Frau Sauber nimmt ihren Hut und freut sich auf die Zukunft – Vier Dekaden kommunalpolitisches Engagement finden ein Ende

Im Garten in Oberhöchstadt: v.r.n.l. Alexandra Sauber, Hund Milan und Hans Peter Sauber Fotos: Göllner

Kronberg (mg) – An sich betreibt Alexandra Sauber seit ihrer Kindheit und Jugend Kommunalpolitik, denn ihr Vater Heinrich-Gottfried Schneider schaffte damals noch in der selbstständigen Gemeinde Oberhöchstadt im Haus der Familie früh gesellschaftspolitisches Bewusstsein. Schneider gehörte zwischen den Jahren 1968 und 1972 für die damalige Freie Bürgervereinigung Oberhöchstadt (FBO) der dortigen Gemeindevertretung an und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass sich die in allen drei Kommunen Kronberg, Schönberg und Oberhöchstadt vorhandenen freien Wählergemeinschaften zur Unabhängigen Bürgergemeinschaft (UBG) im Zuge der hessischen Gebietsreform im April 1972 kurz darauf zusammenschlossen. Als es um eine mögliche Hochhausbebauung im heutigen Kronberger Stadtteil ging, formierten sich in noch früheren Zeiten verschiedene Bürgervertretungen und Organisationen, die dies nicht als erstrebenswert und für ihre Gemeinde passend empfanden – auch hier war Schneider mit an Bord. Die Hochhäuser wurden schlussendlich nicht gebaut; heute steht an dieser Stelle das Altkönigstift, das als Alternative herangezogen wurde. Die Stadtverordnete Alexandra Sauber und ihr Bruder Oliver Schneider, aktuell Stadtrat im Kollegialorgan Magistrat der Stadt Kronberg, verteilten dann auch bereits im Kindesalter „Wahlwerbewurfzettel“ in die Briefkästen Oberhöchstadts. Offiziell kommunalpolitisch als Amts- und Mandatsträgerin ist Sauber seit März 1988 aktiv. Als Nachrückerin begann sie damals in ihrem Heimatstadtteil im Ortsbeirat. Damals war ein gewisser Wilhelm Kreß Ortsvorsteher Oberhöchstadts, der dann ab dem Jahr 1990 für 18 Jahre die Geschicke im Kronberger Rathaus als Bürgermeister lenken sollte. Zwangsläufig und zu Recht erhielt Frau Sauber dann auch im Jahr 2008 durch ihn die Ehrenbezeichnung ‚Stadtälteste‘ für 20 Jahre ehrenamtliches Engagement in Kronberg im Taunus.

Zuhause

Im ersten Stock einer Wohnung in Oberhöchstadt sitzen sich die gelernte Bankkauffrau Alexandra Sauber und der Redakteur gegenüber. Wie bei ihren zahlreichen jahrzehntelangen öffentlichen Auftritten in der Kommunalpolitik vermittelt sie auch hier vor allem zwei Dinge: unerschütterliche Authentizität und Aufrichtigkeit. Auch nach 37 Jahren kommunalpolitischen Wirkens ist ihr das „Echte“ nicht abhandengekommen. Das bedeutet gleichzeitig nicht, dass sie sich im kommunalen „Politikzirkus“ nicht auskennt. Sie weiß sehr wohl um viele Geschichten, Sachverhalte und Entwicklungen, die nicht gerade „ihre Tasse Tee“ waren und sind. Dem versuchte sie stets etwas entgegenzustellen – seit dem Jahr 2021 auch im Kronberger Stadtparlament. „Nach 37 Jahren kommunalpolitischen Wirkens ist es für mich persönlich Zeit, neue Perspektiven und Projekte in meinem Leben und mit meiner Familie zu entwickeln“, formuliert es die Oberhöchstädterin, während ihr Ehemann die Hundeleine nimmt und mit dem vierbeinigen Familienmitglied Milan die Abendrunde in den Feldern nahe des Stadtteils antritt. Sie sei bislang nicht wehmütig, sondern vielmehr sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung. „Es geht mir gut damit, und ich schätze es jetzt schon, meine Zeit nicht mehr um den Sitzungskalender herum gestalten zu müssen“, lächelt Sauber. Wenn man sich seriös und damit verantwortungsvoll mit den kommunalpolitischen Inhalten befasse, dann beanspruche das Ausüben des Mandats sehr viel Zeit – häufig genug vergleichbar mit dem zeitlichen Aufwand, den ein Halbtagsjob beanspruche, so Sauber. Und in einer so kleinen Fraktion wie der UBG bedeute das noch mehr Aufwand im Vergleich zu größeren Fraktionen, bei denen Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden können. Umso erstaunlicher ist es, dass seitens der Pressearbeit kein gravierender Unterschied in der Wahrnehmung im Vergleich zu anderen politischen Gruppierungen besteht. Das kann nur mit viel individuellem Einsatz erklärt werden. Zeitlich intensiv seien häufig auch die internen UBG-Sitzungen gewesen. Das läge vermutlich in der Natur der Sache, da sich in der Gruppierung viele politische Richtungen unter einem Dach sammeln, die stets ausreichend Diskussionspotenzial hervorrufen, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Ein UBG-Plenum könne durchaus auch einmal drei Stunden Zeit kosten, wenn konservative, progressive und wirtschaftsliberale politische Strömungen aufeinandertreffen und um eine Entscheidung ringen, die dann gemeinsam nach außen vertreten werden kann. Gleichzeitig sei es das, was die UBG ausmache, erklärt Sauber: „Uns geht es immer in erster Linie um Kronberg. Keine parteipolitischen Dogmen und Ideale bestimmen unsere Richtung, sondern die Sache, um die es sich jeweils dreht. “

