Diesel-Fahrverbot in Frankfurt – IHK und Handwerkskammer tadeln

Königstein/Frankfurt (kw) – Das hessische Verwaltungsgericht in Wiesbaden hat am 5. September über die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Luftreinhalteplanung des Landes Hessen für die Stadt Frankfurt verhandelt. Die Richter haben geurteilt, dass die in Frankfurt geplanten Maßnahmen nicht zur Einhaltung der Grenzwerte ausreichen werden und verlangen daher Fahrverbote im gesamten Innenstadtbereich von Frankfurt.

Die Verhängung vom Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge mit Euronorm 3 und 4 ab 1. Februar 2019 sowie das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit Euronorm 5 ab 1. September 2019 ist nach Einschätzung der IHK Frankfurt am Main und der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main eine schwere Belastung für die Gewerbebetriebe in der Stadt und für die rund 470.000 Beschäftigten, die als Pendler in der Stadt ein- beziehungsweise auspendeln.

Die beiden Kammern riefen die Landesregierung auf, die Verpflichtung zum Fahrverbot nicht widerspruchslos hinzunehmen und Berufung einzulegen. Zugleich forderten sie den Magistrat der Stadt Frankfurt auf, für den Wirtschaftsverkehr in der Stadt weitreichende Ausnahmen zu erteilen.

„Wir halten Fahrverbote in diesem Umfang in ihren Folgen für schwer vertretbar“, sagte Prof. Dr. Mathias Müller, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, in einer ersten Stellungnahme zu dem Urteil. Die Verteuerung des Parkraums in der Frankfurter Innenstadt werde besonders den Einzelhandel und Tourismusstandort in Mitleidenschaft ziehen. Dies werde durch eine Ausweitung von Park-and-Ride-Plätzen außerhalb der Kernzone nicht ausgeglichen, zumal der Öffentliche Nahverkehr schon stark ausgelastet ist und zudem kaum Flächen für P+R verfügbar sind.

79 Prozent nutzen Pkw

Das Fahrverbot habe insbesondere für die Beschäftigten in der Stadt weitreichende Folgen. Nach Angaben des Straßenverkehrsdezernates nutzen etwa 79 Prozent der rund 470.000 Pendler, die nach Frankfurt oder aus Frankfurt heraus zu ihrem Arbeitsplatz fahren, den Pkw. Etwa zehn Prozent dieser Fahrzeuge sind Dieselfahrzeuge bis einschließlich Euro-Norm 4, zusammen mit Dieselfahrzeugen der Euronorm 5 dürften sogar knapp 22 Prozent aller Pkw in Frankfurt nicht mehr innerhalb der Umweltzone fahren.

„Damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überhaupt noch zur Arbeit fahren können, brauchen wir schnell eine Verdichtung des ÖPNV-Angebotes in und nach Frankfurt“, sagte Prof. Dr. Müller. Im äußersten Fall könnten die Fahrverbote auch Arbeitsplätze gefährden, denn vor allem kleine Unternehmen, die auf Diesel-Fahrzeuge angewiesen sind, könnten durch Fahrverbote zur Geschäftsaufgabe gezwungen werden oder müssen ihre Tätigkeiten deutlich einschränken. Die Kammern fordern daher weitreichende Ausnahmen für Wirtschaftsverkehre.

Hardwarenachrüstung

Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, betonte, dass durch Hardwarenachrüstungen 70 bis 90 Prozent der Schadstoffe von Dieselfahrzeugen mit Euro-Norm 5 reduziert werden können. „An den finanziellen Lasten müssen sich die Auto-Hersteller angemessen beteiligen“, so Ehinger. Ein wichtiger Baustein zur Schadstoffreduzierung sei die schnelle Umrüstung der Diesel-Fahrzeuge, die sich den ganzen Tag in der Stadt bewegen, insbesondere auch der kommunalen Flotten (Busse, Müllfahrzeuge).

Maßnahmenplan

„Wir bedauern, dass die Stadt Frankfurt in den vergangenen Jahren trotz eines absehbar langsamen Rückgangs der Schadstoffbelastung nicht rechtzeitig und nicht energisch genug umgesteuert hat. Die Politik muss jetzt klar Stellung beziehen und einen Maßnahmenplan vorlegen, der klar erkennen lässt, dass sie es mit der verkehrspolitischen Zukunftsplanung am Standort FrankfurtRheinMain ernst meint.

Die digitale Optimierung des Verkehrsflusses, ein nachvollziehbares und effizientes Baustellenmanagement, der Verzicht auf willkürliche Tempoversuche, ein sinnvolles Verkehrskonzept sowie ein Fokus auf den Ausbau des ÖPNV sind ebenfalls Stellschrauben, um die Luft in Frankfurt zu verbessern. Wir, die regionale Wirtschaft, haben schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass Politik Maßnahmen gegen die drohenden Fahrverbote ergreifen muss: die Chance wurde klar vertan. Die Situation ist für die Mitarbeiter unserer Unternehmen und die Unternehmen selbst eine Katastrophe.“ Mehr als drei Viertel der gewerblich genutzten Fahrzeuge werden von Dieselmotoren angetrieben. „Fahrverbote treffen viele dieser Unternehmen und beeinträchtigen damit die grundlegenden Versorgungsleistungen in der Stadt. Defekte Wasserleitungen müssen schnell repariert und Schäden am Dach sofort behoben werden“, sagte Ehinger. „Der Wirtschaftsverkehr benötigt weitreichende Ausnahmen – Logistikunternehmen, Dienstleistungsunternehmen und insbesondere das Handwerk.“

„Aus diesen Gründen fordern wir die Landesregierung auf, gegen das Urteil Berufung einzulegen“, erklärten die Kammer-Präsidenten. Das Bundesverwaltungsgericht hält Fahrverbote nur dann für zulässig, wenn sie das einzig geeignete Mittel zum Erreichen der Grenzwerte seien und auch dabei müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein.



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