Vortrag zu den Gefährdungen der Demokratie von rechts

Professor i. R. Dr. Benno Hafeneger referiert bei einer interessanten Diskussionsveranstaltung in der Evangelischen Limesgemeinde in Schwalbach. Foto: Günter Pabst

Schwalbach (sbw). Welche Bedrohung von rechtsextremen Gruppierungen für die hiesige Demokratie ausgeht und welcher Stellenwert dabei der Partei AfD zukommt, erläuterte Professor i. R. Dr. Benno Hafeneger auf der Grundlage von aktuellen Studien bei einer Diskussionsveranstaltung in der Evangelischen Limesgemeinde in Schwalbach vor einer interessierten Zuhörerschaft. Wie Willi Schelwies berichtet, hatte hierzu kürzlich die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) im MTK und das Bündnis „Main-Taunus – Deine Stimme gegen rechts“ eingeladen.

Prof. Dr. Hafeneger war Erziehungswissenschaftler an der Universität Marburg und hat sich in vielen Veröffentlichungen mit dem Thema Extremismus befasst.

Zum Einstieg erläuterte er auf der Grundlage der alle zwei Monate erscheinenden Monitoring-Berichte des „Beratungsnetzwerkes Hessen“ Entwicklungen und Merkmale des rechten Spektrums. Die Berichte beschreiben Ereignisse vom Alltagsrassismus bis zu Gewaltdelikten. So gab es im Dezember 2022 eine Razzia gegen die „Patriotische Union“ mit der Verhaftung der zentralen Figur des „Prinzen Reuss“ und weiteren 63 Personen aus dem Umfeld.

Seit es der AfD gelungen ist, hohe Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen zu erreichen – so in Hessen in diesem Jahr mit 18,4 Prozent – hat sie eine neue Dramaturgie entwickelt. Ihr Ziel ist es, von innen über Wahlen eine andere Republik zu schaffen, wie es bereits in Ungarn gelungen ist. Nächstes Ziel sind die Landtagswahlen in Thüringen 2024 und das Erreichen der Sperrminorität von 33 Prozent und damit die Möglichkeit, die Parlamentspräsidenten zu stellen.

Damit bekäme „das gute Volk“ Einfluss auf seine „korrupten Eliten“.

An einigen Beispielen erläuterte Prof. Hafeneger die politischen Inhalte der Partei: Erst wenn die AfD dran sei, käme das Interesse des Volkes zu seinem Recht. Wesentlich sei die Ablehnung von Zuwanderung und Asyl für Geflüchtete. Das Bildungsverständnis sei elitär – die Menschen seien ungleich, besonders Begabte müssten gefördert werden. Der Klimawandel werde geleugnet. Gender sei eine Obsession. Europa sei eine Staatengemeinschaft „der weißen Rasse“.

Die Partei setze drei Politikmuster ein: Emotionalisierung, Personalisierung und Skandalisierung.

Die Analyse des Wahlverhaltens zeige, dass diese Strategie insbesondere die überzeugt, die Angst um ihren gesellschaftlichen Status, den Arbeitsplatz und das Einkommen haben.

Die AfD sei inzwischen die stärkste Arbeiterpartei. Sie werde von Personen mit mittleren Einkommen und mittlerer Bildung im Alter von 35 bis 55 Jahren gewählt. Zwei Drittel der Wähler seien Männer – etwa 50 Prozent haben eine diffuse Zukunftsangst. Eine Hälfte der Wähler seien „Gesinnungswähler“, die andere Hälfte „Protestwähler“. Wesentliche Ursache sei die existentielle Erfahrung einer Polykrise, die Tag für Tag medial vermittelt werde und subjektiv gedeutet werde.

Welche Gegenstrategien sind möglich? Die Politik müsse im politischen Alltag die rechten Argumente dechiffrieren und adäquat und für den Bürger plausibel erklären – das geschieht nur sehr unbefriedigend. Die Zivilgesellschaft müsse vor Ort Stellung beziehen und interne Diskurse in Gang setzen. Das sei eine Aufgabe für Erziehung und Bildung. Im Präventionsbereich laufen viele Programme. Die Bürgerschaft müsse sich trauen und sich der Auseinandersetzung stellen. Den Jugendlichen muss nach den negativen Erfahrungen in der Coronakrise wieder eine positive Perspektive vermittelt werden.

„Uns bleibt nichts anderes übrig, als dicke Bretter zu bohren“, so das Resümee von Prof. Hafeneger.



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