Leserbrief

Aktuell

Unser Leser Reinfried Vogler, Höhenstraße, Schönberg, schreibt zum Thema Bahnhofsgeländebebauung Folgendes: War schon der Schock und das Entsetzen groß, als mit einer Schnelligkeit, die in Kronberg normalerweise nicht alltäglich ist (zum Beispiel Gestaltung des Umfeldes in Schönberg an der Kirche), der schöne grüne Eingangsrahmen um den Bahnhof dem totalen Kahlschlag zum Opfer fiel, so wird mit dem Fortschritt der Erdarbeiten das ganze Ausmaß des hier geplanten menschenfeindlichen Gigantomanismus immer deutlicher.

So wird sichtbar, dass das Areal bis zum letztmöglichen Zipfel zugebaut wird. An der Straße zum Schillerweiher und an der Bahnhofstraße jeweils bis fast zu den Straßenrändern, weshalb natürlich weder für die Bäume an der Straße, noch die alte Kastanie noch den seltenen Mammutbaum auf dem Anschlussstück des Stadtparks noch Platz war. Und am Bahnhof reicht die Baugrube fast an das Ende der Gleise – von einem Bahnhofplatz keine Spur, noch nicht einmal ein Bahnhofs-“plätzchen“.Und weil der Platz für die Investoren immer noch nicht groß genug ist, wird Ausgleich in die Höhe geschaffen (wie im kleinen am Berliner Platz getestet). Hier hilft den Planern die Klassifizierung in Sockel-, Normal- und Staffelgeschoss, womit man bei zwei Normalgeschossen dann doch auf vier Etagen kommt (zuzüglich Tiefgeschoss). In der Höhe liegt das dann bei 16 Metern oder 13 Metern, was sich ja immer noch bescheiden ausnimmt gegenüber manchen Häusern in Frankfurt oder Eschborn. Aber misst man die bescheidenen 16 Meter an den zur Zeit gegenüber dem Bahnhof stehenden Baucontainern mit ihren gut fünf Metern Höhe, so wird das dort geplante Gewerbegebäude mehr als drei mal so hoch. Für Grünflächen oder Bäume verbleibt bei dem sich dort abzeichnenden Häusergebirge kein oder kaum Platz. Eine so dichte Bebauung kann wohl nur möglich sein, wenn alle denkbaren Schlupflöcher oder Ausnahmeregelungen kumuliert zur Anwendung kommen. Dieses Muster eines „Neuen Kronberg“ (in Fortsetzung des kleinen Vorbilds Berliner Platz, Randbebauung Kreuzäcker Gärten, und anderen mehr) wird dann wohl auch Vorbild für die Wohnbebauung auf dem jetzigen provisorischen Parkplatz. Zur Erinnerung: die ersten Planungen dort gingen von Einfamilienreihenhäusern aus! Die auf diesem Gelände bis zur Schranke stehenden Bäume werden wohl auch fallen müssen und um den Baumstreifen zur Ludwig Sauer Straße wird wohl noch gestritten, aber es ginge doch nicht mit rechten Dingen zu, wenn es den Planern nicht gelänge auch dieses Grün auszuradieren. Für Beschattung werden die Bäume ja nicht mehr gebraucht, dafür sorgen ja die mehrgeschossigen Wohnhäuser.

Zur Abrundung und Krönung des Projektes um den Bahnhof gilt es jetzt nur noch die letzte in diesem Quartier noch bestehende grüne Insel zu beseitigen. Die Schillergärten. Anstatt des Grün werden sich dort mehrgeschossige Bauten vom Typ „Kronberger Kiste“ (Sockelgeschoss, zwei Hauptgeschosse, Staffelgeschoss) breit machen. Wenn man hoch genug baut, kann man sogar bis in die Mainebene und nach Frankfurt blicken.

Leider ist das bisher gesagte weder Schwarzmalerei, noch ein verspäteter Faschigsscherz. Es ist traurige Realität, deren Traurigkeit man nur mir Sarkasmus und Galgenhumor ertragen kann. Dass diese Realität besteht, kann man sich nur damit erklären, dass die Entscheidungsträger – die ja die Interessen und das Wohl der Kronberger Bürger und ihrer Stadt anvertraut bekommen haben, sich von dem Ausmaß dieser Gigantomanie kein umfassendes Bild machen konnten oder wollten. Ein Blick nach Bad Homburg oder Oberursel allein hätte gezeigt, wie man ein Bahnhofsumfeld neu gestalten kann. In der Schweiz muss jeder Bauherr mit einem Gerüst die Dimension eines geplanten Neubaues für jedermann deutlich machen. Ich bin überzeugt, dass eine solche Visualisierung auch in Kronberg so manche Entscheidung verändert und leichter gemacht hätte. Dass die Bürger sich auch in Kronberg für die Entwicklung ihrer Stadt interessieren ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden. Wer mit Bauen zu tun hat – auch mit Großprojekten – weiß, dass die Interessen von Investoren und zum Teil auch von Architekten nicht immer identisch mit den Interessen des Bauherren oder der Kommune sein müssen. Und wenn Investoren wirklich bauen wollen, dann tun sie das meist auch eine oder zwei Nummern kleiner. In Kronberg scheint es umgekehrt zu sein. Sowohl am Berliner Platz, als auch am Bahnhof, waren die Projekte immer am Ende deutlich größer als am Beginn der Planung.

Leider ist am Bahnhof im jetzigen Abschnitt sicher vieles nicht mehr reversibel, bei gutem Willen doch noch Einiges, aber bei der weiteren Planung der Wohnbebauung und in den Schillergärten könnte noch vieles zur Rettung des Charakters dieser Stadt unternommen werden. Jeder, der in und für dieses Gemeinwesen Verantwortung trägt, kann noch aktiv werden.



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