Die Freiheit muss verteidigt werden

DDR-Zeitzeuge und Stasi-Opfer Mike Mutterlose erzählt über seine teils erschütternde Vergangenheit.Foto: Hochtaunusschule

Oberursel (ow). „Freiheit muss verteidigt werden – heute wieder und auch in Zukunft“. So formulierte Mike Mutterlose seine Botschaft an die Schüler der Abiturklasse der Hochtaunusschule. Das ist, was junge Menschen von heute aus der DDR-Geschichte lernen können, die für sie sonst ein fernes Kapitel im Geschichtsbuch zu werden droht – mehr als drei Jahrzehnte nach dem Untergang des zweiten deutschen Staates. Heute stellen sich viele 20-Jährige die Frage: „Was hat das denn noch mit mir zu tun?“

Antworten darauf bot der Zeitzeugenbericht von Mutterlose, Jahrgang 1968. Er wuchs in der DDR auf und hat 1988/1989 als junger Mann elf Monate in einem Stasi-Gefängnis zubringen müssen – unter erschwerten Bedingungen, die sich heutige Abiturienten gar nicht vorstellen können: in Isolationshaft in einer fensterlosen Zelle ohne Tageslicht, mit stundenlangen, erbarmungslosen Verhören, massiven Drohungen und Erpressungen, kurzum psychische Folter. Verurteilt wegen „Republikflucht“, einem schwerwiegenden Straftatbestand in der DDR wurde er schließlich von der Bundesrepublik Deutschland im Sommer 1989, wenige Monate vor dem Mauerfall freigekauft und durfte in den Westen.

Dass sich dieses Unrecht und diese Unfreiheit nie wiederholen und dass sie nie in Vergessenheit geraten werden, hat sich Mutterlose zum Lebensmotto gemacht.

Lebendiger Unterricht

Als Zeitzeuge besuchte er schon zahlreiche Schulen, um den Jugendlichen über seine Erlebnisse zu berichten, sich ihren Fragen zu stellen und mit ihnen zu diskutieren. Und das ist auch sehr wichtig: Denn Zeitzeugengespräche sind ein unverzichtbares und unersetzliches Moment eines modernen, schülerorientierten und lebendigen Geschichtsunterrichtes. Zumal wenn es um Zeitgeschichte geht und wir noch Menschen haben, die aus erster Hand berichten können, „wie es gewesen ist“. Dies berührt und packt Jugendliche viel mehr als Schulbuchtexte.

Da lag es nahe, einen Zeitzeugen zur Geschichte der früheren DDR einzuladen. Und die Schüler der Klasse 13BG waren beeindruckt von dem Zeitzeugen und seinem Bericht über die Zeit im Stasi-Gefängnis.

Die rundum gelungene Veranstaltung traf auf eine sehr positive Resonanz bei allen Beteiligten. Da verwundert es nicht, dass eine Fortsetzung im nächsten Jahr bereits beschlossene Sache ist. Sowohl dem Zeitzeugen Mutterlose, der bereits zum dritten Mal in der Hochtaunusschule war, als auch der neuen Projektbetreuerin Maria Irrgang (Deutsche Gesellschaft) hat die Veranstaltung sehr gut gefallen und beide lobten im Nachgang die angenehme Veranstaltungsatmosphäre, die lebendige Diskussion und auch die sehr gute inhaltliche Vorbereitung der beteiligten Schüler.

Diese waren durch ihre ausgiebige Vorbereitung nicht nur kompetent, um den Ausführungen des Zeitzeugen und Stasi-Opfers zu folgen und passgenaue Fragen zu stellen, sondern auch diesen Erfahrungsbericht für sich historisch einordnen zu können.

Vor allem aber waren die Rückmeldungen von Seiten der beteiligten Schüler sehr ermutigend und durchweg positiv. Geschichte zum Anfassen durch Zeitzeugen präsentiert zu bekommen, ist keine Selbstverständlichkeit und macht auch emotional Eindruck, zumal wenn der Berichtende zum Zeitpunkt seiner Erlebnisse vor 35 Jahren in dem Alter der heutigen Abiturienten war. Mutterlose war bei seinem Fluchtversuch 1988 knapp 20 und hat dann Monate der Haft im berüchtigten Stasi-Knast in Berlin-Hohenschönhausen durchleben müssen. Als er darüber berichtete, war es mucksmäuschenstill im Saal.

Die Hochtaunusschule dankte abschließend dem Zeitzeugen Mutterlose sowie der Deutschen Gesellschaft in Berlin, die sich unter dem Motto „Erinnerung ist Zukunft“ die Organisation von DDR-Zeitzeugengesprächen an Schulen zur Aufgabe gemacht hat.



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