Friedrichsdorf. Auch wenn ihr Arbeitsplatz in der freien Natur beziehungsweise in den eigenen Gebäuden angesiedelt ist, gehen die Beeinträchtigungen durch Corona selbstverständlich nicht an den Landwirten vorüber. Ein Thema, das in aller Munde ist, betrifft die Erntehelfer. Das ist eine Angelegenheit, die für den Friedrichsdorfer Bauern Heinz Reinhardt ebenfalls mit Kopfzerbrechen, viel ungewohntem Aufwand und Mehrkosten verbunden ist. Neben landwirtschaftlichen Produkten, Hühner- und Schweinehaltung ist das Familienunternehmen Reinhardtshof auf den Obstbau spezialisiert. Zu dieser Jahreszeit also stehen die Erdbeeren im Fokus des Landwirts. Denn sie müssen den Weg zum Endverbraucher finden, und dafür braucht es die Unterstützung der Arbeitskräfte aus dem osteuropäischen Ausland. „Pro Saison kommen etwa 25 Erntehelfer aus Rumänien oder Polen zu uns“, erzählt Heinz Reinhardt. Und selbst wenn derzeit viel Unterstützung aus heimischen Reihen angeboten wird – eine Welle der Hilfsbereitschaft, die er sehr zu schätzen weiß – geht es einfach nicht ohne die routinierten Hände.
„Die Produktion in hochspezialisierten Betrieben ist QS-Zertifiziert“, weißt er auf den benötigten Qualitätsstandard hin. Der müsse auch bei Seuchengefahr garantiert werden und somit steht die Sicherheit der Mitarbeit an oberster Priorität. Damit alles funktioniert, müssen die Saisonarbeiter also nicht nur über genügend Erfahrung verfügen, sondern obendrein auf dem Hof wohnen: „Jeder, der abends heimfährt, ist am nächsten Tag ein Sicherheitsrisiko.“
Separierung der Erntehelfer
Wohncontainer zur Unterbringung für die Erntehelfer gibt es bereits seit über 20 Jahren auf dem Reinhardtshof. Nun ist einer zu einem Quarantäne-Container umfunktioniert worden, dessen Bewohner – sie konnten erst nach einer entsprechenden Untersuchung, die sie als nicht erkrankt ausweist, aus der Heimat ausreisen – zunächst für 14 Tage getrennt von allen anderen Mitarbeitern des Hofes tätig sind: „Die Separierung war ein wichtiges Kriterium, damit wir überhaupt osteuropäische Erntehelfer anstellen konnten.“
Viel bürokratischen und kostenintensiven Aufwand hat Reinhardt jedoch in diesem Jahr trotzdem gehabt, und womöglich genügt die Zahl an Erntehelfern noch nicht einmal, die er in 2020 beschäftigen kann. Ein Problem, mit dem er nicht allein dasteht. „Deutschlandweit bräuchten wir 260 000 Saisonarbeiter, es düfen aber nur 80000 einreisen“, blickt der Friedrichsdorfer über den Tellerrand. Immerhin sei deren zugelassene Aufenthaltsdauer von 70 Tagen auf 115 Tage verlängert worden.
Da das Stechen des Spargels noch vor der Erdbeerernte beginnt, hat Heinz Reinhardt trotzdem noch Glück im Unglück: „Die Erlaubnis, Saisonarbeiter auch im Corona-Jahr zu beschäftigen, hat viel zu lange gedauert, und es sind immer noch nicht genügend.“ Das hätten jedoch insbesondere die Spargelbauern zu spüren bekommen, da sie sehr lange auf ihre Saisonarbeiter warten mussten.
Doch bei allen negativen Auswirkungen hat sich ein positiver Nebeneffekt herauskristallisiert, über den sich sowohl Heinz Reinhardt als auch Florian Gangel, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, freuen. „Die Menschen scheinen die heimische Landwirtschaft und ihre Produkte wieder mehr zu schätzen“, berichtet Florian Gangel und fügt hinzu: „Denn angesichts leerer Regale haben die Direktvermarkter in den vergangenen Wochen mehr Kunden bekommen.“ Und Heinz Reinhardt kann für sich festhalten: „Wenn nur 30 Prozent der neuen Kunden uns nach der Krise treu bleiben, dann wäre das ein nachhaltiger Gewinn für die regionalen Märkte, und das nicht nur aus finanzieller Sicht.“ Vielleicht werde allmählich sogar der „Globalisierungshype“ kritischer betrachtet.