Schönberg (mw/kb) – „Unsere Kirche in Deutschland ist kein Provisorium, sondern das leuchtende Beispiel einer gelungenen Integration“, freute sich in Schönberg Bitsu Abune Mussé, der Erzbischof der äthiopisch-orthodoxen Kirche für Süd-, West-, und Osteuropa zur Einweihung der äthiopisch-orthodoxen Gemeinde in Schönberg. Die Schönberger Bürger, die zufällig vorbeikamen und einen Blick in die überfüllte St. Alban-Kirche wagten, wähnten sich inmitten einer gänzlich fremden Kultur, und doch beruht der Glaube – das orthodoxe Christentum – auf denselben Schriften. Zunächst jedoch verstanden die Schönberger nicht viel, denn die Begrüßung und Gebete werden zu Beginn in der Amtssprache Äthiopiens, in Amharisch, vorgetragen. Ungewohnt, aber wunderschön feierlich wirkten die vielen teilnehmenden Frauen, Männer, Kinder und Jugendlichen, die alle aus Ehrfurcht vor Gott das Gotteshaus ohne Schuhe in weiße Festgewänder gehüllt betreten hatten und nun eng an eng in den Bänken, auf dem Boden und auf der Empore saßen. Die römisch-katholische Kirchengemeinde St. Alban stellt bereits länger regelmäßig ihr Kirchengebäude für die liturgischen Gottesdienste der äthiopischen Kirche zur Verfügung. Aber dieser Gottesdienst war ein ganz besonderer, denn wie der Erzbischof verriet, ist mit der Gründung einer eigenen Kirchengemeinde ein weiter wichtiger Schritt vollzogen worden, ein langer Weg liegt hinter den Verantwortlichen, auf dem auch einige Kompromisse eingegangen werden mussten. Nun aber war die Freude groß bei allen Gemeindemitgliedern und Kirchenvertretern beider Konfessionen. „Wir freuen uns, dass wir jetzt hier in Kronberg die Chance haben in einer christlichen Gemeinde zusammenzuwachsen“, betonte er. In seiner Predigt erinnerte er an die große Hungersnot, die Äthiopien bedroht. „Die Not Äthiopiens ist auch unsere Not, auch wenn wir hier Essen, Trinken und Kleidung haben, das Leid unserer Landsleute ist auch unser Leid.“ Für die überall anzutreffende Unterstützung römisch-katholischer- und evangelischer Kirchen ist die äthiopisch-orthodoxe Kirche sehr dankbar. Bitsu Abune Mussé hatte zu der Feier eine Nachbildung (äth. „Tabot“), der sich laut kirchlicher Tradition in Äthiopien befindlichen Bundeslade von Mose aus Äthiopien mitgebracht, ohne die kein äthiopischer Gottesdienst stattfinden kann. Die aus ganz Deutschland schon am Freitag und Samstag angereisten äthiopischen Christen wurden Zeugen und Teilnehmer der erzbischöflichen Einweihung ihrer neuen Kirche nach einer mehrstündigen äthiopischen Nachtvesper. Nach der auf die Einweihung folgende orthodoxe Liturgie, fand eine farbenprächtige und durch die Priester geleitete „Tabot-Prozession“ innerhalb der Kirche statt, einhergehend mit dem lebendigen und durch Trommeln und Klatschen begleiteten Gesang der Gläubigen, der einen bleibenden Eindruck bei den Schönbergern hinterließ. Zum Abschluss der kirchlichen Veranstaltung, richteten Vertreter der katholischen St. Alban-Gemeinde und der evangelischen Kirche ökumenische Grußworte an Würdenträger und Gemeinde, die mit freudigem Beifall aufgenommen wurden. Die St. Alban-Gemeinde feiert in naher Zukunft ihr 250-jähriges Jubiläum. Das Aufnehmen der äthiopischen Gemeinde wird als Zeichen deutscher Willkommenskultur und christlicher Nächstenliebe empfunden. Der neue Gemeindepriester Melake Sebhat Tekle Sirak übernimmt neben einer äthiopischen Kirche in Karlsruhe bereits die Leitfunktion einer zweiten Kirchengemeinde. Mit der Gemeinde in Kronberg gibt es nun dreizehn äthiopisch-orthodoxe Kirchengemeinden in Deutschland. Gemeindemitglied Max-Werner Kahl, der den Versammelten kurz erläuterte, dass sie sich nun mit ihrer Gemeinde in einer Barock-Rokoko Kirche befinden, die somit auch schon einen längere Geschichte hat, stellte spontan fest: „Sie sind mit ihrer Gemeinde hier in dieser Bauernkirche angekommen, das spürt man!“ Der Kontakt mit der äthiopischen Gemeinde geht auf Kahl zurück, denn seine Flüge nach Tansania zu dem Hilfsprojekt hatte er immer bei einer äthiopischen Airline gebucht, wie er den Gästen verriet und dabei eine Mitarbeiterin kennengelernt, die ihn dann viel später einmal fragte, ob er nicht eine Halle wüsste, in der die Gemeinde auch ihren Gottesdienst feiern könne.
Für Schönberg sieht er die neue Gemeinde als große Chance für den Ortsteil, denn um einen Ortsteil zu beleben, brauche es nun einmal Menschen. Außerdem sei es eine Vorbildfunktion von gelebter Integration, gerade in Zeiten, wo schon viele Eriträer – die äthiopish-orthodoxe Gemeinde unterscheidet nicht zwischen ihnen und Äthiopiern – in Deutschland, einige von ihnen auch in Kronberg, wohnten.