Oberursel (js). Die „Schätzchen“ liegen auf einem Tisch ausgebreitet, direkt vor dem Bildnis der Heiligen Ursula an der Stirnwand des Rathaussaals. „Teure Taschen“ steht unten am Tisch, fast ein irreführender Begriff, denn es waren zwar einmal zum Teil sehr teure Handtaschen, jetzt werden sie für einen guten Zweck zu guten Preisen verkauft. Gespendet von hunderten Menschen, die den Verein „Frauen helfen Frauen“ unterstützen wollen. Eine von mehreren Charity-Aktionen beim herbstlichen bunten Treiben in der Innenstadt. Die inzwischen schon traditionelle „Oberurseler Taschenbörse“ ist beim achten Mal zu einer Institution im Rahmen des „Herbsttreibens“ geworden, ein wahres El Dorado für Schnäppchen in Sachen Taschen, Schmuck und Accessoires.
Vor dem Rathaus warten am Samstagvormittag schon eine Viertelstunde vor Öffnung um exakt 10 Uhr Dutzende auf Einlass. Mit bürokratischer Pünktlichkeit im Hintergrund – die Stadt ist Kooperationspartner des Vereins beim Projekt Taschenbörse – wird die Glastüre keine Sekunde zu früh geöffnet. Wie einst beim Schlussverkauf im Kaufhaus. Aber es geht gesittet zu, kein Gedränge, es gibt genügend Tische mit genügend Auswahl im gesamten Rathaus-Sitzungssaal. Um die 3000 Spenden sind zusammengekommen, schätzt Sabine Weil, die interne und externe städtische Frauenbeauftragte. Rund 100 große Kartons haben die freiwilligen Helfer am Freitag schon aus dem Lager angekarrt, damit rechtzeitig alles ausgezeichnet und zur Präsentation bereit ist. Dezent ohne Preisschild, gekennzeichnet mit kurzen Bändchen, deren Farben für die jeweilige Preisgruppe stehen. Das hier ist kein Flohmarkt mit Handelsfreiheit, hier gelten feste Preise. Gute Preise, die sich jeder leisten kann. „Nur mal gucken“, flüstert sich eine Frau auf den letzten Metern ins Taschen-Paradies wiederholt ein. Am Ende nimmt sie doch wenigstens ein kleines Täschchen mit, farblich passend zum aktuellen Outfit, das hatte ihr noch gefehlt und spült wieder ein paar Euro in die Kasse unter dem Banner des Frauenhauses. Da steht über viele Stunden an beiden Verkaufstagen Elke Neuenburg, eine Frau der ersten Stunde, die schon vor 40 Jahren dabei war, als das erste Frauenhaus in der Zeppelinstraße gegenüber des Gymnasiums eröffnet wurde. Jetzt ist sie 86 Jahre alt und immer noch mit Elan dabei, wenn es um die Unterstützung des Projekts Frauenhaus und die Beratungsstelle des Vereins geht. Alle hier machen das ehrenamtlich, zu erkennen sind die vielen helfenden Damen an den gleichfarbigen T-Shirts.
Wird das Angebot auf den Tischen lichter, wird das Arrangement erneuert. Es ist schier unglaublich, was auf die Spendenaufrufe hin in den vergangenen vier Wochen eingegangen ist, eine Abgabestelle gab es auch in Königstein. Etwa zwei Drittel sind schon bis zum frühen Sonntagnachmittag über den Tisch gegangen, schätzen die Expertinnen, die leeren Kartons stehen inzwischen jedenfalls komplett in einer hinteren Ecke des Saals. Irgendwo zwischen knapp 10 000 und auch mal 13 000 Euro lagen die Einnahmen in den vergangenen Jahren, sagt Elke Neuenburg, das wird auch von dieser achten Börse erwartet. Wichtiges Geld für die Unterstützung der Arbeit mit von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kindern im Frauenhaus und die Beratungsstelle des Vereins. Kinderbetreuung und kleine Ausflüge werden mitfinanziert, auch mal Anwaltskosten, eben schnelle unbürokratische Hilfe in Not. Dazu trägt hier jeder bei, der eine Tasche, Geldbörse, einen Kulturbeutel, Schal oder Schmuck kauft.