Dachreiter auf dem Rettershof erstrahlen in neuem Glanz

Die edlen Gäste auf dem Weg zum Schlosse, vor ihnen die Jagdgesellschaft. In dem herrschaftlichen Gemäuer gab es nach der Jagd einen großen Ball. So kommt es auch, dass die Dachreiter, seit sie den Dachfirst schmücken, in Richtung des Schlosses ausgerichtet sind. Fotos: Judith Ulbricht

Kelkheim (Königstein (ju) – Hörnerschall, Hundegeläut,

Sammeln der Jäger, Hubertustag heut.

Die Kirche geschmückt mit Waldesgrün,

dort zieht die Schar der Grünröcke hin.

Laut klingt das Halali nun,

Gedanken und Jagd im Geiste ruhen.

Sankt Hubertus sei dem Waidmann gesonnen,

das Hoch der Jagd, es hat begonnen.

Aufgefrischte Dachreiter

So ungefähr muss es gewesen sein, wenn sich Felix und Hertha von Richter-Rettershof zur Hubertusjagd aufmachten. Die Herren und Damen hoch zu Ross, die Hundemeute vorneweg – so stellen es auch die Dachreiter auf dem Rettershof dar, die jetzt umfangreich restauriert wurden und in neuem Glanz dem Ensemble das gewisse Etwas verleihen.

Thorsten Moser, Restaurator aus Sulzbach, hat sich der Jagdgesellschaft angenommen. Er ist auf dem Rettershof kein Unbekannter, verpasste schon dem Nepomuk ein neues Gewand. Da die bis zu vier Meter langen Dachreiter nicht dort oben in luftiger Höhe bearbeitet werden konnten, mussten sie fachmännisch von einem Dachdecker „geborgen“ werden, um dann in die Werkstatt von Thorsten Moser zu ziehen. „Die größten Probleme waren Moos- und Algenablagerungen, die den Figuren zugesetzt hatten. Hinzu kamen Farbabsprengungen und Rostspuren an den Befestigungen“, so der Restaurator.

Immerhin, knapp 40 Jahre haben sie dem Wetter getrotzt, denn in den 80er Jahren hatte, nach dem Erwerb des Hofguts durch die Stadt, Alois Steyer alles auf dem Gut aufgefrischt – inklusive der Dachreiter. „Er hat gute Arbeit geleistet“, lobt auch Moser. Die nicht verzinkten Figuren durchliefen beim Sulzbacher nun eine ausgiebige Frischekur. Einmal fönen, waschen, legen? So ähnlich. „Erst wurden die Dachreiter sandgestrahlt, Rostschutz aufgetragen und dann alles aufgefrischt“, berichtet er von seinen Arbeiten. Schon seit Juni dieses Jahres schmücken sie in voller Pracht wieder den Dachfirst und bilden gemeinsam mit dem Pfau, der unterhalb sein Zuhause hat, ein harmonisches Bild.

Wiederaufbau nach dem Brand

Damit ist auch ein weiterer wichtiger Schritt zur Gestaltung des Guts Rettershof getan. Nach dem schlimmen Brand im Jahre 2018 wurde das Ensemble mit all seinen wunderschönen Ecken wieder aufgebaut, mit viel Liebe und mit noch viel mehr Detailverliebtheit. „Da wirkten die Dachreiter dann irgendwann etwas fehl am Platz“, erzählt Christa Wittekind, die regelmäßig Führungen auf dem Gelände des Rettershofs durchführt. Sie weiß von der Summe, die die Restaurierung kostet und spricht die Bürgerstiftung an. Und läuft dort offene Türen ein. Gern unterstützen Dr. Hildegard Bonczkowitz, Börries Kübel und Kai Möller dieses Projekt und überreichen dem Geschäftsführer der Gutsverwaltung Rettershof GmbH, Alexander Furtwängler, einen Scheck in Höhe von 1.500 Euro. „Damit wurde eine Lücke geschlossen und wir sind froh, dass die Fachreiter jetzt wieder an ihrem ursprünglichen Platz stehen und Wanderer und Besucher erfreuen“, so die rührige Vorsitzende.

Noch ein Wunsch

Eine „Kleinigkeit“ gibt es noch, die Christa Wittekind und Dr. Beate Matuschek, Kulturreferentin der Stadt, am Herzen liegen. „Sämtliche schmiedeeiserne Arbeiten bräuchten dringend eine Überarbeitung, damit die schon restaurierten Figuren besser zur Geltung kommen“, wünschen sich die beiden.

Als Felix und Hertha von Richter-Rettershof das Gut 1924 von Friedrich Freiherr von Vincke und seiner Frau Sibylle von Hessen erwarben, begannen sie umfangreiche Renovierungsarbeiten. In dem Künstler Hans Meinke fanden sie einen verlässlichen Partner, der Zeit seines Lebens eng mit den beiden verbunden war. Ihm verdanken die Kelkheimer die wunderschönen Wandmalereien. Und noch jemand machte sich in der Zeit verdient – der Kunstschlosser Wilhelm Stein. Er war es, der in den 30er Jahren die Dachreiter schuf und viele der schmiedeeisernen Kunstschätze auf dem gesamten Hofgut. In der kargen Zeit verdingte sich der Schlosser auf dem Hofgut und ließ sich in Naturalien bezahlen, „was damals wirklich schlau war, denn so hatte er immer was zu tauschen und konnte handeln“, bestätigt auch Christa Wittekind, die sich bis heute mit der Geschichte des Rettershofs und seinen Bewohnern beschäftigt.

Dass der Rettershof immer wieder Überraschungen bereithält, weiß auch Alexander Furtwängler. Als Geschäftsführer weiß er, dass seine Besuche auf dem Hof auch immer wieder mit „Überraschungen“ verbunden sind. „Und ich gestehe, ich bin eher zögerlich, hohe Summen auszugeben, vor allen Dingen, wenn mir im Kopf rumgeht, dass wir die energetische Sanierung des Hofguts vor der Brust haben.“ Um so größer die Freude bei ihm über die finanzielle Unterstützung durch die Bürgerstiftung. „Es ist nicht das erste Mal, dass Sie Geld spenden und ich habe die Hoffnung, dass wir auch in Zukunft auf Sie zukommen können“, wirbt er in Richtung Bürgerstiftung. Denn Ruh ist auf dem Rettershof eigentlich nie.

Und so könnte es sein, dass die Spaziergänger in Zukunft ihren Blick wieder nach oben richten und vielleicht das Gefühl haben:

Wie lustig ist’s im Grünen,

Wenn’s helle Jagdhorn schallt,

Wenn Hirsch’ und Rehe springen,

Wenn’s blitzt und dampft und knallt!

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