorhaben verursachten Stellplatzbedarf für Pkws und Abstellplatzbedarf für Fahrräder auf dem Baugrundstück selbst abzuwickeln und nicht in den öffentlichen Straßenraum zu verschieben. Gleichzeitig soll eine übermäßige Flächenversiegelung vermieden werden.

Wesentliche Änderungen gegenüber der alten Satzung sind nach den Worten des Baudezernenten die Forderung von Abstellplätzen für Fahrräder, die Bemessung der Anzahl von Stellplätzen für Pkws und Abstellplätzen für Fahrräder in Abhängigkeit von der Lage des Baugrundstücks (Überarbeitung der Bemessungstabelle einhergehend mit der Einführung von vier Zonen), die Festsetzungen zu den Ablösebeträgen in Abhängigkeit von den Bodenrichtwerten (BORIS Hessen) und die Möglichkeit Mobilitätskonzepte zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Entwurf der Satzung seien weitestgehend die Vorschläge aus den politischen Beschlüssen berücksichtigt worden, es hätten allerdings nicht alle vorgeschlagenen Regelungen übernommen werden können.

In einer Gegenüberstellung werden die Unterschiede zwischen der rechtsgültigen Satzung, dem Entwurf zur Neufassung und dem Vorschlag der Politik aufgeführt und erläutert. „Insbesondere konnten die umfassenden Vorschläge zu Gestaltungs- und Begrünungsmaßnahmen nicht aufgenommen werden, da es hierfür über die Hessische Bauordnung (HBO), die die Grundlage für die Stellplatzsatzung bildet, an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt“, erläutert der Erste Stadtrat in der Vorlage.

Wesentliche Änderungen

1. Abstellplätze für Fahrräder:

Mit der Novelle der Hessischen Bauordnung (HBO) 2018 wurde die Verpflichtung zur Errichtung von Fahrradabstellplätzen geschaffen. 2020 ist das Land Hessen mit der Fahrradabstellplatzverordnung seiner Verpflichtung nachgekommen, die Gestaltung, Größe und Zahl der Abstellplätze zu regeln. Entsprechend § 52 Absatz 5 Satz 4 der HBO können die Kommunen jedoch hiervon abweichende Regelungen treffen.

Aufgrund einer neuen Zonierung des Stadtgebietes und dem Bestreben, möglichst bedarfsorientierte Kennwerte festzusetzen, orientiert sich die Zahl der Abstellplätze in der Regelzone 1 zwar an der Verordnung, trifft für Zone 2 und 3 allerdings abweichende Regelungen. Für die Zone 2 wird aufgrund der baulich-strukturellen Gegebenheiten (unter anderem Mangel an Abstellmöglichkeiten) die Anzahl der geforderten Abstellplätze reduziert und für die Zone 3 die Abstellplätze um 30 Prozent erhöht. Beschaffenheit, Ausstattung, Erreichbarkeit und die Gestaltung der Abstellplätze werden in der Satzung umfassend geregelt. In Bezug auf die Größe wird auf die Fahrradabstellplatzverordnung lediglich verwiesen. Mögliche Änderungen der Verordnung wirken somit direkt auch auf die Satzung.

2. Bemessung der Anzahl von Stellplätzen für Pkws und Plätzen für Fahrräder:

Wesentlicher Bestandteil des Satzungsentwurfes ist die grundlegende Überarbeitung der Bemessungstabelle, die mit der Einführung von vier Zonen einhergeht.

Übersicht der Zonen

Der Geltungsbereich der Satzung wird fortan in vier Zonen unterteilt. Der überwiegende Teil des Stadtgebietes wird Zone 1 zugeordnet. Sie definiert den Regelfall für die Ermittlung von erforderlichen Stellplätzen. Für die Zonen zwei bis vier werden davon abwei-chende Werte festgesetzt.

Zone 2 umfasst die Kronberger Altstadt, den Ortskern Oberhöchststadt und im Ortskern Schönberg den Kreuzungsbereich Schillerstraße-Friedrichstraße. Sie ist durch eine überwiegend historische Baustruktur und fast vollständig bebaute Grundstücke geprägt. Aufgrund der damit einhergehenden eingeschränkten Möglichkeit, Stellplätze auf dem eigenen Grundstück zu errichten, wurde die Anzahl der herzustellenden Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Abstellplätze für Regelfahrräder um 50 Prozent reduziert. Auf die Herstellung von Stellplätzen wird regelmäßig verzichtet, wenn der Bedarf durch Besucher von Anlagen in einer Fußgängerzone entsteht.

