Kronberg (kb) – „Ich weiß, was Glück ist – ich muss einfach im Lotto gewinnen!“ Mit dieser Aussage begann ein Workshop an der Altkönigschule, in dem sich die 10. Klassen mit der Frage beschäftigten: Was macht uns wirklich glücklich? Ist Glück Zufall oder können wir es beeinflussen? Und wie nachhaltig sind die Dinge, die uns im Alltag ein gutes Gefühl geben?
Die Idee, Glück und Wohlbefinden als Fähigkeit zu betrachten, die man bewusst gestalten und trainieren kann, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Rahmen dieses Workshops setzten sich die Schüler gemeinsam mit Julia Schaefer, einer ehemaligen Schülerin der Altkönigschule, mit genau diesen Fragen auseinander. Heute arbeitet sie als Coach für psychologisches Wohlbefinden und Persönlichkeitsentwicklung und bringt u.a. das "Schulfach Glück" an verschiedene Schulen. Ziel des Workshops war es, die Schüler nicht nur zum Nachdenken anzuregen, sondern sie aktiv dazu zu befähigen, ihre eigene Zufriedenheit zu reflektieren und bewusste Entscheidungen für ihr Wohlbefinden zu treffen.
Eine Schülerin stellte eine spannende Frage: „Früher habe ich mich viel mehr gefreut, zum Beispiel über Geschenke – heute nicht mehr so. Warum?“ Mögliche Gründe: Kinder leben stärker im Moment, haben weniger Erwartungen und erleben Dinge intensiver, auch, weil sie sich nicht einfach selbst kaufen können, was sie sich wünschen. Jugendliche und Erwachsene hingegen vergleichen sich häufiger unbewusst mit anderen, was ihre Wahrnehmung verändert. Durch diese Reflexion wurde deutlich: Glück ist auch, wie wir etwas bewusst wahrnehmen. Auch Social Media wurde in allen Klassen thematisiert. Die Schüler hinterfragten und stellten fest: Ja, es fühlt sich kurz gut an, Likes zu bekommen oder sich unterhalten zu lassen – aber dieser Effekt ist flüchtig. Sobald das Handy wieder weggelegt wird, ist der Glücksmoment vorbei – oder schlimmer noch: Vergleiche mit anderen, das Gefühl, etwas zu verpassen oder nicht gut genug zu sein, lassen uns oft sogar schlechter fühlen als vorher.
Doch Glück ist mehr als einzelne Momente oder besondere Erlebnisse. Durch den Austausch wurde deutlich, dass Beziehungen der zentrale Glücksfaktor sind. Diese Erkenntnis deckt sich mit der berühmten Harvard-Studie über Glück, einer der längsten Langzeitstudien der Welt: Tiefe soziale Verbindungen machen uns langfristig zufriedener und gesünder – wichtiger als Geld oder beruflicher Erfolg. Doch genau hier tun sich viele Menschen schwer: Beziehungen erfordern Offenheit und Mut, sich authentisch und verletzlich zu zeigen und auch mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Und wie oft sagen wir den Menschen, die wir lieben und die für uns da sind, wirklich „Danke, dass es dich gibt“? Im Workshop wurde deutlich: Wir hören diese Worte alle gerne und sie tragen zu unserem Wohlbefinden bei – doch wie oft sprechen wir sie selbst aus?
Die Schule als Ort selbst tauchte zwar kaum auf den Listen der Schüler auf – wohl aber gute Noten, bestimmte Lehrer und Fächer. Besonders genannt wurden Lehrkräfte, die den Stoff mit Begeisterung vermitteln und eine wertschätzende Verbindung zu ihren Schülern aufbauen. Auch hier zeigte sich erneut: Es geht nicht nur um Leistung, sondern um Beziehung.
Eine weitere Herausforderung für die Schüler war die Frage nach den Dingen, die langfristig zu ihrem Glück beitragen, aber sich nicht so stark anfühlen. Viele hatten zunächst Schwierigkeiten, diese zu finden. Doch durch gezielte Reflexion wurde klar: Gesundheit, ein Zuhause, Essen im Kühlschrank, saubere Kleidung, Zugang zu Bildung oder zum Internet – all das beeinflusst unser Wohlbefinden maßgeblich. Oft wird ihr wahrer Wert erst spürbar, wenn diese Dinge fehlen. Die Forschung zeigt: durch die bewusste Wahrnehmung und Dankbarkeit für das, was oft als selbstverständlich gilt, kann das eigene Glücksempfinden gestärkt werden.
Julia Schaefer findet: Wenn wir möchten, dass junge Menschen nicht nur erfolgreich, sondern auch widerstandsfähig, mental gesund und zufrieden sind, sollten wir ihnen früh zeigen: Wie erkenne ich, was mich wirklich glücklich macht? Wie baue ich starke Beziehungen auf? Wie finde und verfolge ich Ziele, die mich wirklich bewegen und mir Sinn geben? Und wie gehe ich auf dem Weg mit schwierigen Emotionen und Herausforderungen um?
Die Schüler verließen den Workshop mit vielen neuen Erkenntnissen und der Einsicht: Glück ist kein Zufall, sondern kann bewusst gefördert werden. Vielleicht kann diese Erkenntnis uns alle ein Stück weiterbringen.