Nächste Entscheidung in Sachen Gewerbeflächenausweisung steht an

Kronberg (pu) – Um dem Expansionsbedarf heimischer Unternehmen und Gewerbebetrieben nachkommen zu können und Abwanderungen in benachbarte Kommunen zu verhindern, beschloss eine Parlamentsmehrheit im Juli letzten Jahres auf Grundlage der „Machbarkeitsstudie Gewerbestandortentwicklung“ die Schaffung eines Gewerbeflächenangebots (Drucksachennummer 37/2023). 

Rückblick Sommer 2023

Im Detail wurde die mehrheitliche Entscheidung für eine Ausweisung im Regionalen Flächennutzungsplan für die Standorte „Am Auernberg“ (GP3) , „Kronberger Hang“ (GP2) – beschränkt auf den südöstlich der verlängerten Eschborner Straße, Höhe Gasstation, gelegenen Teil – sowie Oberhöchstadt (GP5) getroffen. Priorisiert werden sollte die Entwicklung des Standortes „Am Auernberg“.Die Stadtverordnetenversammlung forderte den Magistrat zudem auf, im Rahmen der Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung die Optimierung der bereits bestehenden Gewerbeflächen voranzutreiben.

Schleppende Entscheidungsfindung

Private Unternehmer und zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung kritisierten zuvor die eine Dekade lange Untätigkeit, respektive Unentschlossenheit auf Seiten der kommunalpolitischen Vertreterschaft.

Nach der Ankündigung der Firma Procter & Gamble, Kronberg zu verlassen, überwog im Sommer letzten Jahres jedoch die Erkenntnis im überwiegenden Teil der lokalpolitischen Reihen, dies als deutliche Warnung zu sehen, künftig das Gewerbe in Kronberg zu fördern und sich vorausschauend auf Veränderungen einzustellen. Denn während nach wie vor noch keine Klarheit darüber besteht, ob durch den Wegzug neue Potenzialflächen entstehen, liegt eine dann entstehende Gewerbesteuerlücke auf der Hand.

Anstehender nächster Schritt

In der mit der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung zu Ende gehenden Sitzungsrunde steht der nächste Schritt in dieser Angelegenheit zur Abstimmung. Auf Antragsvorschlag des Magistrats soll die Stadtverordnetenversammlung zum einen die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 157 „Am Auernberg“ im Regelverfahren nach § 2 Baugesetzbuch beschließen, der darauf zielt, mit der Ausweisung von Gewerbeflächen ein Gewerbeflächenangebot insbesondere für heimische Unternehmen und Betriebe zu schaffen. Der Geltungsbereich entspricht einer Größe von 4,8 Hektar. Zum anderen steht die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 158 „Am Kronberger Hang“ auf der Agenda. Dieser Geltungsbereich entspricht einer Größe von 3,5 Hektar.

Nach Lage der letztjährigen Dinge vermeintlich Formsache. Deshalb sah in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) auch niemand die Notwendigkeit einer Debatte. Vielmehr bat der an diesem Abend leitende stellvertretende Ausschussvorsitzende Max-Werner Kahl (CDU) direkt um Abstimmung zwecks Beschlussempfehlung. Umso überraschender das Ergebnis, denn nach vier „Ja“-Stimmen bei vier Gegenstimmen von Bündnis90/Die Grünen und Wählergemeinschaft für die Bürger (KfB) und einer Enthaltung musste der Antrag als „abgelehnt“ notiert werden. Dazu gab es im Nachgang nach Überprüfung des Sachverhalts die Anmerkung der Schriftführung, dass es sich um einen zweigeteilten Beschluss handelt, eine separate Abstimmung der beiden Punkte jedoch nicht erfolgte.

Gewerbe größte Einnahmequelle

Fassungslosigkeit entstand bei Bürgermeister Christoph König (SPD) und Erstem Stadtrat Heiko Wolf (parteilos) ob der drohenden negativen Auswirkungen auf die städtischen Finanzen im Fall einer finalen Ablehnung.

