„Minimum an Raumverbrauch“ für Umspannwerk gefordert

Bürgermeisterin Antje Runge begrüßt eine Vielzahl von Bürgern beim Info-Markt, wo Übertragungsnetzbetreiber ihre Planungen zum Umspannwerk Bommersheim vorstellen. Foto: ach

Oberursel (ach). Kein Zweifel, das Thema brennt nicht nur den Bommersheimern und den Landwirten, die um wertvolle Ackerböden fürchten, unter den Nägeln. Rund 200 Menschen nutzten am späten Mittwochnachmittag voriger Woche die Gelegenheit, sich aus erster Hand über den geplanten Bau eines bis zu 20 Hektar großen Umspannwerks im Bereich zwischen der bereits bestehenden Anlage im Bommersheimer Feld und der A5 zu informieren. Zu erfahren war auf dem Informationsmarkt der Vorhabenträger zum geplanten Stromnetzausbau in Bommersheim jedoch nur wenig Konkretes. Denn die Übertragungsnetzbetreiber „TenneT“ und „Amprion“, die das Umspannwerk gemeinsam nutzen wollen, stehen noch am Anfang ihrer Planungen. Umso größer die Chancen für die Stadt, den Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main und jeden einzelnen Bürger, noch Einfluss auf die konkrete Umsetzung der Maßnahme zu nehmen.

Jede Person kann bis Montag, 20. November, im Internet eine Stellungnahme abgeben unter www.netzausbau.de/_tools/Stellungnahmen/NEP_2023_2037/node.html 2023. Derselbe Termin gilt auch für die Stadt. Deshalb hat sich der Magistrat am vergangenen Montag getroffen, um den Entwurf zur „Stellungnahme der Stadt Oberursel zum Netzentwicklungsplan (NEP) Strom 2037 mit Ausblick 2045, Version 2023“ (wir berichteten) nach der öffentlichen Informationsveranstaltung vom 8. November 2023 mit neuen Erkenntnissen und unter Berücksichtigung von Anregungen der Bürger zu ergänzen. Am 20. November berät der Magistrat noch einmal abschließend darüber und leitetdie Stellungnahme der Stadt anschließend weiter.

Anregungen gab es auf der Informationsveranstaltung schon zu Genüge. An den drei Ständen von „TenneT“ und „Ambion“ sowie des hessischen Büros Bürgerdialog Stromnetz standen Rathausmitarbeiter, die zusätzlich informierten, mit Tafeln, auf denen die Besucher des Informationsmarkts sofort Anregungen notieren konnten. Ihre Forderungen für den Bau des Umspannwerks decken sich zum großen Teil mit denen, die auch vom Rathaus erhoben werden: „Minimum an Raumverbrauch“, „Platzierung da, wo es am ,unschädlichsten‘ ist“, „Verschiebung an die A5“, „zwischen Kieswerk und A5“, „Lagen auf Frankfurter Gemarkung prüfen“, „keine Verlagerung der Überlandtrasse neben der A5 auf die Seite von Oberursel“, „Erweiterung des bestehenden statt Bau eines zusätzlichen Umspannwerks“, „Trassenbündelung entlang der A5, dort auch längs das Umspannwerk“, „Priorisierung des örtlichen Stromverbrauchs“ und „Anfahrtswege der Baufahrzeuge bedenken, die Bommersheimer Straße ist schon jetzt überlastet“. Der Vertreter der Stadt Oberursel in der Verbandskammer des Regionalverbands Frankfurt/RheinMain wird vom Magistrat aufgefordert, im Sinne des Beschlusses zu agieren.

Erforderlich wird das neue Umspannwerk aufgrund der Anforderungen, die der NEP an Optimierung, Verstärkung und Ausbau des deutschen Stromübertragungsnetzes stellt. Laut TenneT ist der Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main eine der Regionen mit dem höchsten Stromverbrauch in Europa. Aufgrund des weiteren Bevölkerungszuwachses, des Umstiegs auf E-Mobilität und Wärmepumpen sowie der rasanten Digitalisierung im Wirtschafts- und privaten Sektor rechnen Verteilernetzbetreiber mit einer Verdoppelung des Strombedarfs bis 2050. Gleichzeitig verlagert sich die Produktion von Strom in neue Regionen mit günstigen (Wetter-)Voraussetzungen dafür, dass Strom klimaneutral produziert werden kann, vorzugsweise immer mehr nach Norden in windreiche Gefilde. Von dort muss der Strom über Hoch- und Höchstspannungsleitungen dorthin transportiert werden, wo er benötigt wird, etwa in die Rhein-Main-Region. In Umspannwerken wird er umgewandelt und über die Energieversorger verteilt an die gewerblichen und privaten Großabnehmer und Verbraucher.

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, verstärken und bauen die Verteilernetzbetreiber ihr Netz in der Region aus. Konkret ist TenneT an der Planung eines neuen Umspannwerks in Eschborn und in Kooperation mit Amprion in Bommersheim. Ziel sind ein leistungsfähiger geschlossener Ring rund um Frankfurt und angrenzende Gebiete mit stromintensiver Wirtschaft sowie Querverbindungen. So soll etwa eine neue Hochspannungsverbindung zwischen dem Umspannwerk Frankfurt-Ost, das von der Höchstspannungsleitung Großkrotzenburg-Karben gespeist wird, und dem neuen Umspannwerk Bommersheim an der Höchstspannungstrasse Karben-Eschborn-Frankfurt-Südwest gebaut werden. Eine Bestätigung des Vorhabens im NEP ist für 2024 vorgesehen. Damit findet es Aufnahme in das Bundesbedarfsplangesetz.

400 Meter Abstand

Derzeit stehen die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und Amprion im mit 80 Eigentümern von 144 Flurstücken – Tendenz noch weiter steigend – in Verbindung. Wo und wie genau das Umspannwerk verwirklicht werden soll, wird sich im weiteren Planungsverfahren mit begleitender politischer Diskussion und Bürgerbeteiligung ergeben. Fest steht, dass nach dem hessischen Landesentwicklungsplan ein Abstand von mindestens 400 Metern zwischen Höchstspannungsfreileitungen – und damit auch dem Umspannwerk – und Wohnbebauung (200 Metern zu Wohngebäuden im Außenbereich) eingehalten werden muss.



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