Neuenhain (nd) – Das Interesse an der Waldbegehung mit Revierförster Hendrik Bickel Mitte November war groß. So waren rund zwanzig Bürger gekommen, um sich im Neuenhainer Wald über den Zustand der Wälder Bad Sodens zu informieren. „Ich freue mich über das große Interesse“, begrüßte Bürgermeister Dr. Frank Blasch die Besucher. Auch Förster Hendrik Bickel bestätigte, dass die Resonanz nach wie vor sehr groß sei. Auf einer Landkarte zeigte Bickel die Waldgebiete, die zur Gemarkung Bad Soden gehören und erklärte die unterschiedlichen Baumbestände: schwerpunktmäßig Eichen, Buchen und Fichten. „Die Fichtenbestände sind allerdings viel weniger geworden; es waren mal 15 %“, so der Revierförster. Interessant war es für die Teilnehmer auch zu erfahren, dass teilweise keine Holznutzung stattfindet, beispielsweise weil es dort zu steil oder zu abgelegen ist. Das größte zusammenhängende Waldstück Bad Sodens, so war zu erfahren, liegt zwischen Königstein und Neuenhain und schließt die Hubertushöhe und Sophienruhe mit ein.
Erstes Mittel ist Naturverjüngung
Der erste Stop fand in einem kleinen Waldstück statt, aus dem viele Bäume wegen des Borkenkäfers entnommen werden mussten. Eine Teilnehmerin fragte, was an solchen Stellen nachgepflanzt würde. „Wir warten erstmal ab, denn die umstehenden Bäume werfen ihre Samen ab – das nennt man Naturverjüngung“, so der Revierförster. Auf den entstandenen Freiflächen hätten diese eine gute Chance, anzugehen. Noch dazu seien die Mutterbäume an die Klimaverhältnisse und die Bodenbeschaffenheiten gewöhnt und geben diese Informationen an den Nachwuchs weiter. Sollte die Naturverjüngung nicht ausreichen, werden beispielsweise Douglasien und Roteichen nachgepflanzt. Ein Problem seien allerdings die vielen bodendeckenden Brombeeren, denn diese nehmen jungen Bäumchen das Licht, daher werden sie im Frühjahr „gemäht“.
„Der Klimawandel spielt bei all meinen Arbeiten inzwischen eine große Rolle“, erklärte Hendrik Bickel. Auch den Borkenkäfer würde dieser begünstigen. Bereits befallene Fichten werden daher vor dem Ausflug der Käfer gefällt, um eine weitere Ausbreitung des Baumschädlings einzudämmen. Generell sei ein klimagerechtes Waldmanagement heutzutage wichtig. Bäume, die gefällt werden sollen, werden vom Revierförster markiert; dieser beauftragt dann eine Firma, welche die Bäume fällt. Der Holzverkauf für Kommunen ist in Hessen ausgesetzt und so wird das erwirtschaftete Holz von einer Holzvermarktungsorganisation verkauft; die Erträge bekommt dann die Kommune – so soll die Bildung von Kartellen verhindert werden.
Doch woher weiß man, welche und wie viele Bäume entnommen werden sollen? Hendrik Bickel erklärte, dass alle zehn Jahre die sogenannte Bundeswaldinventur durch eine externe Firma durchgeführt werde. Für jedes auf einer Landkarte vorher farbig markierte Gebiet werden Daten über die Bodenbeschaffenheiten, die prozentuale Verteilung der Baumarten und die Festmeter an Holz erhoben. „Es sollen 25 Prozent dessen, was in zehn Jahren nachwächst, entnommen werden, sodass am Ende mehr stehen bleibt“, beschrieb Bickel das Verfahren. Dies würde allerdings immer an die aktuellen Gegebenheiten durch den Klimawandel angepasst. Es gebe Empfehlungen an die Stadt, wie viel gefällt werden dürfe, aber keinen festgeschriebenen Plan. Der Eigentümer des Waldes, in diesem Fall die Stadt Bad Soden, könne selbst entscheiden, welche Menge entnommen wird. Die Ein- und Ausgaben für ein Waldstück spielen eine wichtige Rolle für die Kommune. Man könne durchaus hohe Einnahmen generieren, allerdings sei der Wald nicht nur Einnahmequelle, sondern auch der Naturschutz spiele eine Rolle sowie die Eigenschaft des Waldes als Naherholungsraum. Die Entnahmemenge sei also eine politische Frage. „Die Stadt Bad Soden hat ihren Nachhaltigkeitsgedanken gewahrt“, so der Revierförster.
