Zusammenwirken von Eltern, Kommune und Kreis kann funktionieren – Oberhöchstädter Elterninitiative bleibt bei Schulkindbetreuung „am Ball“

Oberhöchstadt (mg) – Vor einigen Wochen blickten viele Eltern im Kronberger Stadtteil Oberhöchstadt sorgenvoll in die Zukunft ihrer Kinder und ein Stück weit auch in die eigene. Im März meldeten sich Mütter und Väter, deren Nachwuchs die Grundschule „Schöne Aussicht“ besuchen oder besuchen werden ,– auch medial – zu Wort, um zu verdeutlichen, wie gravierend die Zustände hinsichtlich des Betreuungsplatzangebots nach dem Schulunterricht vor Ort sind. Nicht nur alleinerziehende und vollberufstätige Elternteile kämen unter vergleichbaren Umständen in die zeitliche Bredouille, da deutlich zu wenige Betreuungsplätze für die Grundschulkinder zur Verfügung stünden. Auch Menschen, die in Teilzeit arbeiteten oder flexibel in der Arbeitszeit seien, stießen an ihre Grenzen respektive überschrittenen diese, da vor Ort bezogen auf die Situation im gesamten Hochtaunuskreis ein überdurchschnittlich großes Defizit an Betreuungsplätzen existiere, so Dr. Philipp Fischer, einer der Sprecher der Elterninitiative in Oberhöchstadt - KIDS. Kein Zustand, den ein familienfreundlicher Staat und dessen öffentliche Organe sehen möchten, von den Eltern ganz zu schweigen. Nun ist der Fachkräftemangel grundsätzlich nichts evident Neues. In allen pädagogischen Sparten fehlt seit vielen Jahren Personal, so dass mittlerweile gar Betreuungskräfte aus südeuropäischen Ländern der Europäischen Union (EU) vor Ort angeworben werden. Versäumnisse, die jahrzehntelang zustande kamen, können nicht innerhalb weniger Jahre nach Bewusstwerden der Misere in der verantwortlichen Politik gelöst werden. Relativ schnell wurde den Eltern bewusst, dass die Ansprechpartner für die Schulkindbetreuung nicht in der Kommune zu suchen sind, also in den zuständigen Fachbereichen der Stadt Kronberg, sondern in den Verwaltungsstrukturen des Hochtaunuskreises. Der Fachbereich Schule und Betreuung ist für 59 Schulen im Hochtaunuskreis zuständig und besteht aus mehreren Abteilungen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Bis auf wenige Ausnahmen schlossen alle Kommunen des Hochtaunuskreises Vereinbarungen mit dem jeweiligen Schulträger, die Betreuungsangebote an den Grundschulen in deren Auftrag sicherzustellen. Träger der Betreuungsangebote ist der Hochtaunuskreis. Mit der Durchführung ist die kreiseigene Gesellschaft Kinderbetreuung im Taunus (KiT) GmbH beauftragt. Ungefähr 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in verschiedenen Bereichen der Kinderbetreuung tätig.

