Sanierung oder Neubau für „Schönbergs Wohnzimmer“?

Während nebenan in dem ältlich anmutenden Versammlungsraum über die Zukunft der Taunushalle diskutiert wird, genießt diese – im Sonnenschein ins rechte Licht gerückt – die sonntägliche Ruhe. Foto: Westenberger

Schönberg (mw) – Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Becker und der Ortsvorsteher von Schönberg, Mathias Völlger, nennen sie „das Wohnzimmer Schönbergs“. Die Rede ist von der 50 Jahre alten Taunushalle, inmitten des Ortskerns neben der Viktoria-Schule in Schönberg. Die CDU hatte vergangenen Sonntag dorthin zu einem ihrer CDU-Frühschoppen eingeladen, um mit den Bürgern ihre Vision für Schönberg – mit einem Neubau der Taunushalle den Ortskern zeitgemäß und lebendiger zu gestalten – zu diskutieren. Doch es gab auch genügend Platz für eine offene Diskussion mit den zahlreich erschienenen Vereinsvertretern der Taunushallennutzer, den Schönberger Bürgern sowie Politikern anderer Couleur.

Koalition ist gespalten

Das Thema wird seit Monaten kontrovers diskutiert. Laut Koalitionsvertrag müsste sich die CDU eigentlich für eine Sanierung aussprechen. „Das ist einer der Punkte, die wir darin verankert haben“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph König. „Wir als auch die UBG hätten es schön gefunden, wenn die CDU diesen Weg, den sie nun plötzlich einschlägt, zuvor mit uns besprochen hätte und dann erst in die öffentliche Diskussion mit dem Thema gegangen wäre.“ Jedenfalls bleibe die SPD bei ihrer Überzeugung, dass eine Renovierung für die Taunushalle zum jetzigen Zeitpunkt das Beste ist. „Die Hauptnutzung dort liegt beim Schul- und Vereinssport.“ Die solide Taunushalle zeitnah zu sanieren und aufzustocken, sei „vernünftig“. Jetzt mit der Frage zu beginnen, „was bauen wir da überhaupt?“, ziehe einen langen Entscheidungsprozess nach sich. Den könne man laut SPD mit gutem Gewissen auch in zehn bis 15 Jahren, falls sich veränderte Nutzungsbedingungen ergeben, noch führen.

Die Christdemokraten wollen sich dem Magistratsvorschlag nicht anschließen. Dem Magistrat schwebt die Sanierung der Taunushalle und eine Aufstockung zwecks Nutzungsverbesserung vor. 1,4 Millionen Euro sind dafür im Haushalt 2018 vorgesehen. Andreas Becker und Max-Werner Kahl, Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt und CDU-Stadtverordneter, erläuterten im Rahmen ihres CDU-Frühschoppens, warum sie sich gegen eine Sanierung und für einen Neubau stark machen: „Wir wollen ein modernes, zeitgemäßes Gebäude für Schönberg“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Becker. Die Zinsen seien derzeit niedrig, die Finanzen der Stadt hätten sich verbessert, da sei es der richtige Zeitpunkt, um ähnlich wie damals beim Dalles-Gebäude in Oberhöchstadt eine Entscheidung für die Zukunft des Ortskerns zu treffen. Eine Sanierung zu diesem Zeitpunkt eines 50-Jahre alten Baus sei nur eine Vertagung um zehn bis 15 Jahre, um dann wieder neu zu diskutieren, was man für Schönberg an dieser Stelle haben wolle. „Wir wollen aber jetzt eine Stärkung und Zukunftssicherung unseres Schönberger Ortskerns haben, das ist mehr als überfällig“, untermauerte Max-Werner Kahl die Worte seines Vorredners. Die vom Magistrat anvisierte Abarbeitung des Sanierungsstaus bringe letzten Endes keine Nutzungsverbesserung, sondern nur ein zeitliches Verschieben der Probleme. Max-Werner Kahl sprach sich für ein neues Konzept und eine entsprechende Nutzung mit einer modernen multifunktionsfähigen Sportanlage für die Turn- und Sportgemeinde Schönberg (TSG) und die Grundschule, die die Sporthalle ebenfalls nutzt, aus, einem attraktiven Restaurant – vielleicht mit Blick ins Grüne – und der Möglichkeit, die Schüler mit Mittagessen zu versorgen, dazu Gewerbeflächen und Wohnflächen, die helfen könnten, den Ortskern zu stärken.