Ortsbeirat

Immer wieder erwähnt die Kronberger Mandatsträgerin ihr Wirken und ihre Zeit im Ortsbeirat Oberhöchstadt. Dort war sie zwischen den Jahren 1997 und 2001 stellvertretende und zwischen 2006 und 2011 Ortsvorsteherin. Vom Jahr 2012 bis zum Jahr 2021 stand sie weiterhin entweder als Stellvertretung oder Leitung des Ortsbeirats im kommunalen Engagement. Im Unterschied zu ebenfalls öffentlichen Stadtverordneten- und Fachausschusssitzungen besteht im Ortsbeirat nach den Regeln der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürgern per Beschluss ein Rederecht einzuräumen. Näher kann man in Hessen nicht „am Volk“ sein, wenn man ein offizielles ehrenamtliches politisches Mandat trägt. Und genau das ist es, was Alexandra Saubers Haltung entspricht und ihr am Herzen liegt. Aus diesem Grund rief sie auch im Dalleshaus in Oberhöchstadt in früheren Zeiten eine Bürgerschaftsprechstunde ins Leben.

Sauber schnappte sich ein Plakat, positionierte dieses auf dem Platz am Dalles und stand einmal im Monat freitags ab 16 Uhr für den Austausch mit der Bevölkerung zur Verfügung.

Daseinsvorsorge und das Wesentliche im Blick

Daseinsvorsorge ist ein Begriff, der nicht jeder politisch aktiven Vertreterin oder jedem engagierten Vertreter ausreichend gegenwärtig war und ist. Sauber selbst geht es stets um die gesamte Bevölkerung, gleichzeitig spürt man doch eine starke soziale Ader in ihr. Das bedeutet unter anderem, dass sie die Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen Kronbergs im Blick hat. Frühkindliche Förderung ist eines ihrer Themen. In ihrer Zeit als Stadtverordnete wollte Alexandra Sauber etwas für die Stadt Kronberg und deren Bevölkerung erreichen, vor allem auch für die Zukunft der Burgstadt und deren drei Stadtteilen. Es ging ihr um die Entwicklung des Kindertagesstättenausbaus, um Wohnungsbau – vor allem bezahlbaren – und um die Umsetzung des vom gesamten Parlament beschlossenen Klimaschutzkonzepts im Alltäglichen. Nicht resignierend, gleichzeitig mit durchaus größerem Bedauern erkennt sie die aktuelle politische Gemengelage in Kronberg an und kritisiert zur selben Zeit Teile der Mandatsträgerschaft in Kronberg für deren in ihren Augen nicht zukunftsorientierte Entscheidungen.