KIDS – Elterninitiative Oberhöchstadt

Eine Weile tat sich vor den Kulissen nicht allzu viel, was die gewünschte Problemlösung der Eltern und deren Kinder betrifft. Das lag jedoch weder am Engagement noch am Willen der jeweiligen zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl des Hochtaunuskreises als auch der Stadt Kronberg beziehungsweise der zuständigen Stellen. Es schien zudem ein wenig wie die Quadratur des Kreises, denn auch die Mitarbeiterschaft des Hochtaunuskreises kann weder benötigtes Fachpersonal „aus dem Hut zaubern“ noch mögliche und im Raum stehende politische Versäumnisse auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene der letzten Jahrzehnte in punkto Ausbildung und Nachwuchs pädagogischer Fachkräfte in wenigen Monaten ausgleichen. Zudem kommen im Fall der Grundschule „Schöne Aussicht“ in Teilen komplizierte räumliche Verhältnisse hinzu. Stocke man die Anzahl der Betreuungsplätze derart auf, dass alle Anfragen zufriedengestellt würden, reiche die Kapazität der Räume schlichtweg nicht aus, heißt es von offizieller Seite. Eine Gruppe von circa 25 Oberhöchstädter Eltern gründete parallel zur Kommunikation mit Kreis und Stadt in der jüngsten Vergangenheit eine in ihren Möglichkeiten handelnde Elterninitiative, um gemeinsam – gewiss auch Hand in Hand mit zuständigen Stellen – dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig ein angemessenes Betreuungsangebot an der Grundschule „Schöne Aussicht“ entstehen kann. In den zurückliegenden zwei Wochen kam gleichzeitig – auch offiziell – Bewegung in die Problemlösung. Zumindest für das mittelbare zeitliche Moment.

Kommune

Kronbergs Bürgermeister Christoph König nannte gegenüber der Redaktion als Grundproblem zunächst ebenfalls das fehlende Fachpersonal. Die zuständigen Stellen seien hinsichtlich des Aufrufens einer fünften notwendigen Betreuungsgruppe bei bereits vier existenten Gruppen offenkundig – allen Bemühungen vielfältiger Art des zuständigen Hochtaunuskreises zum Trotz – nicht in der Lage gewesen, das notwendige Fachpersonal zu finden. Die Stadt stelle laut Vereinbarung zwischen Hochtaunuskreis und Kommune die Räume für die Schulkindbetreuung zur Verfügung und bezahle den Kreis, genauer die KiT GmbH, für das Betreuungsangebot. Die Stadt Kronberg gab nun dennoch grünes Licht für eine fünfte Betreuungsgruppe unter anderen Voraussetzungen wie bislang. Das bedeute für die Kommune die Übernahme der zusätzlichen Betriebskosten für das zusätzliche Angebot, ein einmaliger Betriebskostenzuschuss käme ebenfalls hinzu. Das sei schlussendlich gleichzeitig nicht das grundlegende Problem, so der Rathauschef. Zudem gebe es im Betreuungszentrum schlichtweg nicht genug Räumlichkeiten für die neue Gruppe, so dass der Kreis in Kooperation mit der Grundschule „Schöne Aussicht“ im Schulgebäude selbst nun nach einer Alternative fündig wurde. Auch die Versorgung mit Mittagessen sei von der Raumproblematik betroffen gewesen. Im Anschluss daran machte sich die zuständige Mitarbeiterschaft des Kreises auf, die eigentliche Herausforderung zu bewältigen: fachlich ausgebildete Betreuungskräfte. Ein sogenannter „Fachkräfteschlüssel“ gewährleistet grundsätzlich den Qualitätsstandard der pädagogischen Betreuung in Kronberger Einrichtungen und besagt in der Vereinbarung zwischen der Stadt Kronberg und dem Hochtaunuskreis, dass in jeder Gruppe eine ausgebildete betreuende Fachkraft vorhanden sein muss. Die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien zwar für ihre jeweilige Tätigkeit ebenfalls gut geeignet, besäßen jedoch den Ausbildungsnachweis selbst nicht. Dieser stelle definitiv einen Qualitätsnachweis dar. Es werde vor Ort im Team in jedem Fall eine wesentliche pädagogische Arbeit geleistet, so König, diese setze gleichzeitig auch eine gewisse Fachkunde voraus. Aufgrund der überdurchschnittlich prekären Situation in Oberhöchstadt gab es in den vergangenen Wochen nun häufigen Austausch, darunter auch viele Gespräche zwischen Kreis und Stadt. Es hakte nach wie vor an der einen relevanten Fachkraft für die fünfte Gruppe, die anderen Kräfte seien relativ gut zu organisieren. Im letzten, sehr ausführlichen Gespräch mit dem zuständigen Fachbereich des Hochtaunuskreises, der KiT GmbH, dem Fachreferat 32 des Fachbereichs 3 der Stadt Kronberg und Bürgermeister König selbst wurden die Möglichkeiten final ausgelotet. „Wir sind dann zu dem Ergebnis gekommen, uns zunächst bereitzuerklären, für den Start der fünften Betreuungsgruppe auf die Fachkraft zu verzichten“, erklärte König gegenüber der Redaktion. Das könne man unter anderem für den Beginn der neuen Gruppe verantworten, da diese gewiss nicht „alleine segeln würde“, so der Bürgermeister. Diese habe dann für den Moment zwar nicht die „eine Fachkraft“, existiere gleichwohl in einer Gesamteinrichtung, die aktuell mit der jeweiligen zugehörigen Fachkraft viergruppig sei, dann fünfgruppig werde und eine kompetente pädagogische Leitung besäße. Auch aufgrund des modularen Systems könne man für eine gewisse Zeit die Betreuung so gestalten, da nicht alle angemeldeten Kinder stets gleichzeitig in der Betreuung wären. Christoph König betonte, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Hochtaunuskreis und der Stadt Kronberg sehr gut funktioniert habe, man gemeinsam lösungsorientiert agierte: „Die Kooperation zwischen der Stadt Kronberg und dem Hochtaunuskreis war von zugewandtem, engagierten und professionellem Arbeiten geprägt. Und so fand man schlussendlich eine praktikable Lösung.“ Das drängende Problem sei zwar nun dadurch gelöst, dass man in einem vertretbaren Maß von den Standards temporär abweiche. Es sei gewiss ein guter Anfang, gleichzeitig bliebe dieser unberührt davon, dass der Hochtaunuskreis sich weiterhin verstärkt bemühen werde und müsse, im Lauf des nächsten Kindertagesstättenjahres die Fachkraftbesetzung wieder auf den normalen Stand zu bringen, sprich fünf Fachkräfte für dann fünf Betreuungsgruppen.