Für alle, in deren Bewusstsein die Wichtigkeit von Gewerbe für das Stadtleben und die dem Rechnung tragenden Gründe für unentbehrliche Wirtschaftsförderung noch immer nicht angekommen sind: Die Gewerbesteuer macht seit Jahren mit mehr als der Hälfte schlichtweg die größte Einnahmequelle der Stadt Kronberg im Taunus aus. Das resultiert unter anderem auch aus der hohen Zahl der bereitgestellten Arbeitsplätze. Nach dem Statusreport der Wirtschaftsförderung (2021) ergibt sich derzeit eine Nachfrage von rund 35.000 Quadratmetern Gewerbefläche allein durch heimische Unternehmen und Gewerbebetriebe. 

Tragende Säulen

Traditionell zählen Handwerksbetriebe zu den tragenden Säulen in der Burgstadt. Aller Heimatverbundenheit zum Trotz sieht ein Teil der aktuell die Geschicke ihrer Betriebe leitenden Generation mangels Expansionsmöglichkeiten jedoch mit bangem Blick in die Zukunft. In der erwähnten Dekade nutzten die Kronberger Handwerker jede sich bietende Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen und das Augenmerk auf die umtreibende, teils existenzbedrohende Problematik zu lenken, sei es während Versammlungen des Bundes der Selbstständigen, im Rahmen von Podiumsdiskussionen oder unabhängig davon in der Presse. Dazu kommt der seit langem benötigte Flächenbedarf für ansiedlungswillige Unternehmen. Die Entwicklung neuer Gewerbeflächen ist aus Sicht der städtischen Wirtschaftsförderung zwingend notwendig, um wichtige Bestandsunternehmen an den Standort Kronberg im Taunus zu binden, Abwanderung zu verhindern und um neue zukunftsweisende Unternehmen für den Standort zu gewinnen. 

Ungewisse Entwicklungsperspektive

Gleichermaßen gilt es laut Erstem Stadtrat Heiko Wolf (parteilos)  mit der Schaffung von Gewerbeflächen auch auf die weiterhin ungewisse Entwicklungsperspektive für das Procter&Gamble-Areal zu reagieren. Ein Wegzug des bis dato in Kronberg beheimateten amerikanischen Großunternehmens sei nach momentanem Stand der Dinge nicht vor 2028 geplant. Die Gespräche mit P&G über das Areal sollen nach aktuellem Stand nicht vor Ende diesen Jahres aufgenommen werden.

„Inwieweit hier dann seitens des Unternehmens schon Entscheidungen im Umgang mit dem Areal getroffen wurden und ob Flächen überhaupt verkauft werden sollen, bleibt weiter fraglich. Auch aus diesem Grund ist die Schaffung eines Flächenangebots über den Bestand hinaus insbesondere zur Beibehaltung des Gewerbesteuereinnahmenniveaus notwendig“, unterstreicht Wolf. 

Im Vergleich zu den benachbarten Kommunen (unter anderem Bad Homburg, Eschborn, Oberursel, Friedrichsdorf) hat Kronberg im Taunus in den letzten 20 Jahren keine neuen Gewerbeflächen ausgewiesen.

Regionaler Flächennutzungsplan

Aktuell sind im rechtskräftigen Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) keine Flächen zur Entwicklung für Kronberg vorgesehen. Als Grundlage für weitere Planungen müssen die Flächen gegenüber dem Regionalverband Rhein-Main angemeldet werden. Ein Aufstellungsbeschluss ist hier zur Berücksichtigung der Flächen beziehungsweise zur Einleitung eines Änderungsverfahrens Voraussetzung.