Die Zukunft Kronbergs

Sauber sieht in den zurückliegenden Verhandlungen zum Doppelhaushalt der Jahre 2024 und 2025 (der Kronberger Bote berichtete ausführlich in seiner Ausgabe vom 9. November 2023, jederzeit digital nachlesbar unter www.taunus-nachrichten.de) und den damit einhergehenden, zumindest mehrheitlichen Beschlüssen ein häufig falsches Verständnis von Investitionen. „Mit den Haushaltsberatungen wurde meines Erachtens bereits Wahlkampf für das Jahr 2026 betrieben“, kommentiert die Stadtverordnete Sauber kritisch das teilweise Verhalten des Parlaments. Sie ergänzt: „Es war offenkundig, dass zu diesem Zeitpunkt sowohl dem Bürgermeister als auch Verwaltungschef und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung nicht ausreichend Personal und Mittel zur Verfügung gestellt wurden, die nötig gewesen wären und sind, um drängende und dringende Projekte für Kronbergs Zukunft umzusetzen.“ Klar erkennbar wurde für Sauber, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine konservative Mehrheit das parlamentarische Geschehen lenke; es solle sich dementsprechend „eher wenig verändern, vielmehr der Status quo bewahrt werden“. Sie sei gewiss niemand, der Geld verschleudere, aber die Rendite von Investitionen einer Stadtverwaltung in die Gesellschaft und die Daseinsvorsorge werde bedauerlicherweise vielfach außer Acht gelassen. Das sei schlichtweg zu kurz gedacht. „Es ist wichtig, gerade in Themenbereiche zu investieren, die Kronberg eine agile Zukunft garantieren. Sei es im Bereich von Kindern und Jugendlichen, was Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen betrifft, oder auch die Entwicklung des gewerblichen Mittelstands. Denn ansonsten sehe ich Kronberg irgendwann in einen Dornröschenschlaf verfallen. Schon jetzt haben beispielsweise politische Gruppierungen und Vereine Probleme, Nachwuchs zu bekommen. Es fehlen junge Leute. Das liegt auch an der Stagnation bei der Entwicklung der Stadt, die nicht attraktiv genug für junge Familien und Arbeitskräfte vor Ort ist und zum selben Zeitpunkt hohe Mieten abverlangt.“ Gerade zuletzt habe man bei den parlamentarischen Diskussionen zum Aktionsplan Kinderbetreuung und zum Nachhaltigen Mobilitätskonzept feststellen müssen, dass einige Fraktionen den Mehrwert dieser Konzepte nicht verstanden hätten, so Sauber. „Und wenn Konzepte dann doch beschlossen werden, scheitert es häufig auf der Handlungsebene bei der Umsetzung und meist mit dem Argument „zu hohe Kosten“. Da Kronberg eine vergleichsweise reiche Stadt sei, sei dieser Mangel an Investitionsbereitschaft gegen die Interessen des Großteils der Bevölkerung, formuliert es Sauber. „Es werden ja Werte in der Zukunft geschaffen. Die Rendite zeigt sich dann zukünftig innerhalb des Funktionierens einer Gesellschaft“, so Sauber. Sie könne nicht verstehen, wie man dazu in der Lage sei, das nicht zu akzeptieren.

Persönliche Perspektiven

Nun nahm zwar die Lokalpolitik in den beinahe vierzig zurückliegenden Lebensjahren Alexandra Saubers sehr viel Zeit und Raum ein, gleichwohl beschäftigt sich die Mutter eines Sohnes durchaus auch mit vielen anderen Dingen und Inhalten. Eines ihrer Steckenpferde, das sie auch stets als Ausgleich zum Stress in der Kommunalpolitik nutzte, ist die Kalligraphie – die Kunst des schönen Schreibens. Seit 13 Jahren betreibt Sauber dieses Hobby und hat schon einige Kunstwerke geschaffen. In der „Werkstatt 93“ in Eschborn fand sie eine künstlerische Heimat. Dort zeigt sie anderen und sich selbst eine andere Seite und arbeitet teilweise auch mit Collagen. Dass schönes Schreiben auch Inhalte besitzt, war bei Alexandra Sauber zu erwarten. Sinnhafte und motivierende Aussagen finden auch dort ihren Platz. So ganz verschwindet Saubers gesellschaftspolitische Denke auch in ihren Kunststücken nicht.

Der Boden der Tatsachen

Nach mehr als zwei Stunden Gespräch sieht sich der Redakteur in seiner bisherigen Wahrnehmung bestätigt. Ihm saß eine Persönlichkeit gegenüber, die das Herz am richtigen Fleck trägt. Eine Person, der Kronberg sehr viel wert ist und bedeutet, vor allem die dort lebenden Bürgerinnen und Bürger. Ein Mensch, der weiß, was er möchte. Und was er nicht möchte. Eine Frau, die ihren Weg mit Ausdauer, Geduld und Tatkraft geht. Aber auch weiß, wann sie nach langer Zeit bewusst eine andere Richtung einschlägt. „Wenn ich nicht mehr erkenne, woher ich komme, dann verliere ich die Bodenhaftung“, formulierte es Alexandra Sauber zu einem Zeitpunkt des 120-minütigen Interviews. Dass sie das in ihrem Leben stets im Blick hatte und hat, zeigt die Strecke, die sie bereits zurücklegte. Nun ist statistisch noch ausreichend Zeit, um persönlich Neues zu gestalten, zu formulieren und zu erleben. Dazu passt ihre Überzeugung, rechtzeitig und aus freien Stücken das kommunalpolitische Kronberger Parkett zu verlassen und anzuerkennen, dass nichts beständiger als der Wandel ist: „Und jetzt hat es einfach gereicht. Der Gedanke, aufzuhören, formte sich bereits seit gut einem Jahr. Irgendwann stellt man fest, dass seine persönliche Sicht der Dinge schon sehr lange existiert. Und bei aller Bereitschaft, sich mit zu verändern, mit der Zeit zu gehen, ist es nun auch einmal wichtig, dass neue Ideen vermehrt bei der UBG zur Sprache kommen. Dafür braucht es auch neue Menschen.“

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