Baumentnahme per Rückegassen
Wichtig bei der Waldwirtschaft sind die Rückegassen; auf diesen fahren die Holzvollernter, sogenannte Harvester, welche die Bäume fällen. Ein Tragschlepper, Forwarder genannt, rückt das Holz dann an den nächstgelegenen Weg, der von Lastkraftwagen befahren werden kann. Dort, wo sich die Fahrzeuge bewegen, wird der Boden stark verdichtet, daher fahren die Harvester nicht einfach kreuz und quer durch den Wald. Die Holzvollernter haben einen langen Kranarm, mit dem sie zehn bis fünfzehn Meter weit in den Wald hineingreifen können. Sollte ein Baum doch nicht erreicht werden können, müsse er von Hand gefällt werden, so Bickel. Die Rückegassen liegen in einem Abstand von circa dreißig Metern, werden dauerhaft auf Landkarten eingezeichnet und zusätzlich mit GPS markiert. Die Holzstapel an den Wegen werden als Polder bezeichnet, wobei die enthaltenen Baumstämme sind in der Regel schon verkauft sind. Der jeweilige Kunde bekommt Informationen über und Bilder von den betreffenden Poldern und ist ab diesem Zeitpunkt verantwortlich für „seine“ Holzstapel. Im Falle eines Diebstahls könne die Stadt dann nicht mehr belangt werden.
Mit dem Besitz eines Waldes geht viel Verantwortung einher. Als Eigentümer ist die Stadt Bad Soden verpflichtet, für die Sicherheit Sorge zu tragen und Bäume, die eine Gefahr darstellen, zu entnehmen.
Nachhaltigkeit spielt große Rolle
Grundsätzlich habe das Thema Nachhaltigkeit bei der heutigen Waldwirtschaft eine große Relevanz. So verbleiben Rinde und Holzspäne grundsätzlich im Wald – Von einigen Waldbesuchern mag es als Unordnung empfunden werden, doch die Kleinteile speichern Wasser und bieten Insekten Nährstoffe. Besonders vitale Bäume werden markiert und bleiben als „Zukunftsbäume“ stehen.
Die „Kaskadennutzung“ garantiere, dass ein Baumstamm bestmöglich genutzt werde. Aus dem erstklassigen Holz werden Bretter und aus dem schlechtesten Teil Zellstoff gewonnen.
Um die Ausbreitung des Borkenkäfers einzudämmen, müsse das Holz schnell vom Kunden abgeholt werden. Ist dies nicht der Fall, müssen die Polder „begiftet“ werden. Das Gift verbleibe an der Borke und werde von Insekten, die darüber laufen, nicht aufgenommen, sondern nur vom Borkenkäfer, der sich durch die Rinde fresse.
Holzschlag am Krankenhaus war wichtiges Thema
Ein wichtiges Thema bei den Teilnehmern war der Holzeinschlag am Bad Sodener Krankenhaus. Bickel erklärte, dass man sich fragen müsse, wie der Wald in Zukunft aussehen solle. In einem Wald würden sich nur die dominanten Bäume durchsetzen. „Reinbestände sind in Zeiten des Klimawandels nicht sinnvoll – für eine große Biodiversität braucht man mindestens fünf Baumarten“, erklärte der Revierförster.
Diese Balance drohe zum Teil zugunsten der Buche und des Berg-Ahorns zu kippen, denn der Berg-Ahorn sei als Jungbaum sehr schnellwüchsig und die Buche wachse sei sehr schattentolerant. Um das Gleichgewicht der Baumarten zu erhalten, bedürfe es viel Pflege – im Wald um das Krankenhaus seien zudem Rückegassen angelegt worden, die es dort bisher nicht gegeben habe.
Im kommenden Jahr, so war zu erfahren, werde es für die Stadt Bad Soden spannend, denn dann stehe die nächste Bundeswaldinventur an.