Bei Berücksichtigung sind größengleiche Siedlungsflächen wieder abzugeben. Im Fall Kronbergs kann hier laut Baudezernent Wolf durch den im Februar 2021 gefassten Beschluss (DS Nr. 5339/2020) die damalig für Wohnbauland vorgesehene Entwicklungsfläche am Grünen Weg (Wohnbaufläche (geplant) herangezogen werden. Bis zur geplanten Neufassung des RegFNP 2030 kann die Fläche damit noch für den kommunalen Flächenausgleich geltend gemacht werden. Nach Neufassung des RegFNP stehen diese Flächen nicht mehr für den Flächenausgleich zur Verfügung und andere Siedlungsflächen müssten im Tausch abgeben werden. Für das laufende Jahr 2024 plant der Regionalverband RheinMain, den Vorentwurf des in Aufstellung befindlichen Regionalen Flächennutzungsplan 2030 (RegFNP), den einzelnen Kommunen vorzustellen. In den im Herbst 2023 hierzu mit dem Regionalverband Rhein-Main geführten ersten informellen Gesprächen hat sich angedeutet, dass eine Aufnahme der von der Stadt Kronberg im Taunus priorisierten Standorte für den Plan 2030 auch aufgrund veränderter Zielvorgaben des Plans in keiner Weise sichergestellt ist.

Standorte:

Die beiden Geltungsbereiche „Am Auernberg“ und „Kronberger Hang“ orientieren sich an den in der Machbarkeitsstudie zu Grunde gelegten städtebaulichen Entwürfen (DS Nr. 37/2023). Im weiteren Verfahrensablauf sind in Bebauungsplanvorentwürfen die Baufelder weiter auf Grundlage der Machbarkeitsstudie auszudifferenzieren. Es soll weiter betont werden, dass im Rahmen der Aufstellung der Bebauungspläne gebietsbezogenen Klimaschutzkonzepte und ein Klimaschutzmanagement als selbstverständliche Leitbilder eine Gewerbeflächenentwicklung miteinbezogen werden. „Die Ausweisung neuer Gewerbeflächen wird als Chance verstanden, zeitgemäße, klimaangepasste energetisch effiziente Gewerbeflächen auch zur Stärkung des Standortes Kronbergs zu schaffen“, so der Erste Stadtrat.

Aufstellungsbeschlüsse:

Zu Nr.1 „Am Auernberg“: Der Geltungsbereich orientiert sich am städtebaulichen Entwurf. Dabei beinhaltet der Geltungsbereich auf rund der Hälfte die Ausweisung einer Gewerbegebietsfläche (GE). Die andere Hälfte dient dem naturschutzrechtlichen Ausgleich. In der weiteren Planung sind gegebenenfalls Anpassungen des Geltungsbereiches für den naturschutzrechtlichen Ausgleich notwendig.

Zu Nr.2 „Am Kronberger Hang“: Der Geltungsbereich orientiert sich an den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung, die Fläche nach Norden bis auf Höhe der Eschborner Straße beziehungsweise Gasstation zu begrenzen. Zur Landesstraße L3005 gilt es, straßenbaurechtlich eine Abstandsfläche von mindestens 20 Metern einzuhalten. Weitere Restriktionen ergeben sich durch Abstandsregelungen zu den beiden Strommasten sowie durch die Planungen seitens Hessen Mobil zum Ausbau des Knotenpunktes Kronberger Hang. Hier wird im Bereich der Kreuzung die Abbiegespur auf rund 15 Meter verbreitert. In der weiteren Planung sind voraussichtlich Erweiterungen des Geltungsbereiches für den naturschutzrechtlichen Ausgleich notwendig. Aufgrund der Lage des Grundstückes können im Nahbereich des Geltungsbereichs keine Maßnahmen durchgeführt werden, sodass Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle zu verorten sind. 

Signalwirkung

Ein „Ja“ der Lokalpolitik für den Magistratsantrag wäre ein klares Signal, dem gesehenen Handlungsbedarf – künftig das Gewerbe in Kronberg fördern zu wollen und sich vorausschauend auf Veränderungen einzustellen – tatsächlich Taten folgen zu lassen. Andernfalls liefe man Gefahr, weitere heimische Betriebe zu verlieren und weiterhin keine Flächen für ansiedlungswillige Unternehmen anbieten zu können. Die negativen Auswirkungen auf die städtischen Finanzen wären vorprogrammiert – sinkende Gewerbesteuereinnahmen und daraus resultierend im „Worst Case“ Streichung von freiwilligen Leistungen. Darunter fallen vor allem kulturelle und soziale Aufgaben als Herzstück der kommunalen Politik wie beispielsweise Museen, Bibliotheken, Jugendeinrichtungen, Sportplätze und Freibäder.



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