Neubau als Perspektive für den Ortskern

Kahl warb dafür, die Chance, dem Schönberger Ortskern damit eine dauerhafte Perspektive zu geben, nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Schon gar nicht aus Sorge der einzelnen Vereine, wie die Bauzeit zu überbrücken ist. Für alles gäbe es Lösungen: So sprach Kahl von „fliegenden beheizten Zelten“, die man errichten könne, um beispielsweise den Sportbetrieb in der Bauzeit sicherzustellen. Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Reinhard Bardtke siedelte auf Nachfrage aus den Reihen der Bürger die für einen Neubau geschätzten Kosten vorsichtig zwischen 4 bis 5 Millionen Euro an.

TSG fürchtet um ihre Existenz

Der TSG-Vorstand kann mit dieser Vision wenig anfangen. „Wenn die Taunushalle über einen längeren, nicht absehbaren Zeitraum für den Verein nicht zur Verfügung steht, werden unsere Mitglieder ihre Mitgliedschaft kündigen und damit dem Verein die Existenzgrundlage entziehen“, ist sich der erste Vorsitzende, Karl Eilhard-Papouschek sicher. Nachdem die Sanierung der Taunushalle immer an den fehlenden finanziellen Mitteln der Stadt Kronberg gescheitert ist, sei es „mehr als notwendig, die Taunushalle zu sanieren“. Diese könnte auf Basis der bestehenden Baustubstanz und in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen erfolgen. Würde dazu ein neuer Wirt für die Halle gefunden, werde auch die Attraktivität der Halle verbessert, meinte er für die TSG. Und die 480 Mitglieder starke TSG könne 2020 ihr 100-jähriges Bestehen gebührend feiern.

Sorgen um ihre Existenz machten sich auch der Fanfarencorps, der seine Vereinsstätte im Untergeschoss eingerichtet hat und ein Vertreter des Ortsgerichts. Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) untermauerte den Fakt, dass bei der geplanten Sanierung der Taunushallenbetrieb größtenteils weiterlaufen könne. Ein Großteil der Sanierung fände außen an der Fassade (Wärmedämmung) statt. Der Austausch der Leuchtmittel oder der Einbau neuer Fenster könne in der Ferienzeit stattfinden.

Unter den Bürgern jedoch waren auch einige Stimmen mehr – unter anderem die der ehemaligen Ortsvorsteherin von Schönberg, Barbara Gottschalk und einer neu hinzugezogenen Bürgerin, einer ehemaligen Stadträtin aus Baden-Württemberg – die davor warnten, an dieser Stelle keine übereilten Entscheidungen für die Sanierung und damit gegen einen Neubau oder umgekehrt zu beschließen, sondern zunächst einmal – die Stadtentwicklung von Schönberg vor Augen – ein Nutzungskonzept für diesen Standort zu erarbeiten. „Tut langsam“, empfahl sie, „holt alle in ein Boot und redet darüber.“ Auch die Stadt sollte hier nicht mit ihrem Renovierungswunsch vorpreschen. Erst wenn ein ordentliches Nutzungskonzept, abgestimmt auf die Bedürfnisse des Ortsteils, vorliege, könne man dies mit dem vorliegenden Konzept einer Sanierung und Aufstockung vergleichen und sehen, was dem Ortsteil für die Zukunft den meisten Mehrwert bringt.

