Kronberg (pu) – Nach einer achtjährigen konfliktbeladenen Vorgeschichte zum Bebauungsplan Nr. 156 „Wohnanlage Grüner Weg (ehemals Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg)“ und in Anknüpfung an die Februar-Beschlüsse des Parlaments steht der nächste logische Schritt auf der Tagesordnung der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 4. Juli – der Satzungsbeschluss zur Errichtung einer Wohnanlage im dortigen Bereich. Auf Beschlussvorschlag des Fachbereichs 41 (Stadtplanung) und entsprechend einer achtstimmigen Empfehlung bei einer Enthaltung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) wird die Stadtverordnetenversammlung zum einen für die Beschlussvorschläge zu den eingegangenen Anregungen und Stellungnahmen aus der Beteiligung der Öffentlichkeit und die der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange grünes Licht geben. Zum anderen wird die Mehrheit für den Satzungsbeschluss und der Begründung mit Umweltbericht votieren.
Vorhaben
Die Stadt Kronberg plant am Grünen Weg auf 2.145 Quadratmetern Fläche die Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebietes (WA). Im Sinne des am 18. Februar 2021 gefassten Aufstellungsbeschlusses (Drucksachennummer 5352/2021) war es bekanntlich unter anderem das Ziel, die innerhalb des Geltungsbereichs geplante Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Flüchtlinge und Asylanten planungsrechtlich auch für eine allgemeine Wohnnutzung flexibel nutzen zu können. Flüchtlinge mit anerkanntem Aufenthaltsstatus bei gleichzeitiger Schaffung von dringend benötigten Mietwohnungsraum könnten übergangslos darin wohnen bleiben. Eine Baugenehmigung zum Bau einer Gemeinschaftsunterkunft liegt seit Februar 2022 vor. Mit dem nunmehr am 22. Februar 2024 gefassten Stadtverordnetenbeschluss (Drucksache 5219/2024) zur „Aufhebung der Beschlüsse zum Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge“ hat die Stadtverordnetenversammlung die Beschlüsse zu den Drucksachen 5022/2016 – „Flüchtlingsunterkunft (FU) Grüner Weg…“ und 5255/2019 – „Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg“ zum Bau einer Gemeinschaftsunterkunft wieder aufgehoben.
Planungserfordernis und Ziele
Das Planungsziel des Bebauungsplanes, mit der Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebietes die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Nutzung des Grundstückes zu allgemeinen Wohnzwecken zu schaffen, bleibt von dem in diesem Februar gefassten Beschluss nach Aussage von Erstem Stadtrat Heiko Wolf jedoch unberührt. Neben der weiterhin gegebenen Möglichkeit, in einem Allgemeinen Wohngebiet auch eine Gemeinschaftsunterkunft unterzubringen, wird insbesondere der Erfordernis Rechnung getragen, dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum in Form von Geschosswohnungsbau auf dem stadteigenen Grundstück zu schaffen. Als weitere wesentliche Ziele der Planung, gelte es, die geplante Ortsrandbebauung durch architektonisch zeitgemäße ansprechende Gebäudekörper und Gestaltung der Außenanlagen mit Vorgaben zu Materialität und Begrünungsmaßnahmen (Klimaschutz und Klimafolgenanpassung) sicherzustellen. Aufgrund des guten ÖPNV-Anschlusses wurde der Stellplatzschlüssel zur Förderung des Anteils der innerstädtischen Wegstrecken, die zu Fuß, mit dem Rad, dem ÖPNV zurückgelegt werden sollen (Förderung nachhaltiger Mobilität), und zur Reduzierung der Flächenversiegelung (Klimaschutz und Klimafolgenanpassung) zielgerichtet angepasst. In seinen Höhen, Geschosszahlen, Baugrenzen orientieren sich die Festsetzungen des Bebauungsplans an dem ursprünglich für die Gemeinschaftsunterkunft zugrunde gelegten architektonischen Hochbauentwurf des Architekturbüros Florian Kriegers. Dieser erlaubt durch die konzeptionelle Modulbauweise Nutzungsmöglichkeiten auch zu allgemeinen Wohnzwecken. Dabei wurden dem Bebauungsplan 19 Wohneinheiten mit kleinen bis mittelgroßen Mietwohnungen zugrunde gelegt.
Die allgemeinen Festsetzungen des Bebauungsplanes sind darüber hinaus flexibel anwendbar, um auch andersgestalteten Wohnungsbau auf dem Grundstück realisieren zu können.
Bebauungsplanverfahren
Das Bebauungsplanverfahren wurde mit der durch den Gesetzgeber zunächst geschaffenen Möglichkeit, Ortsrandgrundstücke als Bebauungspläne der Innenentwicklung aufzustellen, nach § 13b BauGB vorerst durchgeführt. Entsprechend galten die vereinfachten formalen Anforderungen von Bebauungsplänen der Innenentwicklung gemäß § 13a BauGB. Aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 18. Juli 2023 galt es, das Bauleitplanverfahren wieder in ein Regelverfahren gemäß § 2 Abs. 1 BauGB zu überführen. Dem Gerichtsurteil folgend dürfen Freiflächen außerhalb der Siedlungsbereiche nicht ohne die Durchführung einer Umweltprüfung mit Umweltbericht überplant werden, da ansonsten gegen geltendes EU-Recht verstoßen werde. Die beiden bis dato bereits durchgeführten Beteiligungsschritte mussten wiederholt und der Bebauungsplanentwurf um eine Umweltprüfung mit Umweltbericht erweitert werden. Zuletzt wurde die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß BauGB sowie die der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange im Zeitraum vom 5. Februar bis 5. März 2024 durchgeführt. Auf Wunsch des Magistrats wurde hierzu auch der Name des Bebauungsplanes von „Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg“ in „Wohnanlage Grüner Weg“ geändert, was zu einer Verdeutlichung des angestrebten Planungszieles des Bebauungsplanentwurfes beitragen sollte.
Stellungnahmen
Aus den eingegangenen Stellungnahmen der Öffentlichkeit ergaben sich im Wesentlichen umweltrelevante Anmerkungen zum naturschutzrechtlichen Ausgleich und Artenschutz. Aufgrund der „Überdauerung“ des offengelassenen Grundstückes ergaben sich hierzu auch seitens der Behörden Anregungen zur Überprüfung der Aktualität der Artenschutzgutachten. Mit einer jeweiligen Überprüfung des Grundstückes im Jahr 2022 und 2024 konnte die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorgaben mit den im Bebauungsplan gegebenen Hinweisen gleichzeitig sichergestellt werden. Im Wesentlichen ergaben sich in der Begründung Konkretisierungen zum Planerfordernis selbst, zu den artenschutzrechtlichen Belangen sowie Präzisierungen zur Entwässerung des Grundstückes. Im eingebrachten Bebauungsplanentwurf zur Offenlage wurden „sonstige nicht störende Gewerbebetriebe“ zur eindeutigeren Abgrenzung zu einem „Reinen Wohngebiet (WR)“ zugelassen.
Zur Klimafolgenbewältigung wurden Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung und Entwässerung des Grundstückes mit einer Festsetzung zur verbindlichen Anlage einer Retentionszisterne ergänzt. Änderungen der Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs sind laut dem Baudezernenten Wolf nach der Beteiligung nicht erforderlich geworden. Nach seinen Worten liegt nunmehr ein „ganz pragmatischer Vorschlag vor, ein Problem der Stadt (vom Hochtaunuskreis auferlegte Pflicht der dauerhaften Flüchtlingsunterbringung), das an sonst keiner anderen Stelle bewältigt werden kann, zu lösen.“