Die Grundstücke der Zone 3 sind von einem der beiden S-Bahnhöfe (Kronberg oder Kronberg-Süd) fußläufig sehr gut erreichbar, hierzu haben verschiedene Begehungen stattgefunden. Neben der reinen Laufzeit (unter 10 Minuten) wurde auch die Notwendigkeit, größere Straßen zu queren, berücksichtigt (unter anderem Ampelschaltungen). Die gute Anbindung an den ÖPNV, insbesondere an die beiden S-Bahn-Stationen, rechtfertigt die Kennwerte für Stellplätze gegenüber der Zone 1, wie politisch vorgeschlagen, um 30 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig werden durch die Erhöhung der Kennwerte für Fahrradabstellplätze um 30 Prozent Anreize geschaffen, den Radverkehr zu fördern.

Zone 4 umfasst die denkmalgeschützte und autofrei geplante Siedlung Roter Hang. Die Errichtung von zusätzlichen Stellplätzen oder Abstellplätzen auf den Grundstücken ist aufgrund fehlender Flächen nicht möglich. Daher ist Zone 4 von der Herstellungspflicht für Stellplätze und Abstellplätze für Fahrräder und Sonderfahrräder ausgenommen.

Bemessungstabelle

Bei der Überarbeitung der Tabelle wurden nicht nur überholte Kennwerte aktualisiert, sondern auch die verschiedenen gelisteten Verkehrsquellen (Nutzungen) auf ihre Relevanz (Erfahrungen aus der Praxis) für die Stadt Kronberg im Taunus hin betrachtet und gegebenenfalls bedarfsgerecht angepasst beziehungsweise zusammengefasst. Darüber hinaus werden die bestehenden und ergänzten Zonen beschrieben und je Nutzung ein unterschiedlicher Kennwert für Pkw-Stellplätze, Abstellplätzen für Regel- und Abstellplätzen für Sonderfahrräder für die Zone eins festgelegt. Insbesondere im Bereich der Wohngebäude sind weitreichende Änderungen vorgenommen worden. Bei Ein- und Mehrfamilienhäusern ist die zugrundliegende Wohnfläche, orientiert am politischen Vorschlag, von 45 auf 90 Quadratmeter angehoben worden. Somit wird künftig für Wohnungen bis 90 Quadratmetern nur ein Stellplatz gefordert. Neben Wochenend- und Ferienhäusern werden mit der Neufassung auch Ferienwohnungen aufgenommen. Für die Ermittlung der erforderlichen Stellplätze wird auch hier die Wohnfläche herangezogen, aber differenzierter unterteilt. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Übernachtungsgäste mit der Größe der Ferienwohnung ansteigt und damit auch die Anzahl der Fahrzeuge, die für die Anreise genutzt werden. Öffentlich geförderter Wohnungsbau blieb bislang unberücksichtigt. Es wird dem politischen Vorschlag gefolgt und eine Reduzierung der notwendigen Stellplätze um 30 Prozent mit in den Satzungsentwurf aufgenommen.

3. Ablöse:

Es wird weiterhin für erforderlich erachtet, für die Fälle, in denen keine Möglichkeit besteht, die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen, eine Ablöse zu ermöglichen. Dafür ist eine Regelung und die Benennung von Ablösebeträgen in der Satzung erforderlich. In den letzten circa zehn Jahren kam eine Ablösung von Stellplätzen laut Erstem Stadtrat Wolf „nur selten (maximal dreimal)“ zur Anwendung. Weiterhin soll die Ablöse eine Ausnahmeregelung bleiben, die der Zustimmung des Magistrates bedarf.

Neuregelungen

Entsprechend der Kommentierung zur Musterstellplatzsatzung „hat sich die Höhe des zu zahlenden Geldbetrags daran zu orientieren, welche Kosten die Realherstellung auslösen würde. Während die reinen Baukosten in der gesamten Gemeinde gleich hoch sein dürften, können die Grundstückspreise (Verkehrswert) innerhalb einer Gemeinde variieren, sodass in diesem Fall eine Zonierung durch verbale und/oder kartografische Gebietsfestlegung vorzunehmen ist. Die für die Berechnung zugrunde zu legende Grundstücksgröße sollte sich dabei an den tatsächlich durchschnittlichen Stellplatzgrößen bei Realherstellung orientieren.“ Allerdings gehen die meisten Satzungen, wie auch die alte Satzung der Stadt Kronberg, wenig oder gar nicht auf die variierenden Grundstückspreise ein, sodass die vorgeschlagene Lösung, Ablösebeträge in Abhängigkeit vom Bodenrichtwert festzusetzen, neu ist.

