„die hannemanns“ treibt auch nach sechzig Jahren die Spielfreude noch um – Überraschungen im Jubiläumsjahr

Kronberg (hmz) – Die Fragen seien erlaubt, ob es wirklich Spaß machen kann, Stunden über Stunden den Text zu lernen und bei der folgenden Probe zu merken, dass er immer noch nicht richtig sitzt, oder wochenlang immer wieder dasselbe zu proben, oder sich an die Anweisungen der Regie halten zu müssen, auch wenn sie nicht immer die eigenen Vorstellungen treffen? „die hannemanns“ kennen darauf seit sechzig Jahren nur eine Antwort: „Theaterspielen ist so faszinierend, dass die wenigen Dinge, die nun wirklich keinen Spaß machen, gar nicht mehr ins Gewicht fallen.“ Dieser festen Überzeugung sind der Vorsitzende Ulf Brossmann und Andrea Becker, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, die zusammen mit Daniela Freudenberg (stellvertretende Vorsitzende), Alia Kidess (Schriftführerin) sowie Susanne Schmorl (Schatzmeisterin) „die hannemanns“ mit ihrem selbstgewählten Slogan „60 Jahre und kein bisschen leise“ durch das Jubiläumsjahr führen. Die Faszination des Theaterspiels, das Hineinschlüpfen in eine andere Figur, das Sich-Bewegen in Szenen, die nichts mit der eigenen Wirklichkeit zu tun haben, machen wohl den Reiz des Theaterspielens aus. Richtig spannend wird es, wenn der zu verkörpernde Charakter ganz anders ist, als sich Darstellende als reale Person wahrnehmen.

Proben starten

„Wir haben frühzeitig mit dem Casting und der Rollenbesetzung angefangen und in Kürze beginnen wir mit den Proben.“ Aufgeführt wird das erste Stück, das im Gründungsjahr 1964 gespielt worden ist: „Tante Jutta aus Kalkutta oder Familie Hannemann“, ein Komödienklassiker, der sich durch die Neubearbeitung von Carola Nierendorf, Daniela Freudenberg und Michelina von Teuffenbach in einem moderneren Gewand präsentiert –Spannung, Witz und Überraschungen.

Die Komödie, die vom damaligen Publikum begeistert aufgenommen wurde, musste allerdings sprachlich und inhaltlich etwas „entstaubt“ werden, um auch sechs Jahrzehnte später noch Anklang zu finden. Diese Herausforderung wurde im Verein angenommen und die Handlung behutsam modernisiert, jedoch so, dass die ursprüngliche Geschichte unverkennbar blieb.

Zum Inhalt

So geht es damals wie heute um den Rechtsanwalt Dr. Hannemann, der als eingefleischter Junggeselle das Dolce Vita genießt, das er sich dank der generösen Unterstützung seiner im Ausland lebenden Tante Jutta gönnen kann. Allerdings nicht ganz ohne Gegenleistung: Tante Jutta möchte, dass er endlich eine Familie gründet. Hannemann geht zum Schein auf die Forderung ein und schwindelt der Tante seine Hochzeit, die Geburt eines Sohnes sowie einen von ihm abhängigen Schwiegervater vor. Als aber die Tante eines Tages unangemeldet vor der Tür steht, um ihre Verwandtschaft endlich einmal persönlich kennenzulernen, muss in höchster Eile eine Familie her. Die Suche nach den einzelnen Familienmitgliedern führt zu einem aberwitzigen Chaos, das die energische Dame ordnen will, womit sie nur noch mehr Verwirrung stiftet – und schließlich unversehens das nicht vorhersehbare Ende herbeiführt.

Regie führen Harald Soldan und Daniela Freudenberg. Elf Darstellende werden die Zuschauenden in ihren Bann ziehen, weil nirgends sonst als im Theater hautnah mitzuerleben ist, wie Raum, Zeit und Handlung miteinander verschmelzen. Dieses Stück war übrigens der Leihgeber für die entsprechende Namenswahl der „hannemanns“. Vorhang auf – und Bühne frei! heißt es an den Spieltagen am 9. (Premiere) und 10. November in der Stadthalle Kronberg, am 17. November im Augustinum in Bad Soden und am 30. November in der Liederbachhalle.

Einfach mal Theater machen?

Nein, hinter dem Begriff „Theater“ verbirgt sich eine intensive Organisation und Vorbereitung. Alles wird bis ins kleinste Detail geplant und jeder arbeitet mit jedem zusammen, damit die Illusion am Ende perfekt ist. Und nicht zu vergessen, das Zusammenspiel mit den anderen, die ja auch „nicht sie selber“ sind, sondern Facetten des Verhaltens an den Tag legen, die manchmal schon sehr überraschend sind. „Lachen hat einen hohen Stellenwert und uns allen geht es so, dass wir Theater spielen, weil es uns Spaß macht“, so Andrea Becker. Sie alle würden mit viel Herzblut und Begeisterung spielen. Genau das merkt auch das Publikum und quittierte es mit jahrzehntelanger Treue. Im April werden vereinsfremde Interessierte zu einem „Workshop“ eingeladen, in dessen Verlauf verschiedene Erarbeitungsmöglichkeiten von Szenen vorgestellt und praktisch erprobt werden. Die Teilnehmenden erarbeiten sich auf diese Weise unter anderem verschiedene Techniken und Übungen der Schauspielerei zum Kennen lernen, das Zusammenspiel von Sprache und Körper und Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks. Das alles unter der Anleitung der Theaterpädagogin Katharina Fertsch-Röver. „die hannemanns“ haben auch den Workshop mit einem Slogan versehen, der deutlich macht, um was es geht: „Spiel+Spaß=Schauspiel“.

Jubiläumsfeier

Die eigentliche Jubiläumsfeier ist für den 27. Oktober in den Kronberger Lichtspielen geplant. Im Rahmen einer Matinee wird es einen unterhaltsamen Rückblick auf die letzten sechs Jahrzehnte geben, einen Einblick in die Gegenwart und Ausblicke auf die Zukunft. Ursprünglich eine Theatergruppe des Kronberger „Kappenclubs“, machten sich einige schauspielbegeisterte Freunde im Jahr 1964 unter der Leitung des Ehepaares Sondergeld selbständig und gründeten einen eigenen Verein. Seitdem werden abendfüllende Inszenierungen, Kurzstücke, Sketche und Lesungen mit jeweils mehreren Aufführungen auf den großen und kleineren Bühnen der Umgebung gespielt. Dabei üben besonders die Aufführungen im historischen Ambiente der Receptur und der Kronberger Burg einen unvergleichlichen Reiz auf Spielerinnen, Spieler und Publikum aus. Die Theatergruppe ist Mitglied im Bund deutscher Amateurtheater e.V. und eine Bereicherung der Kulturszene in Kronberg. Auch nach sechzig Jahren ist die Leidenschaft für das Theaterspielen ungebrochen. Und hier gilt nicht das Sprichwort: „Mensch, mach doch nicht so ein Theater“, sondern das Gegenteil: „Mach mal Theater“.

„die hannemanns“ bei einer Casting- und Besprechungsrunde Fotos: privat

Die Theatergruppe auf einem gemeinsamen Gruppenbild vor 60 Jahren nach der Aufführung des ersten Stückes: „Tante Jutta aus Kalkutta“

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