Hochtaunuskreis

Der Hochtaunuskreis regelt den Betreuungsanspruch, so wie er aktuell gesetzlich ausgestaltet ist, für insgesamt 38 Grundschulen und hat gewiss den Ansatz und Anspruch an sich selbst, so viele Betreuungsplätze zu schaffen, wie nötig sind. Gleichzeitig ist es wie erwähnt momentan äußerst schwierig, Fachpersonal zu finden. Zur selben Zeit muss sich der Kreis parallel zu den aktuellen Schwierigkeiten und Herausforderungen damit beschäftigen, was im Kalenderjahr 2026 passiert, wenn der Betreuungsanspruch auch für die sechsjährigen Kinder qua Gesetz entsteht. Mit Hochdruck arbeiten aktuell die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreises. Raum und Personal stehen beim Thema „Schöne Aussicht“ bereits bereit, die Lösung für ein zusätzlich notwendiges Essensangebot wird bis Ende Juni mit großer Wahrscheinlichkeit auch gefunden werden. Langfristig sei geplant, die Grundschule in den Pakt für den Ganztag zu begleiten. Das sei gleichzeitig ein längerer Prozess, der aller Voraussicht nach noch zwei bis drei Jahre Entwicklung benötige, heißt es von Kreisseite.

Andere Kommunen

Für viele Kommunen, denen es finanziell schlechter geht als der Stadt Kronberg, trat in den vergangenen Jahren ein zusätzliches Problem auf. Die Kosten für die Betreuungszentren stiegen deutlich, was unter anderem mit Personalstrukturen und Einstufungen in Tarifgruppen zu tun hatte. Betroffene Kommunen müssen an dieser Stelle andere Haushaltsschwerpunkte setzen, um sich auf die essenzielle Daseinsvorsorge zu konzentrieren, zu der gewiss die Kinderbetreuung gehört. Den Anspruch, die Betreuung angemessen zu leisten, besitzt jede Kommune, nur ist das in unterschiedlichem Maße im direkten Vergleich möglich.

