Knappes Votum: Wahlplakate bleiben dem Stadtbild erhalten

Hässlich oder nicht, erfolgreich oder nicht? Über Sinn und Unsinn von Wahlplakaten (und Veranstaltungshinweisen) lässt es sich trefflich streiten.  Foto: Schramm

Königstein (as) – Nachdem das geplante Halloween-Festival auf der Burg die drei vergangenen Stadtverordnetensitzungen überschattet und inhaltlich geprägt hatte, war am Donnerstag vergangener Woche wieder einmal Zeit für eine „normale“ Arbeitssitzung, auf der einige anstehende Anträge und Vorhaben abgehandelt werden konnten, die mehr die Stadtentwicklung und Infrastruktur Königsteins betreffen – und für die Bürger recht relevant sind.

Einen ersten Aufreger hatte es aber bereits am Ende der Vorwoche gegeben, als die Hessische Steuerverwaltung ihre Empfehlungen für die – rechnerisch aufkommensneutralen – Grundsteuer-Hebesätze für alle hessischen Kommunen im Jahr 2025 unter der neuen Grundsteuer veröffentlichte. Demnach soll Königstein (wie fast alle Nachbarkommunen im Taunus) deutlich erhöhen – und zwar von 540 auf 944 Prozent. Damit würde Königstein innerhalb des Kreises auf den vierten Platz nach oben schießen. Die Entscheidung bleibt aber bei der Kommune. Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko (CDU) bei ihrer ersten Stadtverordnetenversammlung in offizieller Position wollte diese Empfehlung in ihren Mitteilungen noch nicht konkret kommentieren. Sie kündigte aber an, aufgrund der schwierigen Haushaltslage mehr Zeit zu benötigen und – unter hörbarer Zustimmung der Stadtverordneten – mit den Haushaltsberatungen im Parlament erst nach der Sommerpause bei der Versammlung am 19. September zu beginnen, um den Haushalt rechtzeitig am 21. November beschließen zu können.

Beschlossen wurde mit großer Mehrheit, dass die Stadt sich mit einem Zuschuss von 250.000 Euro (10.000 je Wohnung) an der Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen im Haus Georg in der Bischof-Kaller-Straße durch die Lilo Heuckeroth-Stiftung beteiligt. Die Beteiligung der Stadt ist Bedingung für die Förderung durch die Landesregierung und die WI Bank. Im Moment sind 19 Wohnungen geplant, es bleibt also ein gewisser Puffer. Dem Wunsch der ALK, dass die Stadt zumindest teilweise Belegungs- und Benennungsrechte haben soll, hat die Stiftung bereits zugesagt. Der Idee von ALK und Klimaliste, auch das benachbarte Haus Michael mitzuentwickeln, musste der Magistrat eine Absage erteilen, da das Haus derzeit voll belegt ist.

Stadt pachtet Parkplätze

Länger diskutiert wurde der Pachtvertrag über die Parkflächen auf dem Bürgersteig im Kurvenbereich Frankfurter Straße/Falkensteiner Straße, wo ein abgelaufener gerichtlicher Vergleich zwischen dem Eigentümer und der Stadt aus dem Jahr 1989 abzulösen ist. Der neu zu schließende Pachtvertrag über eine Laufzeit von 50 Jahren soll die Stadt einen jährlichen Pachtzins von 7.500 Euro (mit Preisanpassungs-Index) kosten, um die neun Parkplätze weiterhin für die Öffentlichkeit offenzuhalten. Andernfalls würden die Parkplätze nur noch den Mietern zur Verfügung stehen, nannte der Erste Stadtrat Jörg Pöschl die Alternative. Andreas Colloseus (ALK) kritisierte die lange Laufzeit mit Gesamtkosten für die Stadt von mindestens 375.000 Euro, wo doch ohnehin neue Parkräume geschaffen werden müssten. Cordula Jacubowsky (Klimaliste) fragte, warum nicht auch an anderer Stelle gegen die Ausweisung von Privatparkplätzen vorgegangen werde. Der Bürgersteig, auf dem die Fahrzeuge zum Teil parken, gehöre der Stadt, das sei der Unterschied, erklärte Pöschl. Der Beschlussvorlage für den Pachtvertrag stimmten die Stadtverordneten schließlich doch mit großer Mehrheit zu, ebenso dem Prüfantrag von Dr. Bärbel von Römer-Seel (Grüne), zwei der Autoparkplätze in diesem Bereich (oder alternativ in der Nähe) als Fahrradparkplätze mit Metallbügeln ausweisen zu lassen.

