Vereinsringvorsitzende betonen gesellschaftliche Aufgabe und die Stärken des Miteinanders

Vereine wirken erfolgreich der Vereinsamung entgegen und schaffen Raum und Orte für ein Miteinander. Die integrative und soziale Komponete ist dabei ein entscheidender Faktor.Fotos: Pixabay.com

Kronberg (hmz) – Wer möchte sich ernsthaft eine Gesellschaft ohne die Vorteile eines Vereins und dessen Angebote vorstellen? Doch in letzter Zeit häufen sich die Meldungen über Auflösungen von Vereinen und es ist erkennbar, dass dieser „Trend“ schon länger anhält. Die Corona-Pandemie hat viele Vereine in Existenznöte gebracht. Mitglieder sind ausgetreten, weil sie keinen Sinn mehr in der Nutzung sahen. Andere waren durch zahlreiche andere Einschränkungen nicht mehr in der Lage, aktiv im Verein mitzuwirken. Durch die Kontaktbeschränkungen musste zudem vieles online organisiert werden, die Menschen haben sich zurückgezogen. Vor diesen Problemen standen auch die Kronberger Vereine.

„Allerdings blieb bei uns die Zahl von über 100 stabil und wir haben auch kein Vereinssterben“, betonen die beiden Vereinsringvorsitzenden Hans Willi Schmidt und Hans Georg Kaufmann (Oberhöchstadt) und das nicht ohne Stolz: „Bei uns wird glücklicherweise von den Ehrenamtlichen eine hervorragende Arbeit geleistet.“ Gleichwohl sehen sie die Zukunft kritisch und stellen Überlegungen an, wie die Weichen neu gestellt werden können. Dabei haben sie die aktuelle Situation im Blick.

„Eine Patentlösung haben wir zwar nicht, doch wir sitzen alle in einem Boot und sollten gemeinsam rudern.“

Schwierige Neugewinnung

Auch die Kronberger Vereine müssen feststellen, dass die Neugewinnung von Mitgliedern

und die generelle Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, deutlich gesunken sind. Dafür gibt es viele Gründe: Sie verlieren zum Beispiel Mitglieder, sobald eine Familie gegründet wird. In den meisten Fällen schränke das den Aktionsradius der Eltern so sehr ein, dass sie an den Aktivitäten und Veranstaltungen des Vereins nicht mehr teilnehmen können. „Natürlich sind Vereine in unterschiedlichem Maße vom Mitgliederschwund betroffen – je nach ihrer Ausrichtung“, betonen Kaufmann und Schmidt. Während früher Kinder und Jugendliche fast automatisch in Sport-, Faschings-, Musik- und andere Vereine oder in Jugendgruppen hineinwuchsen, ist dies heute nicht mehr der Fall. Vereine müssen zunehmend mit attraktiven kommerziellen Freizeitangeboten konkurrieren, die außerdem dem Wunsch nach Abwechslung und „Sensation“ mehr entgegenkommen. Auch die steigende Zahl der Vollbeschäftigten und die Ganztagsangebote in Schulen nehmen einen Großteil der zeitlichen Flexibilität für ein Ehrenamt ein.

Demographischer Wandel

„In unserer Stadt haben wir es zudem mit dem starken demographischen Wandel zu tun, viele junge Leute können sich die Mieten nicht leisten, ziehen weg und es zeigt sich, dass die Struktur unserer Vereine so alt wie unsere Gesellschaft ist“, erklärt Kaufmann. Aber wie erreichen Vereine Kinder, Jugendliche und deren Eltern? „Indem sie dort abgeholt werden, wo sie anzutreffen sind. Nahezu alle Eltern sind heute nur noch über Kindertageseinrichtungen, alle Kinder und Jugendliche nur über Kita und Schule zu erreichen. Wir müssen also viel intensiver als bisher mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten und möglichst dort – vor Ort – Angebote machen.“

Schulterschluss

„Wir brauchen einen Schulterschluss der Aktiven, ein konstruktives Miteinander und eine Plattform, auf der wir Termine, Veranstaltungen und Aktionen rechtzeitig mitteilen“, so Schmidt und „wir müssen eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit leisten, das heißt, die Vereine sollten dabei deutlich mehr selbst initiativ werden und ihre Präsenz in den regionalen Printmedien verstärken“.

Immer dann, wenn sich mehrere Vereine zusammenschließen würden, könnten Ressourcen und Geld gespart werden. „Wir müssen immer wieder die gesellschaftliche Bedeutung von Vereinen in Erinnerung rufen, auch ihre soziale Verantwortung“, betonen die beiden Vereinsringvorsitzenden.

Vereinsamung bei Jugendlichen

Einsamkeit, das ist vor allem ein Problem älterer Menschen, mag der ein oder die andere

vermuten, aber weit gefehlt. Gerade während der Corona-Pandemie wurde klar, dass sie auch bei Jugendlichen ein Thema ist. Dies mag zunächst verwundern, da gerade die jüngeren Generationen durch „Social Media“ im ständigen Kontakt untereinander stehen. Keiner ist vermeintlich allein.

Wenn Instagram, TikTok, Whatsapp und Co. nicht nur eine Erweiterung für soziale Beziehungen und menschliche Bindung sind, sondern zum Ersatz werden, verstärkt sich allerdings das Gefühl von Einsamkeit.

ugendliche haben vielleicht Hunderte Online-Freunde, darunter aber oft niemanden, den sie anrufen können, wenn es ihnen schlecht geht. „Unsere vielen Vereine bieten Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen oder bei persönlichen Herausforderungen an. Die Freude an gemeinsamen Aktivitäten führt zu einem besonderen Zusammenhalt und kann der Einsamkeit entgegenwirken“, sind sich Hans Willi Schmid und Hans Georg Kaufmann einig.

Mitgliedschaft

Jeder könne mitmachen, ohne gleich Mitglied zu werden und in allen Bereichen könne dasVerständnis füreinander geweckt werden. „Unsere Vereine bieten Lebensqualität und was hier geleistet wird, auch wenn viele Vereine im Stillen wirken - etwa für sozial Benachteiligte - ist vorbildlich“, erinnert Hans Willi Schmidt. Der Teamgedanke sei das Schlüsselelement.

Hans Georg Kaufmann erinnert in diesem Zusammenhang an den „Maibock“, dessen Erlös an die Tafeln geht. „Wir wollen Anreize für das Vereinsinteresse schaffen, daher ist es notwendig, jedem eine Teilhabe zu ermöglichen. Denn jeder könne hier Wertschätzung erfahren, und jeder wird als Persönlichkeit wahrgenommen und kommt aus seiner Isolation heraus“, so Kaufmann.

Allerdings müssten sich die Vereine auch Veränderungen gegenüber öffnen, sie annehmen und mit neuen Inhalten füllen. Zuletzt ein gemeinsamer Appell an die Stadtverwaltung: „Wir brauchen ein funktionierendes Management für die Stadthalle und die Mietpreise sollten deutlich gesenkt werden. Mit dem Belegungsplan im Haus Altkönig ist das kein Problem und was den Zusammenhalt der Vereine betrifft: das funktioniert in Oberhöchstadt schon lange“, so Kaufmann. Beide unterstützen nachdrücklich den einst von Hans Willi Schmidt formulierten Satz und Anspruch: „Vereine für Vereine.“ Heute vielleicht wichtiger denn je.

Weitere Artikelbilder



X