Grüne wollen erst die Nutzung klären

Die Grünen, die über das Thema Taunushalle bei ihrem alljährlichen Heringshessen diskutierten, halten hier „rationales Planungshandeln für unabdingbar“: „Zuerst muss es einen kommunalpolitischen Konsens darüber geben, welche Funktionen am Standort mitten in Schönberg sinnvollerweise angeboten werden sollten“, meint der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, „und erst dann kann man darüber entscheiden, ob das mit dem vorhandenen Gebäude nach einer energetischen Sanierung machbar ist oder ob ein Abriss mit anschließendem Neubau sinnvoller wäre.“ Für einen Schildbürgerstreich jedenfalls hält sie, das ziemlich verwinkelte Gebäude erstmal kostspielig zu sanieren, um dann staunend davor zu stehen und zu fragen: „Jetzt haben wir das schöne Haus – was wollen wir denn damit machen?“

Vorrang für die Grünen hat die Nutzung der Sporthalle für die Schüler der benachbarten Viktoria-Schule und für die in Vereinen organisierten Sportler. Angesichts der erwartbaren wachsenden Einwohnerzahlen im Rhein-Main-Gebiet wäre es Sache des Hochtaunuskreises, als Schulträger darüber nachzudenken, ob ein Mehrbedarf an Räumen für diese Grundschule absehbar sei, finden die Grünen. „Sollte sich ein solcher Bedarf abzeichnen, könnte es sinnvoll sein, das Gebäude an den Kreis zu verkaufen, damit entsprechende Flächen genutzt werden könnten. Das schließe nicht aus, dass die Stadt ihrerseits Räume anmietet.“

Weitgehende Übereinstimmung gab es bei den Grünen, dass ein Bürgerhaus, wie es vor Jahrzehnten fast überall gebaut wurde, in Schönberg keine Zukunft habe. Kegeln als Sport werde zum Beispiel heute in ganz anderem Rahmen angeboten. Und es passe auch nicht mehr in die Zeit, dass die Stadt sich um die Gaststättenverpachtung kümmert. Das regele der Markt deutlich besser, so die einhellige Meinung.

KfB und FDP wollen sanieren

KfB als auch die FDP haben bereits signalisiert, dass sie der Magistratsentscheidung, die Taunushalle zu sanieren, folgen wollen. „Wir halten einen Neubau nicht für sinnvoll, weil angesichts der guten Bausubstanz Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stehen und auch die Auslagerung der Schul- und Vereinsaktivitäten unzumutbaren Aufwand verursachen würde“, so die Co-KfB-Fraktionsvorsitzende Dr. Heide-Margaret Esen-Baur dazu. Das sieht die FDP ähnlich: „So kann insbesondere der Schulsport und das Vereinsleben in der Taunushalle ohne große Beeinträchtigung weitergehen. Das ist uns und vielen Bürgern wichtig, da Schule und Vereine die Hauptnutzer sind“, erklärt der Vorsitzende der Kronberger FDP, Holger Grupe.

Bürgermeister hält Sorgen für berechtigt

Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) favorisiert ebenfalls die Sanierung. „Wie auch der Architekt Klaus Grabowski im Rahmen der CDU-Veranstaltung bemerkt hat, die Taunushalle ist baulich von der Basis stabil, man kann sie gut sanieren.“ Beim Neubau wäre jedoch zu fragen, ob man am Ende nicht für einen Kostenfaktor 1:3 das Gleiche erhält. Auch die Sorgen und Nöte der TSG sind für den Bürgermeister berechtigt, wenn man von einer Bauzeit von zwei Jahren ausgeht. „Und mir fehlt ehrlich gesagt auch die Fantasie, wo Notzelte, wie von Max-Werner Kahl beschrieben, aufgestellt werden könnten.“

Heute, Donnerstag, wird die Vorlage um 19.30 Uhr im Rahmen der Stadtparlamentssitzung im Rathaussaal diskutiert und vermutlich auch darüber abgestimmt.



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