Machbarkeitsstudie des Kreises hält Seilbahn zum Großen Feldberg für rentabel

Die direkte Trasse von der Hohemark zum Feldberg, wie sie in der aktuellen Studie dargestellt ist. Rot bezeichnet Zonen von „sehr hohem Schutzbedarf“ an der Weißen Mauer, grün zeigt „mittleren Schutzbedarf“ an. Grafik: MRK

Hochtaunus (as) – Jahrelang ist es sehr still gewesen um die Idee einer Seilbahn über den Taunuskamm, die einst der ehemalige Kelkheimer Bürgermeister Thomas Horn in seiner Funktion als Direktor des Regionalverbandes Rhein-Main aufgebracht hatte. Damals war die Rede von einer Bahn von Schmitten über den Sandplacken zur Hohemark in Oberursel, um Pendler aus dem Hintertaunus zur Endhaltestelle der U3 zu transportieren. Eine Abzweigung zum Großen Feldberg zu touristischen Zwecken wurde dabei auch erwogen. 2023 dann aber die Absage des Rhein-Main-Verkehrsverbandes: Ein Gutachten zu einer Seilbahn von Oberursel in den Taunus sei zu einem „klar negativen Ergebnis gekommen“, hieß es damals.

Umso mehr überraschte der Hochtaunuskreis vor einigen Wochen damit, dass er eine Machbarkeitsstudie für eben diese Seilbahn bei der Firma MRK Management Consultants in Auftrag gegeben habe. Seit einigen Tagen ist dieses öffentlich und es kommt zu durchaus erstaunlichen Ergebnissen und Folgerungen. Aktuell ist nur noch von einer Bahn von der Hohemark zum Großen Feldberg die Rede, die als Verlängerung des ÖPNV allein auf den Tourismus abzielt und die Feldbergregion an besucherstarken Tagen (vor allem im Winter) vom Autoverkehr entlasten soll. Dann ist oft schon früh am Morgen die Strecke zwischen dem Sandplacken und dem Roten Kreuz gesperrt. Die Studie errechnete Fahrzeiten (ÖPNV + Seilbahn) von Frankfurt-Hauptwache zum Feldberggipfel von 57 Minuten, von Oberursel Bahnhof von 30 Minuten. Die Talstation soll gegenüber der Frankfurt International School an der Hohemark liegen, die Gipfelstation hinter den Parkplätzen in der letzten Linkskurve der Feldberg-Stichstraße. Das touristische Potenzial des Taunus soll dadurch besser genutzt werden – freilich ohne dass die Bahn eine Skipiste oder Sommerrodelbahn wie in anderen (zum Vergleich herangezogenen) Mittelgebirgen erschließen würde.

Nicht gedacht wurde bei der möglichen Verkehrsentlastung aber offenbar an die Feldberg-Besucher aus dem Hintertaunus (Schmitten/Weiltal) bzw. aus der Richtung Königstein, Glashütten, Bad Soden, Kelkheim – oder weiträumiger gedacht Raum Wiesbaden –, die sicher weiterhin versuchen werden, mit dem Auto möglichst weit nach oben zu gelangen im Taunus, statt auf einen noch zu errichtenden Großparkplatz an der Hohemark zu fahren. Die Durchgangsstraßen, unter anderem die B8, lassen sich nicht ohne weiteres sperren, so lange keine Extremwettereignisse vorliegen.

In der günstigeren Variante einer Einseilumlaufbahn, die Kabinengrößen für bis zu zwölf Personen zulässt, rechnet die Machbarkeitsstudie mit Kosten von rund 40 Millionen Euro. Damit der Betrieb bei geplant mindestens 1,2 Millionen Nutzern im Jahr (das sind immerhin 3.288 pro Kalendertag, unabhängig von Jahreszeit und Witterung) rentabel würde, müsste die Einzelfahrkarte sechs Euro kosten, da auch günstigere Abos und Kombitickets zu berücksichtigen seien. Die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020, die in der aktuellen Studie zitiert wird, ging lediglich davon aus, dass eine Seilbahn ca. 140.000 Pkw-Fahrten mit 175.000 Nutzern im touristischen Bereich ersetzen könnte – und das mit einer zweiten Talstation in Schmitten.

Zudem wurde eine größere Zweiseilumlaufbahn in die aktuelle Studie aufgenommen, die mit rund 70 Millionen Euro teuer werden würde.

Erheblicher Umwelteingriff

Ein großes Problem neben den Baukosten, deren Finanzierbarkeit bei einem Minus von 12,5 Millionen Euro im Ergebnishaushalt des Kreises für das Jahr 2025 völlig offen ist, ist ganz offensichtlich der Eingriff in die Natur: Die direkte, rund 5,8 Kilometer lange Trasse, die die berühmte Weiße Mauer tangieren würde, führt durch Naturschutz- und Wasserschutzgebiete. Eine Alternativtrasse mit Zwischenstation am Sandplacken würde diese umgehen, allerdings würde die Gesamtstrecke länger, auf der innerhalb der Trassenbreite von 16 Metern Bäume gerodet werden müssten (für die dann niedrigere Büsche nachwachsen sollen).

Das Frankfurter Grünflächenamt hat in einer ersten Stellungnahme das Seilbahn-Projekt aus umweltrechtlichen Bedenken klar ablehnt. Ein Teil des Waldes am Großen Feldberg gehört der Mainmetropole. Auch der Regionalverband Frankfurt Rhein-Main hatte im Dezember 2022 in seiner Umweltprüfung bereits von „sehr erheblichen Umweltauswirkungen“ auf der gesamten Fläche gesprochen

Unverständnis der Grünen

Trotz vieler offener Fragen (etwa Lärmschutz an der Talstation, Auswirkungen auf das Feldbergplateau) bei der Vorstellung vor den Abgeordneten, die zunächst eine reine Kenntnisnahme durch die Gremien sein sollte, wurde das Thema bereits am Montag vergangener Woche kurzfristig auf die Tagesordnung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses genommen, zum „großen Unverständnis“ der Grünen. „Warum diese überstürzte Hast?“, fragte sich der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen Fraktion Horst Burghardt, schließlich werde der Haushalt nicht vor dem Frühsommer 2025 beschlossen.

Die Grünen beantragten die Absetzung des Punktes von der Tagesordnung. Dieser Antrag wurde mehrheitlich mit den Stimmen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP abgelehnt. Stattdessen gab es eine Tischvorlage, in deren Anhang der Auftrag der Studie deutlich geworden sei, so die Grünen-Fraktionsvorsitzende Patricia Peveling: „Es war somit von Anfang an keine neutrale Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden, sondern es ging von Anfang an darum, Belege zu erlangen für eine Machbarkeit einer Seilbahn.“  

Statt Antworten auf die Fragen der Abgeordneten zu geben, habe der Landrat mitgeteilt, weitere vertiefende Studien aus vorhandenen Haushaltsmitteln des Jahres 2024 in Auftrag zu geben. Dem stimmte die Mehrheit erneut zu. „Das Projekt wäre schon bei guter Kassenlage des Kreises aus Umweltschutzgründen mehr als fraglich. Bei der momentanen angespannten Haushaltslage ein absolutes No-Go!“, kritisiert die finanzpolitische Sprecherin der Grünen Kreistagsfraktion Sabine Schwarz-Odewald.

Patricia Peveling stellt abschließend fest: „Offensichtlich will sich der Landrat auf Kosten von Steuerzahlern und Natur ein Denkmal setzen!“



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