Hochtaunus (how). Am letzten Dienstag im April ist erstmals der internationale „Tag der Streuobstwiesen“ gefeiert worden. Mit diesem Tag soll auf den hohen ökologischen Wert eines zunehmend unter Druck geratenen Biotops hingewiesen werden. Die Anlage und Nutzung von Streuobstwiesen folgen in Deutschland und gerade auch in Hessen einer jahrhundertelangen Tradition. Sie sind zu einem wichtigen Bestandteil der Kulturlandschaft geworden und prägen bis heute das ortsnahe Landschaftsbild zahlreicher Hochtaunus-Kommunen.
Woher der Name „Streuobst“ stammt, dazu gibt es unterschiedliche Erklärungen. Vermutlich leitet er sich davon ab, dass sowohl die Bäume auf den Wiesen „verteilt“ stehen, als auch diese Flächen selbst „verstreut“ in der Landschaft liegen. Streuobstwiesen werden auf zwei Ebenen genutzt – auf der unteren wird Heu gewonnen, auf der oberen stehen die jeweiligen Früchte im Vordergrund. Sie sind dabei durch einige Eigenschaften gekennzeichnet, die sie von heutigen kommerziell betriebenen Obstbaumplantagen unterscheiden. Während auf Obstplantagen meist nur eine oder wenige Sorten als Spalierobst, als niederstämmige oder mittelstämmige Bäume in Reihe angepflanzt werden, setzen sich Streuobstwiesen aus hochstämmigen Bäumen (Stammhöhe mindestens 1,80 Meter) und meist unterschiedlichen Sorten zusammen. Diese sind dabei längst nicht nur auf den Apfel beschränkt. Auch Speierling, Birnen oder verschiedene Steinobstsorten finden sich als Ergänzungspflanzungen auf vielen Streuobstwiesen. Mancherorts sind die Bestände zudem von regionaltypischen Sorten geprägt, die an die jeweiligen Verhältnisse optimal angepasst sind.
„Die Kombination aus Sortenvielfalt, extensiver Bewirtschaftung, Bäumen unterschiedlicher Altersstrukturen und dem generellen Strukturreichtum sorgt dafür, dass Streuobstwiesen Schlüsselelemente in der Bewahrung der heimischen Biodiversität darstellen. Der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland schätzt, dass sie allein 5000 Tier-und Pflanzenarten sowie 3000 Obstsorten beherbergen. Aufgrund dieser immensen Bedeutung für die Artenvielfalt unterliegen Streuobstbestände in Hessen sogar dem gesetzlichen Biotopschutz“, sagt Erster Kreisbeigeordneter und Umweltdezernent Thorsten Schorr.
„Diese Vielfalt gerät leider immer weiter in Gefahr. Während in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Streuobstbestände der Intensivierung der Landwirtschaft sowie dem stetigen Flächenbedarf wachsender Siedlungen zum Opfer fielen, haben die verbliebenen Bestände heute vorrangig mit einer Überalterung und einer mangelnden Pflege zu kämpfen“, fügt der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Hochtaunuskreises, Dr. Dr. Dieter Selzer, hinzu.
Aus diesem Grund engagieren sich auch im Hochtaunuskreis beispielswiese unter anderem die Untere Naturschutzbehörde, der Landschaftspflegverband, die Naturschutzverbände, die Kommunen sowie eine Reihe aktiver Privatpersonen für den Erhalt der alten Obstbestände. Sie kümmern sich ehrenamtlich um Neuanlagen, Nachpflanzungen und Pflegeschnitte von Obstbäumen, den Erhaltungsschnitt wertvoller Höhlenbäume, Entbuschungsmaßnahmen sowie um die regelmäßige Wiesenmahd. Damit leisten sie nicht nur wertvolle Arbeit für den Naturschutz, sondern erhalten auch die Tradition des Streuobstanbaus, der von der Unesco sogar als immaterielles Kulturerbe geführt wird.
Wer sich selbst engagieren möchte, findet Ansprechpartner bei der jeweiligen Heimatkommune, lokalen Naturschutzverbänden, Gartenbauvereinen und auch bei der Naturschutzbehörde des Landkreises. Hier werden Pflegemaßnahmen organisiert, in Schnittkursen notwendiges Wissen vermittelt oder Beratungen zur richtigen Sortenauswahl für Neupflanzungen angeboten. „Der ‚Tag der Streuobstwiese‘ soll auch motivieren, positiv in die Zukunft zu schauen, denn am meisten für den Obstbau tut, wer einen Obstbaum pflanzt“, heißt es.
Streuobstwiesen setzen sich meist aus hochstämmigen Bäumen und oftmals unterschiedlichen Sorten zusammen. Foto: Hochtaunuskreis