Dabei erfolgt die Staffelung der für die Grundstücke zugrundeliegenden Bodenrichtwerte in 100 Euro-Schritten, der Ablösebetrag parallel dazu in 1.000 Euro-Schritten, beginnenden mit 4.000 Euro.

Den gewählten Beträgen wurde dabei folgender Ermittlungsansatz zu Grunde gelegt:

Der Ablösebetrag setzt sich zusammen aus 80 Prozent der durchschnittlichen Herstellungskosten für einen ebenerdigen Stellplatz (festgelegt auf 300 Euro pro Quadratmeter Stellplatzfläche), zuzüglich 80 Prozent des jeweils aktuellen Bodenrichtwertes (Ermittlung über BORIS, oberster Betrag innerhalb der in der Satzung angegebenen Spanne). Pro Stellplatz ist ein Flächenbedarf von 12,50 Quadratmeter anzusetzen. Ablösebetrag = 0,8 x (Bodenrichtwert Euro/Quadratmeter + Herstellungskosten pro Quadratmeter) x 12,50. Der Ablösebetrag für Abstellplätze für Fahrräder beträgt ein Viertel des Ablösebetrags von Stellplätzen in der jeweiligen Zone.

4. Mobilitätskonzept

Entsprechend des politischen Beschlusses (Nr. 5095/2022) wird Bauherren mit einem nachhaltigen Mobilitätskonzept die Möglichkeit gegeben, weniger Stellplätze errichten zu müssen. Die Musterstellplatzsatzung enthält bisher keinen Formulierungsvorschlag zu dem Thema. Der von der Politik formulierte Passus wird von der Bauaufsicht des Hochtaunuskreises nicht mitgetragen, da die Einhaltung des Mobilitätskonzeptes, wie er seitens des politischen Beschlusses formuliert ist, zu unbestimmt ist und nicht über eine Baugenehmigung gesichert werden kann. Aufgrund dessen sieht der Satzungsentwurf ein Mobilitätskonzept in Verbindung mit einer Ablöse vor. Notwendige Stellplätze können bis zu 30 Prozent abgelöst werden, wenn in dem vorgelegten Mobilitätskonzept das Vorhandensein einer Bushaltestelle innerhalb eines 100 Meter Laufweges (5 Prozent), einer barrierefreien und überdachten Radabstellanlage mit E-Lademöglichkeiten (5 Prozent) oder einem Car-Sharing Angebot (20 Prozent) nachgewiesen wird. Pro entfallenden Stellplatz ist eine Bearbeitungsgebühr von 120 Euro zu zahlen.

Die Forderung des Ablösebetrages ermöglicht den Vollzug des Mobilitätskonzeptes im Baugenehmigungsverfahren. „Aufgrund des allgemein größer werdenden Interesses an dem Thema ist zu hoffen, dass im Rahmen der Novellierung der HBO die Grundlage für entsprechende Festsetzungen in der Satzung geschaffen werden“, so der erste Stadtrat.

Der Entwurf der Stellplatzsatzung enthält außerdem Regelungen zur Gestaltung von Stellplätzen und Abstellplätzen (zum Beispiel Zufahrtsbreiten und Gliederung von Stellplatzanlagen). Die in den politischen Beschlüssen sehr detaillierten und weitreichenden Vorgaben zur Gestaltung von Stellplätzen können mangels fehlender Ermächtigungsgrundlage nur in verkürzter Form wiedergegeben werden. Sie orientieren sich an denen der aktuell rechtsgültigen Fassung. Für Regelungen, die darüber hinaus gehen, bedarf es anderer Instrumente beispielsweise Gestaltungs-, Freiraum-, Vorgartensatzungen oder Bebauungspläne. Welches Instrument zur Regelung das Richtige ist, muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden.

Sofern keine abweichenden Regelungen in der Stellplatzsatzung getroffen werden, gelten die Vorgaben der Garagenverordnung, der Fahrradabstellplatzverordnung und dem Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (GEIG) in der jeweils gültigen Fassung. Auf diese wird auf der Homepage der Stadt Kronberg verlinkt (siehe www.kronberg.de/stellplatzsatzung).



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