Teurer Kletterturm

Gar nicht lustig fanden Abgeordnete mehrerer Fraktionen den Beschlussvorschlag der Verwaltung, einer überplanmäßigen Ausgabe von 33.000 Euro für den Aufbau des Kletterturms am Kindergarten Schneidhain im Jahr 2023 zustimmen zu sollen. Bereits im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) war darüber diskutiert worden. Bisher waren für das Spielgerät 40.000 Euro veranschlagt worden. Evelina Ebeling (SPD) wiederholte ihre Kritik, wie für ein vergleichsweise kleines Gerät solch immense Kosten mit über 500 Arbeitsstunden für den städtischen Betriebshof entstehen könnten. Sie forderte die Verwaltung auf, künftig genauer zu planen, damit die Stadtverordneten nicht mehr so oft überplanmäßigen Ausgaben zustimmen müssen. Dr. Jürgen Bokr (FDP) pflichtete dem bei, so etwas sollte in Bezug auf das Alte Rathaus Falkenstein nicht mehr vorkommen. Schenk-Motzko erklärte die Gründe für die hohen Extrakosten: Der Kindergarten habe eine andere Ausführung gewünscht, zudem musste ein Loch mit Fundament, Drainage und Einfassung gebaut werden, um das Gerät nutzbar zu machen. Nadja Majchrzak (ALK) wünschte sich noch, dass künftig die Kosten des (auch hier angebotenen) Aufbaus durch den Hersteller mit jenen durch den Betriebshof verglichen werden, bevor ein Auftrag erteilt werde. Schenk-Motzko sagte „künftig andere Kommunikationswege“ zu, sodass die nachträgliche Belastung des Kontos „Kinderspielplätze Baukosten“ doch einstimmig bei zehn Enthaltungen bewilligt wurde.

Umstrittene Wahlwerbung

Richtig spannend wurde es dann vier Tage nach der an sich schon interessanten Europawahl bei einem Wahlkampfthema – und zwar bei der Diskussion um die Anzahl und Platzierung von Wahlwerbeplakaten der Parteien. Die CDU hatte beantragt, die Stadt möge fünf temporär aufzustellende Plakatwände beschaffen (zwei für die Kernstadt, je eins für die Stadtteile), auf denen alle Parteien und Wählergemeinschaften gleichberechtigt ihre Wahlwerbung anbringen könnten. Das unterbinde die „Verschandelung des Stadtbildes“ durch übermäßige Plakatierung, was Kommunen wie Oberursel schon vorgemacht hätten. Helen Dawson aus der CDU-Fraktion rechnete zudem den CO2-Fußabdruck eines Wahlplakats vor, zitierte diverse Studien – unter anderem, dass die Wahlbeteiligung durch übermäßige Plakatierung sogar abnimmt – und vertrat die Ansicht, dass Königstein ohnehin eine überdurchschnittlich politisch und demokratisch informierte Bevölkerung habe, die mithin keine Wahlplakate als Entscheidungshilfe benötige.

Ein Großteil der Argumente verfing bei vielen anderen Fraktionen jedoch nicht. Gleich mehrfach kam der Vorschlag an die CDU, den Antrag, der beinahe gleichlautend bereits im Jahr 2018 und auch zuletzt im HFA keine Mehrheit gefunden hatte, zurückzuziehen. Andreas Colloseus (ALK) argumentierte mit Blick auf das Stadtbild, dass Wahlwerbung vergleichsweise kurz hinge im Vergleich zu beliebigen Veranstaltungsplakaten. Er vermutete hinter dem Antrag gar eine Wahltaktik der CDU, die aufgrund ihres Bekanntheitsgrades weit weniger als eine kommunale Wählergemeinschaft auf „Sichtbarkeit“ angewiesen sei – was CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Hees deutlich zurückwies.

Michael-Klaus Otto (FDP) erklärte, die Liberalen hätten durchaus einen Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung erkannt und nannte die Wahlwerbung „eine Frage der Demokratie“. Auch Cordula Jacubowsky (Klimaliste) stellte sich in diese Reihe, auch wenn sie für eine „freiwillige Selbstbeschränkung“ bei der Plakatflut argumentierte. Lediglich die Grünen stellten sich deutlich auf die Seite der Union, da auch Plakate aus Pappe im Herstellungsprozess die Umwelt belasteten und die nötige Sichtbarkeit durch die Plakatwände gegeben sei, wie Patricia Peveling meinte. Gerade das aber war in der Diskussion vorher umstritten gewesen, da an solchen Wänden, die in anderen Kommunen oft am Ortseingang stehen, achtlos vorbeigefahren werde, wie unter anderem Runa Hammerschmitt (ALK) meinte.

Die folgende Abstimmung brachte das knappest mögliche Ergebnis: 16 Stimmen für den CDU-Antrag, 17 dagegen bei einer Enthaltung, sodass bei den nächsten Wahlen alles beim Alten bleiben dürfte – mit vielen lächelnden Gesichtern, guten und weniger guten Wahlslogans – und Ärger über Verunstaltungen und Sachbeschädigung.

