„God is still speaking” „Gott hört nicht auf zu sprechen“

Die evangelische Martin-Luther-Kirche in Falkenstein. Archivfoto

Wenn ich über die Weihnachtsbotschaft nachdenke, erinnere ich mich an einen Besuch bei einer amerikanischen Partnerkirche in New York, der „United Church of Christ”. Diese Kirche hat vor einigen Jahren mit einer erfolgreichen Öffentlichkeitskampagne eigentlich die Weihnachtsbotschaft genau auf den Punkt gebracht: „God is still speaking!” – „Gott hört nicht auf zu sprechen“.

Gott hört nicht auf zu sprechen. Sein Wort verstummt nicht. Jedes Jahr erreicht uns die Botschaft von der Geburt Jesu. Die alte Geschichte von Herbergssuche und Krippe, von Hirten und Engel, mit Ochs und Esel als Statisten. Jedes Jahr die gleiche Geschichte. Oder vielleicht: Jedes Jahr ein neues Angebot?

„God is still speaking!”. Gott spricht immer noch. Er hat nie damit aufgehört! Auch wenn wir seine Stimme nicht gehört haben. Gott fängt immer wieder mit uns neu an. So wie seine Geburt im Stall ja auch ein neuer Anfang war. Gott will mit den Menschen noch einmal neu anfangen. Er gibt die Welt nicht verloren.

„Never place a period where god has placed a comma” – „Mach keinen Punkt, wo Gott nur ein Komma setzt.“ Das war der Slogan zu der Kampagne der United Church of Christ. Gott ist nie mit uns fertig. Er setzt keinen Punkt, an dem es nicht weitergeht. Was wir für ein Ende, einen Abschluss halten, ist für Gott höchstens eine Unterbrechung. Eine Pause, nach der es weitergehen kann.

Denn Gott gibt die Welt nicht auf. Mag sie noch so friedlos sein: Er lässt ihr seinen Frieden verkünden. Seine Hand bleibt ausgestreckt. Und wer weiß? Vielleicht birgt gerade dieses Weihnachtsfest für uns einen neuen Anfang! Dieses Fest, das uns manchmal anstrengt, das manche von uns mit seinen Anforderungen an Nähe und Harmonie belastet – vielleicht können wir in diesem Jahr es neu verstehen.

Neu verstehen, was es heißt, dass Gott sich mit den Menschen versöhnt. Und dann sehen wir vielleicht, wo auch wir uns untereinander versöhnen können. Verletzungen hinter uns lassen, und Wunden, die geschlagen wurden, heilen lassen können. Vielleicht können wir neu verstehen, wie nahe uns Gott kommt in dem Kind in der Krippe. Und das hilft uns vielleicht, selbst die Nähe neu zu suchen zu denen, von denen wir im Inneren Abstand genommen haben.

Vielleicht hilft uns die Weihnachtsbotschaft, die Schlusspunkte, die wir gesetzt haben, noch einmal neu anzusehen. Vielleicht können wir ein Komma daraus machen, nach dem es weitergehen kann. Die altvertrauten Worte der Weihnachtsgeschichte sagen uns: So war es immer. Gott hat immer zu uns gesprochen. Er hat damit nie aufgehört.

Über die Jahre unseres Lebens haben wir seine Stimme gehört. Sie hat uns Mut gemacht, wenn wir niedergeschlagen waren. Sie hat uns angerührt, wenn sie uns aufmerksam gemacht hat auf Menschen, die in unserer Nähe unsere Hilfe brauchen. Sie hat uns froh gemacht, wenn wir Gottes Segen in unserem Leben spüren konnten.

Gottes Stimme hat uns getröstet, weil er uns nahe war. Sie hat uns manches Mal ermahnt, wo wir irrten. Und manchmal blieb sie uns auch stumm. Hörten wir Gottes Stimme nicht, wo wir sie gebraucht hätten. Dachten schon, Gott wäre verstummt. Hätte uns nichts mehr zu sagen.

Doch er hört nicht auf, uns freundlich anzusprechen. Er tritt immer wieder neu in unser Leben ein. Und da, wo wir uns am Ende angelangt sehen, da schenkt er uns einen neuen Anfang. Da, wo wir einen Punkt gesetzt haben, da sagt er uns: Macht keinen Punkt, wo ich nur ein Komma mache!

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein gesegnetes, friedevolles Weihnachtsfest.

Lothar BreidensteinPfarrer der Martin-Luther-Gemeinde

Falkenstein



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