Symbiose zwischen Skulptur und Fotografie macht die „Welt“ sichtbar

Die Künstler Sven Hammerbeck (v .li.), Fritz G. Jacobs und Renate Jacobs vor ihren Kunstwerken in den Räumen der Frankfurter Volksbank, Königstein. Foto: Fuchs

Königstein (efx) – Paul Klee wusste bereits: Die Kunst „gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“. Dass die Kunst den Blick auf die Welt öffnet und Neues, ja auch manchmal Unbekanntes, offenbart, beweist die Ausstellung „Form – Mensch – Skulptur“, die zurzeit in den Räumen der Frankfurter Volksbank, Königstein, zu bestaunen ist. Drei namhafte Künstler möchten Kunstliebhabern ihre Sichtweise der Welt nahebringen. Ihre Werke, bestehend aus Fotografien und Skulpturen, gefertigt aus verschiedenen Materialien, bereichern sich dabei gegenseitig und intensivieren die Botschaft, die den Künstlern am Herzen liegt. So zeigen Sven Hammerbecks Fotografien das Wesen der Menschen im Himalayagebiet. Fritz G. Jacobs erzählt mit seinen Skulpturen aus Marmor Geschichten und feiert mit Fundstücken aus Holz die Natur. Renate Jacobs fertigt Skulpturen als autonome Kreationen und vereint dabei die Themen Form, Proportion, Gefühl und Gegensätze. Alle eint der Gedanke mit ihren Werken einen sozialkritischen Blick auf die Welt zu geben und diese Welt, in der es genügend Missstände gibt, für den Betrachter „sichtbar“ zu machen. Dabei betonen sie: „Die Welt muss uns offenstehen, wir wollen keine Grenzen mehr bauen. Wenn man mit verschiedenen Kulturen und vielen Menschen nebeneinander arbeitet, versteht man sich. Da gibt es keine Grenzen.“ Gerade deshalb passen Fotografien und Skulpturen so gut zusammen. Sven Hammerbeck beschäftigt sich besonders mit der Frage nach dem Menschen. Er zeigt auf ungeschönten Fotografien Gesichter von Kindern und alten Menschen, aus Nepal und aus den Nachbarstaaten im Himalaya: aus Myanmar, Indien und Laos. Fotos von Kindern, die noch die ganze Zukunft in sich tragen und alte Menschen, deren Leben in ihr Gesicht eingeschrieben ist. Aus einer Künstlerfamilie kommend, ist er entfernt mit Otto Dix verwandt. Hammerbecks Bruder arbeitet als Künstler auf den Lofoten in Norwegen. Sven Hammerbeck, dessen Namensvetter der Himalaya-Forscher Sven Hedin ist, fotografiert seit seinem fünften Lebensjahr und hatte bereits in seiner Jugend eine Entwicklungskammer für die mit dem Fotoapparat eingefangenen Kunstwerke. Seine Liebe zu den Kulturen im Himalaya teilt er mit dem Forscher Sven Hedin und reist seit vielen Jahren nach Nepal. Die Gegend, mittlerweile sein zweites Zuhause, führte ihn auch in die geheimnisvolle Welt des Hinduismus.

Er lernte nicht nur das Landleben, sondern auch die geistlichen Gepflogenheiten und Traditionen der Sadhu-Mönche kennen. Besonders einprägend sind die in seinen Fotografien festgehaltenen Lebenslinien und Erfahrungen im Gesicht eines 104 Jahre alt gewordenen Mönches, den Hammerbeck über 20 Jahre begleitete. Sven Hammerbeck versteht es, sich mit den Menschen im fernen Asien vertraut zu machen- auch wenn er ihre Sprache nicht spricht. Offenheit, Freundlichkeit und die reine Fotografie, ohne kompositorische Raffinessen oder Bildbearbeitungen bringen bei ihm die Wirklichkeit zum Sprechen.

Dies bietet die perfekte Symbiose zu den Skulpturen der Eheleute Jacobs. Auch sie möchten die Welt zeigen, aufmerksam machen und den Betrachter zu neuen Blickachsen auf das Leben bewegen. Fritz Jacobs findet in seinen Skulpturen einen Ausdruck für Fragen und Probleme unserer Zeit. 45 Jahre hatte er ein Architekturbüro in Königstein, sein ganzes Leben ist er bereits kreativ tätig. Er steckt voller Ideen und drückt diese in verschiedensten Herangehensweisen während der Skulpturengestaltungen aus. Dabei nimmt er sensibel auf, was ihn bewegt und berührt. So ist die Skulptur „Durchblick“ ein in Marmor gemeißeltes Zeichen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, sich nicht zu verschließen. Er selbst hat sich diesen offenen Blick immer bewahrt. In Petrasanta, nahe der italienischen Stadt Carrara, wo der Marmor abgebaut wird, dort wo Fritz Jacobs gemeinsam mit seiner Frau an einer Künstlerkooperative beteiligt ist, „erblickte“ Jacobs vor einigen Jahren einen Massai. Tagein, tagaus lief dieser am Strand entlang und bot seine ärmlichen Waren den Touristen zum Kauf an. Seine Abhängigkeit wurde ausgenutzt, er wurde verachtet und abgewiesen. „Wie kann es sein, dass ein Mensch so leben muss?“, fragte sich Fritz Jacobs und will mit seiner Skulptur „der letzte Marathon“ gesellschaftliche Bedingungen und Überheblichkeiten anklagen. Hier fügen sich die auf Gefühlszuständen und Erfahrungen basierenden Skulpturen Renate Jacobs perfekt ein. Denn sie möchte diese Gefühlswelten in ihren Skulpturen offenlegen. Ihre Formfindungen sind manchmal geometrisch, wie die Skulptur „Zuneigung“, zwei auf den ersten Blick klar kantige emporragende turmartige Gebilde aus Marmor, die sich dann doch in inniger Umarmung wiederfinden und den kalten Stein im Blickfeld des Betrachters erwärmen. Nach dem Leitbild „ohne Dich gibt´s kein mich“, erkennt man hier die gegenseitige Zuneigung und Abhängigkeit, ohne die doch jeder von uns sehr einsam und traurig sein würde. Welchen Herausforderungen sich Renate Jacobs stellt erkennt man auch in ihrer Skulptur „Wie ein Windhauch“. Ein Band aus grauem Marmor beschreibt eine halbe Ellipse und läuft am Ende spitz zu.

Damit setzt sie die leichte Bewegung eines Windhauchs und die von ihm ausgelöste Bewegung perfekt um, und zieht dabei noch ganz wunderbar die Struktur des Marmors in die Bewegungen mit ein. Die drei Künstler haben ihre Botschaften in einem Bildband, der in der Volksbank für 15 Euro käuflich erworben werden kann, sensibel und fesselnd aufbereitet. Die Ausstellung endet mit einer Finissage am 31. März. Die Kunstwerke können in den Geschäftsräumen der Volksbank während der Öffnungszeiten besichtigt werden. Dabei betonen die Künstler, dass alle Werke „befühlt“ werden dürfen, um so die vollständige Dimension der Sinne zu offenbaren. Sven Hammerbeck, Fritz G. Jacobs und Renate Jacobs laden ausdrücklich auch Kinder zu ihrer Ausstellung ein. Denn sie sind die Zukunft jeder Gesellschaft. An den Sonntagen bis zum Ausstellungsende sind die Geschäftsräume für Kunstinteressierte ebenfalls geöffnet, die Künstler sind dann auch immer persönlich zugegen. „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, Kunst macht sichtbar“. Lassen Sie sich berühren, nicht nur gedanklich, sondern mit allen Sinnen!



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