Weitere Toilette rückt näher

Energisch – aber weiterhin demokratisch einwandfrei – wurden die weiteren Themen diskutiert. Der nächste CDU-Antrag, eine öffentliche Toilette am Spielplatz oder im Rathaus zu schaffen und den Familien damit den weiten Weg zum Kapuzinerplatz oder den unhy­gienischen ins Gebüsch zu ersparen, schaffte dadurch den Durchbruch, dass das ursprüngliche Wort „Errichtung“ (was einem Neubau gleichkommt) durch das Wort „Einrichtung“ einer öffentlichen Toilette ersetzt wurde. Das öffnete einstimmig den Weg zur Behindertentoilette im Rathaus, wo Pöschl bereits Entgegenkommen der Stadtverwaltung signalisierte und wo sogar Platz für den – längst beschlossenen – Wickeltisch sein könnte.

Keine Chance hatte, wie im Bau- und Umweltausschuss, der Antrag der ALK-Fraktion, Leitlinien zu Erhalt und Förderung des städtischen Baumbestandes festzuschreiben. Peveling (Grüne) und Bokr (FDP) sahen darin ein weiteres „Bürokratiemonster“ entstehen, der Baumbestand sei durch die Praxis in der Stadtverwaltung bereits gut geschützt, es gebe einen Konsens in Königstein, dass Bäume zu erhalten seien. Hammerschmitt (ALK) wollte den Antrag noch retten, indem sie auf das in der Praxis bewährte Kronberger Baumkonzept verwies, doch die Mehrheit von 22 zu 14 Stimmen entschied sich anders.

Ein großes Thema in allen Kommunen sind längst Extremwettereignisse geworden (s. Seite 8). Die Stadt Königstein wird auch die Erstellung einer – geförderten – Starkregengefahrenkarte für bis zu 130.000 Euro in die Haushaltsplanungen für das Jahr 2025 aufnehmen, wie die Bürgermeisterin zu Beginn der Sitzung den Stadtverordneten mitgeteilt hatte. Der Antrag von Cordula Jacubowsky, eine sogenannte „grün-blaue Infrastruktur“ in die Bauleitplanung aufzunehmen, also Zisternen, Sickermulden, Retentionsbecken zur Sammlung des Wassers am Niederschlagsort zum Standard zu machen, „da Kanalausbau fast unmöglich“ sei, wurde jedoch mit 14 Ja- und 19-Nein-Stimmen abgelehnt.

Zur Überarbeitung zurückgezogen hat die Klimaliste ihren Antrag, beim Wärmekonzept für die im Bau befindliche Kita „Wirbelwind“ am Hardtberg technologieoffen zu bleiben und auch einer Wärmepumpe eine Chance zu geben, statt sich auf klimapolitisch fragliche Brennstoffe wie Gas oder Holzpellets festzulegen. Denn die Stadt in Person von Gerd Böhmig (Fachbereichsleiter Planen, Bauen, Umwelt) konnte aufklären, dass in der neuen Ausschreibung keine Festlegung auf diese beiden Energieträger mehr vorhanden sei. Maßgeblich sei der zu erwartende Energiepreis für das gesamte Baugebiet, nicht nur für den Kindergarten.

Auch die Frage Jacubowskys, ob man sich hier an einen Kontraktor binden wolle, der über einen langen Zeitraum mit Wärme Geld verdienen will, oder ob man sich nach der Amortisationszeit technisch autonom machen möchte in diesem Entwicklungsgebiet (analog zur Wärmepumpenlösung auf dem Donath-Gelände Schneidhain), wird in diesem Zusammenhang noch beantwortet werden müssen.

Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber – eine durchaus sinnvolle Frage zur Förderung der Integration und auch aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes – kann man diskutieren, wie im HFA vor kurzem auch geschehen. Dort war Antragsteller Arno Schneider (AfD) allerdings abwesend. Mit seiner Anwesenheit in der Stadtverordnetenversammlung gestaltete sich die Sache anders. Sein Antrag, solche Arbeitsgelegenheiten anzubieten, wurde nach dem Hinweis von Schenk-Motzko, dass das Thema in die Zuständigkeit des Kreises falle, nicht nur nicht weiter debattiert, sondern auch mit 1 zu 32 Stimmen (eine Enthaltung) abgelehnt.

Packstationen kommen

Und schließlich können sich die Königsteiner bald über weitere DHL-Packstationen freuen. Die Sinnhaftigkeit des Antrags der CDU, solche in allen Stadtteilen zu installieren, wurde insbesondere von der ALK zwar in Frage gestellt, da es sich ohnehin um einen laufenden Prozess handelt und am Pater-Werenfried-Platz (Parkplatz des HdB) ein dritter Standort schon sicher ist. Der aus Falkenstein (von wo noch kein Vollzug zu vermelden ist) stammende Antragsteller Christian Trabert blieb aber dabei, hier den Magistrat weiter in die Pflicht zu nehmen – und bekam prompt mit 22 Ja-Stimmen bei dreimal Nein und zehn Enthaltungen Rückendeckung der Stadtverordneten. Neutrale, für andere Anbieter nutzbare Paketstationen sind bei diesen Planungen aber erstmal außen vor.

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