Orient-Express macht Halt im Kurhaus

Detektiv Hercule Poirot versucht aufzudecken, wer von den Zugpassagieren Samuel Ratchett ermordet hat. Foto: ai

Bad Homburg (ai). „Tod auf dem Nil“, „Mord im Pfarrhaus“ oder „16 Uhr 50 ab Paddington“ – Krimiliebhaber schwärmen von Agatha Christies Romanen. Der bereits viermal verfilmte Kriminalroman „Mord im Orient-Express“ schaffte es nun auch ins Kurtheater. Am Dienstag vergangener Woche fand um 20 Uhr die letzte von drei Vorstellungen des Theaterstücks statt. Zahlreiche Zuschauer waren gekommen, um sich die Inszenierung der Volksbühne Bad Homburg anzusehen.

Doch wovon handelt das Stück eigentlich? Der berühmte belgische Detektiv Hercule Poirot (Armin Hauser) muss einen Mord während der Zugfahrt im Orient-Express aufdecken. Der Zug von Istanbul nach London muss unterwegs abrupt wegen eines Schneesturms in Jugoslawien anhalten. In dieser Zeit wird der amerikanische Passagier Samuel Ratchett (Michael Richter) brutal erstochen. Es stellt sich heraus, dass das Opfer der berüchtigte Verbrecher Cassetti ist, der ein paar Jahre zuvor ein kleines Mädchen namens Daisy Armstrong entführt und ermordet hat.

Dieser schaffte es jedoch trotz seiner schlimmen Tat, freigesprochen zu werden. Durch Befragung aller Passagiere des Zugs versucht Poirot, das Rätsel zu lösen. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn jeder hat ein messerscharfes Alibi. Nach langem Grübeln kommt Poirot letztendlich zu seiner finalen Theorie und somit zur Auflösung des Falls. Denn er enthüllt, dass jeder Mitreisende eine Verbindung zur Familie Armstrong hat und Cassettis Urteil ungerecht fanden.

Daher planten diese, gemeinsame Rache zu nehmen für den Tod an der kleinen Daisy und Cassetti auf eigene Hand zu ermorden. Für Poirot steht fest: Sobald sie angekommen sind, würde er den Mörder der Polizei übergeben. Doch diese können ihn davon überzeugen, dass Cassetti es verdient hat, für seine grausame Tat zu sterben, und somit lässt er die Mörder gehen.

Das Stück spielte hauptsächlich im Orient-Express selbst, der von außen durch eine blaue Leinwand und später auch von innen gezeigt wurde. Er war in drei Abteile aufgeteilt. Der erste Raum hatte einen Stuhl und einen Tisch mit einem Funkgerät darauf, womit Monsieur Bouc versuchte, während des Schneesturms Kontakt zur Außenwelt herzustellen. Dann gab es das mittlere Abteil, wo sich zwei Sitzgelegenheiten befanden. Das diente hauptsächlich als Verhörzimmer des Detektivs. Als letztes gab es noch drei Schlafräume. Im mittleren Schlafraum wurde der ermordetet Cassetti aufgefunden, in den anderen zwei Räumen befanden sich weitere Passagiere. Hinter der Leinwand wurden fallende Schneeflocken oder auch die Stationen der Zugfahrt gezeigt. Außerdem waren zum Ende hin Videoabschnitte zu sehen, wie alle Mitreisenden Cassetti ermordeten. Edle Kleider mit Pelz-Stolen und feine Anzüge unterstrichen, dass die Passagiere der High Society angehörten. Die Darsteller der Volksbühne mussten lange Textpassagen auswendig lernen. Diese wurden in verschiedenen Akzenten präsentiert. Auch Gesang und Musik kamen zum Einsatz.

Darüber hinaus gab es immer wieder komödiantische Aspekte und viel Sprachwitz, um die doch so ernste Stimmung im Stück etwas aufzulockern. Als sich beispielsweise Monsieur Bouc (Oliver Glaap), Leiter der Eisenbahngesellschaft, mit Mrs. Hubbard (Simone Woyke) unterhielt und sich beide über ihre früheren Ehemänner austauschten. Hubbard äußerte: „Sie erinnern mich an meinen Ehemann“, woraufhin Bouc fragte „welchen“ und sie darauf antwortete „meinen Nächsten“.

Poirot leitete das Stück ein, wobei er dem Publikum von einem seiner Fälle erzählte. Auch das Ende blieb ihm überlassen, denn er teilte seine Gedanken mit dem Publikum. Er war sich noch immer unsicher, ob „das wirklich Gerechtigkeit war“ und seine Entscheidung, die Mörder davonkommen zu lassen, richtig war. So beendete nicht nur Poirot das Stück mit einem Fragezeichen für sich selbst, sondern auch für das Publikum, das darüber nachdenken konnte, inwiefern dieser Mord moralisch gerechtfertigt ist.



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