Siedlungslehrhof: Neuer Vertrag regelt Zusammenarbeit

Oberursel (gt). Das Thema „Siedlungslehrhof“ ist nicht nur komplex, sondern beschäftigt auch seit Längerem die Kommunalpolitik. Bereits vor acht Jahren war es ein Thema im Bürgermeisterwahlkampf. Auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Donnerstag stand eine Beschlussvorlage, mit der der Vertrag zwischen der Stadt Oberursel, dem Siedlungsförderungsverein Hessen, der Hessischen Landgesellschaft und der Natur- und Vogelschutzgruppe 1973 Lindheim auf den Weg gebracht werden soll. Mit dem städtebaulichen Vertrag soll die Durchführung und Absicherung des Bebauungsplans Nr. 238 – „Siedlungslehrhof“ geregelt werden. Gegenstand des Vertragsentwurfs sind die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Vorhaben „Siedlungslehrhof“ sowie die Erschließung.

Der Verein verpflichtet sich damit gegenüber der Stadt, alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans entstehen, zu tragen. Hierzu gehören insbesondere Planungskosten durch Beauftragung Dritter einschließlich der Kosten aller für die Erarbeitung des Bebauungsplans notwendigen Gutachten. Der Verein kümmert sich außerdem um die Herstellung aller für die Gebietsentwicklung erforderlichen Erschließungsanlagen in Abstimmung mit dem BSO und der Stadt – auf eigene Kosten. Die Gesellschaft verpflichtet sich, alle Maßnahmen zum Artenschutz, die sich aus dem Umweltbericht und dem Gutachten zur Artenschutzprüfung ergeben sowie die naturschutzfachliche Ausgleichsbewältigung auf eigene Kosten durchzuführen.

„Die Anlage ist in die Jahre gekommen und sie entspricht nicht immer den aktuellen Anforderungen. Die Anlage muss saniert und modernisiert werden, sonst ist die Arbeit mit den Kindern und den Pferden nicht mehr möglich“, sagte Wolfgang Burchard. Da der Denkmalschutz bei der Modernisierung berücksichtigt werden muss, wäre die Sache besonders teuer. Dafür entstehe eine „kleinteilige“ Wohnbebauung. 24 Grundstücke werden auf Erbpachtbasis ausgewiesen. Mit diesen Einnahmen kann der Siedlungsförderungsverein die Sanierung der Gebäude und die Neustrukturierung des Reitbetriebs stemmen.

Die SPD wünschte sich zwar Mehrfamilienhäuser mit geringerer Versiegelung der Grundfläche, aber „das steht jetzt nicht zur Debatte“. Es gebe bei den Plänen ein erhebliches Konfliktpotenzial – das sei in den vergangenen Jahren deutlich geworden. „Wir sehen die Bebauung von Grünland kritisch, insbesondere wenn dann Ausgleichsflächen nicht in der Oberurseler Gemarkung, sondern Altenstadt gefunden werden“, sagte Burchard. Dennoch: „Der Fortbestand und damit die erfolgreiche Zukunft des Reitbetriebes hat für uns eine hohe Priorität.“Für die CDU betonte Michael Reuter, dass die Einnahmen dem Siedlungsförderungsverein ermöglichen würden, dauerhaft die Instandhaltung des denkmalgeschützten Reichssiedlungshofs zu sichern. Die zusätzliche Versiegelung würde in engem Rahmen stattfinden, außerdem würden andere Gebäude wegfallen, die gegengerechnet werden müssten. Die maximale Bebauung der Wohnfläche von 35 Prozent wäre für die CDU vertretbar.

Marion Unger erklärte, dass die OBG dem Vertrag zustimmen werde, dass aber noch Bedenken bestünden. So wünscht sich die OBG Lösungsvorschläge für die zukünftige Verkehrsführung, insbesondere die Wege für Lkw und Pferdeanhänger.

Kritik gab es von Dr. Claudia von Eisenhart-Rothe (Klimaliste): „Damit wird der Weg frei, um ein Stück wertvoller unversiegelter Natur zu zerstören. Natur, Bäume, Felder und Wiesen, die eine Klimafunktion haben, die nicht zu ersetzen ist, werden zerstört. Es ist lächerlich, zu lesen, dass irgendwo in Altenstadt ein Naturschutzgebiet aufgebessert wird.“ Der Verkehr würde weiter wachsen, und der zusätzliche Bedarf an Kitaplätzen sei nicht mehr einzufangen. Scharfe Worte fand von Eisenhart-Rothe auch für den Siedlungsförderungsverein. Der Verein hätte eine „deutliche Schnittmenge in den politischen Gremien in Oberursel“ und obwohl immer wieder behauptet wird, dass seine Existenz gefährdet sei, hätte sie bisher dafür keinen Beweis gesehen. „Wofür gibt es eigentlich Denkmalschutz-Fördermittel? Hat sich der Siedlungsförderungsverein jemals darum bemüht?“ Mit Blick auf die Einnahmen durch den Reitbetrieb kommentierte sie: „Ich wusste nicht, dass es kostenlos ist, dort zu reiten.“

Kritik gab es auch von den Grünen. „Die Ausweisung des Wohnbaulands ist unvermeidbar mit einer Flächenversiegelung sowie zusätzlichem Verkehr verbunden. Diese werden durch die bauliche Ausweitung des Reitbetriebs noch verstärkt“, sagte Frank Böhme. Aus Sicht der Grünen sei ein Ausgleich zwischen den Interessen des Vereins und den negativen ökologischen Folgen der Planung nicht zu finden. Der Siedlungsförderungsverein würde mit den 24 Wohneinheiten weder einen relevanten Beitrag zur Deckung der hohen Wohnraumnachfrage leisten noch günstigen Wohnraum bereitstellen, so Böhme.

Zum Schluss betonte Paul Beuter (AfD), dass man aufgrund der Wartelisten für bezahlbaren Wohnraum Baugebiete nicht ablehnen könne. Auch wenn „es ja richtig sein mag, dass das eine oder andere Pflänzchen dabei zu Schaden kommt und verschwindet“.

Am Ende der Diskussion stimmten lediglich die Grünen und die Klimaliste gegen den Vertrag, alle anderen Parteien stimmten der Beschlussvorlage zu.



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