Betreuungsanspruch ab 2026

Mit dem im Jahr 2021 mehrheitlich beschlossenen Ganztagsförderungsgesetz auf Bundesebene, mit dem nun eine sogenannte Betreuungslücke geschlossen werden soll, entsteht ab dem Jahr 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter, zwar schrittweise, aber er entsteht. Das bedeutet perspektivisch zumindest eine Klagemöglichkeit der Eltern, die keinen Betreuungsplatz erhalten und erhöht den Druck auf Ebene der dafür zuständigen Stellen. Wie damit in nicht allzu ferner Zukunft im föderalen System bei Bundesländern, Kreisen, Kommunen und auch der überlasteten Sozialgerichtsbarkeit umgegangen werden kann, bleibt abzuwarten. Herausfordernd wird das Ganze gewiss. In jedem Fall muss auch „die Politik“ in Kommune, Kreis und Land „mitgehen“. Entscheidungen müssten definitiv noch in diesem Jahr getroffen werden, bestenfalls noch vor der Sommerpause. Die Stadt Kronberg und der Hochtaunuskreis schätzen als Prognose mit Näherrücken des Rechtsanspruchs im Jahr 2026, dass 75 bis 80 Prozent der Schulkinder in Kronberg an der Ganztagsbetreuung teilnehmen werden. Bei 80 Prozent wären das circa 600 Kinder. Nach inoffizieller Rechnung seien es aktuell 60 Prozent und damit in absoluten Zahlen momentan 400 bis 450 beanspruchte Plätze. Abschließend sei noch einmal zusammengefasst, dass im konkret beschriebenen Sachverhalt in Oberhöchstadt alle Beteiligten gemeinsam und zugewandt an einem Strang zogen und so zumindest eine zeitweise Lösung ermöglichten. Es wäre zu wünschen, wenn das „Schule machen“ könnte.

Elterninitiative bleibt aktiv

Die Eltern, die die Initiative KIDS ins Leben riefen oder sich dieser anschlossen, möchten selbst konstruktiv unterstützen und handeln, insbesondere bei der Suche nach geeignetem Personal. Und sie taten und tun das auch beherzt. Man wünsche sich in diesem Zusammenhang – wenn möglich – auch finanzielle Unterstützung durch den Hochtaunuskreis oder die Stadt Kronberg, wenn es beispielsweise um das Produzieren von Werbemitteln unterschiedlicher Art oder von Stellenausschreibungen ginge. Man suche selbst gedanklich nach Vorschlägen, die Stelle so attraktiv wie möglich zu machen. Von den Eltern kam während des Diskurses ebenfalls der Vorschlag, zunächst einmal auf die fünfte Fachkraft im Gefüge der Betreuung zu verzichten. Rein auf der Handlungsebene versuchen alle engagierten Elternteile nun beispielsweise vielfach und engagiert durch Mund-zu-Mund-Propaganda, das zahlreiche Auslegen von selbst gestalteten und eigenfinanzierten Flyern an vielen relevanten Stellen wie pädagogischen Hochschulen deutlich über die Grenzen Kronbergs und auch des Hochtaunuskreises selbst hinaus und ergänzend das Aufhängen von Plakaten tätig zu werden. Den Eltern ist gleichsam bewusst, dass es in der Entwicklung nun kontinuierlich und konsequent weitergehen soll und muss, damit in Zukunft nicht erneut eine solche überdurchschnittlich große Herausforderung auch auf sie wartet. Ansprechpartner respektive Ansprechpartnerin für die Elterninitiative sind aktuell Philipp Fischer, den man telefonisch unter 06173 7820700 erreichen kann , und Nienke Normann, zu kontaktieren ebenfalls via Telefon unter 0176 80495446. Nachrichten können zudem schriftlich per E-Mail an kids[at]fischer[dot]pw gesendet werden.



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