„Mission possible“ in 72 Stunden

Bevor aus dieser Europalette mal ein Sitzmöbel wird, muss fleißig geschliffen werden. Für manche Jugendliche ist es der erste Kontakt mit Schleifpapier und Akkuschrauber. Foto: csc

Von Christine Šarac

Steinbach. Angenommen, jemand hätte Ihnen gerade eine Aufgabe zugeteilt, die Sie erfüllen müssten. Eine Aufgabe, die eine Herausforderung darstellt, und Sie hätten nur 72 Stunden Zeit, sie zu bewältigen. Klingt doch nach einem ziemlichen Abenteuer, oder? Genau das erleben etwa 40 Kinder und Jugendliche aus der Pfarrei St. Ursula Oberursel/Steinbach, die mitmachen bei der bundesweiten Aktion „72 Stunden – uns schickt der Himmel,“ einer Sozialaktion des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). In Steinbach werden gleich zwei Projekte umgesetzt.

Sie hatten es sich anders erhofft, doch seit 10 Uhr morgens prasselt unaufhörlich der Regen. Die Jacken der Jugendlichen sind durchnässt, die Hosen auch. Dennoch schaufeln sie tapfer weiter Sand in eine rund 25 Zentimeter tiefe Grube, die sie vor dem Spielplatz am Grünen Weg ausgehoben haben. Die Stimmung ist trotzdem gut, deutlich heller als der Himmel über Steinbach, was auch an der tragbaren Musikanlage liegt, aus der fetzige Musik kommt. „Baby, bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld“, singt Cro, und im Takt zur Musik werden die Spaten im Sand versenkt. Die Pfarrei St. Ursula beteiligt sich bereits zum dritten Mal an dem Projekt. Für die Präventionsbeauftragte und Pastoralreferentin Katrin Gallegos Sanchéz ist es das zweite Mal, dass sie dabei ist. „Bis Freitagabend um 17.07 Uhr wussten wir noch nicht, was uns erwarten würde“, berichtet sie von der Auftaktveranstaltung in der „Halligalli Kinderwelt“ in Kelkheim am Freitagabend. Dort startete der Koordinationskreis Taunus in das Abenteuer. Per Videobotschaft grüßte Bischof Georg, persönlich grüßten Barbara Lecht vom Ko-Kreis Taunus, Landrat Michael Cyriax vom Main-Taunus-Kreis und der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr vom Hochtaunus- kreis, bevor die Umschläge mit den Aufgaben an die sieben Gruppen ausgegeben wurden. Die erste Aufgabe für die Steinbacher Jugendlichen lautet, wetterfeste Palettenmöbel zum Chillen zu bauen, die rund um den Bauwagen der IG Jugend am Grünen Weg aufgestellt werden sollen. Außerdem legen die Jugendlichen dort auch ein bienenfreundliches Habitat an. Sie schaffen quasi mit kleinen Baumstämmen und speziellem Sand eine „beste Wohnlage“ für Wildbienen. Die Jugendarbeiterin Antonia Landsgesell vom Caritasverband Hochtaunus hatte sich gemeinsam mit der AG „Steinbach blüht“ für das 72-Stunden-Projekt beworben.

In der Nachbargemeinde Oberursel legt eine weitere Gruppe mit Betreuern und Klienten der Oberurseler Werkstätten einen Blühstreifen an. „Am Samstag kommen diese Jugendlichen aber zu uns nach Steinbach, um uns bei unserer Aktion noch unter die Arme zu greifen“, erzählt Katrin Gallegos Sanchéz. Am Sonntag startet der Tag um 9.30 Uhr mit einem gemeinsamen Gottesdienst in St. Bonifatius, und anschließend soll je nach Wetterlage am Grünen Weg, in St. Bonifatius oder im Bürgerhaus gefeiert werden. Was alle Projekte gemeinsam haben sollen, ist, dass sie gemeinnützig sind, die Aufgaben müssen innerhalb von 72 Stunden zu bewältigen sein, schließlich soll es keine „Mission impossible“ werden, und sie sollen nachhaltig sein. „Uns ist bei der Aktion wichtig, praktisch auszudrücken, was wir glauben – wir arbeiten mit Menschen für Menschen“, betont Katrin Gallegos Sanchéz.

Doch wer macht eigentlich mit bei diesem Projekt? „Für einige Jugendliche ist es Teil der Firmvorbereitung, es sind aber auch einige Messdiener aus den Gemeinden dabei“, weiß Gallegos Sanchéz. Damit die Umsetzung klappt, ist die Aktion auf Spenden angewiesen. „Einige Lebensmittelketten haben uns zum Beispiel einen Teil der Verpflegung gesponsert“, so Gallegos Sanchéz. Für diejenigen, die dabei sind, öffnet sich ein Vorhang, der sie in eine ganz andere Lebenswelt blicken lässt als in den Kosmos Schule. „Sie erleben Gemeinschaft, lernen mal ganz andere Leute kennen, und sie machen auch Grenzerfahrungen“, weiß Gallegos Sanchéz. Vor allen Dingen erfahren sie, dass Einsatz nicht immer Spaß macht, denn nach einer halben Stunde Sand schaufeln im Regen wird es anstrengend. Jetzt ist Durchhalten gefragt, Zähne zusammenbeißen und dabei an die gute Sache denken. „Umso stolzer sind sie aber, wenn sie es schließlich doch geschafft haben“, weiß die Pastoralreferentin. Von diesem guten Gefühl können die Jugendlichen lange zehren, manchmal sogar noch Jahre später.

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