Mitbegründer der Kronberger Christdemokraten Paul Wolf wird 95

Paul Wolf am Arm von Felicitas Hüsing mit Reinhard Bardtke (links hinten) und Andreas Knoche Foto: Archiv/ Westenberger

Kronberg (pu) – Heute vor exakt 95 Jahren, am 8. Dezember 1921, erblickte im Hellhof am Fuße der Burg der spätere Christdemokrat Paul Wolf das Licht der Welt.

Seine Lehrzeit fürs Leben und die Politik begann durch die Zeitereignisse in der Weimarer Republik sowie in der Nazi-Diktatur und durch seine am katholischen Glauben ausgerichtete Familie praktisch von Anfang an. Trotz der nach dem Ersten Weltkrieg folgenden wirtschaftlichen Misere mit Inflation und Weltwirtschaftskrise mit Millionen Arbeitslosen im Reich verlebte der Kronberger Bub anfangs eine frohe Jugendzeit als Mitglied der Katholischen Jugend in der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul. Das änderte sich schlagartig ab 1933 vor allem durch zahlreiche Vernehmungen durch die Geheimpolizei des NS-Regimes und Observierungen. Protokolle davon existieren noch heute im Stadtarchiv. Seinem Charakter entsprechend blieb Paul Wolf eisern seiner christlichen Überzeugung treu und verweigerte eine Mitgliedschaft in der Hitler-Jugend.

Nach dem Besuch der örtlichen Realschule sowie anschließend der Ober-Realschule in Oberursel begann er 1938 eine Lehre zum Kaufmann, die er drei Jahre später vorzeitig mit der Kaufmannsgehilfen-Prüfung beendete wegen des vorliegenden Einberufungsbefehls zur Wehrmacht. Als sogenannter Kradmelder kam er in Russland zum Einsatz, bis er im eisigen Winter, am 12. Dezember 1941, vor Moskau schwere Verwundungen erlitt, die mehrere Lazarett-Aufenthalte in Deutschland erforderlich machten.

Zwei Jahre später lernte er in der Stabsstelle in Berlin seine Frau Anne kennen, die als Zivilangestellte von ihrer Heimatstadt Zwickau in Sachsen abgeordnet in der Reichshauptstadt arbeitete. Den Zusammenbruch des Dritten Reichs im Mai 1945 erlebte Paul Wolf in der sogenannten „Alpen-Festung“, ihm ist die damalige Situation noch lebhaft vor Augen. „Es herrschte das totale Chaos in Deutschland, zerbombte Städte, ein ausgepowertes Land, Millionen Deutsche unterwegs, ehemalige KZ-Häftlinge, entlassene Soldaten, Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten, gewesene Zwangsarbeiter, Besatzungssoldaten.“

Frankfurt war stark zerstört. „Die Reisen nach Düsseldorf zur ‚Glashütte Gerresheim‘, meiner zukünftigen Kooperationspartnerin, und zurück, gestalteten sich überaus schwierig wegen der Zoneneinteilung – Kronberg in der amerikanischen Besatzungszone, Düsseldorf in der englischen. Die Reiseziele konnten nur mit sehr großer Mühe erreicht werden. Ich fuhr in leeren Kohlenzügen oder auf Waggonspuffern zu ersten Kontaktaufnahmen, wie sich später zeigte, mit Erfolg“, schildert er die damaligen Umstände. Mit seiner in Zwickau geehelichten Ehefrau Anne, Tochter Monika und Sohn Paul, erlebte er in Kronberg den damals typischen Alltag der schwierigen Nachkriegszeit mit Gemüseanbau im eigenen Garten, Lebensmittelmarken und Schwarzhandel. Dennoch gelang ihm zusammen mit seiner Geschäftspartnerin, der Glashütte Gerresheim in Düsseldorf, der Aufbau seines Unternehmens am Bahnhof.

Politisches Engagement

Durch seinen Vater geprägt, der vor 1933 für das Zentrum (Partei von katholischen Bürgern) Abgeordneter im Stadtparlament war, war in Paul Wolf das Interesse an Politik früh geweckt. Noch zu Zeiten der Weimarer Republik nahm ihn sein Vater zu einer Veranstaltung mit Reichskanzler Heinrich Brüning ins Frankfurter Schumann-Theater mit. „Mir war mein politischer Weg vorgezeichnet. Kurz vor Jahresschluss am 1. Dezember 1945 traten mein Vater und ich in die Christlich Demokratische Union Deutschlands ein“, blickt der 95-Jährige zurück. Wenig später gehörte er am 27. Dezember 1945 zu den 41 Unterzeichnern des Gründungsprotokolls der CDU Kronberg. „Für den Aufbau der Demokratie an der Basis wurde ich als einziger Hesse 2005 durch die Vorsitzende Angela Merkel geehrt.“ Von den ersten Stunden der örtlichen CDU an bekleidete er 23 Jahre lang das wichtige Amt des Schatzmeisters im Vorstand. Auch beim Hochtaunuskreis kümmerte er sich bis 1988 um die finanziellen Belange, danach auch in der Senioren-Union Kronberg, der er von Anfang angehörte. „Sie haben als Mann der ersten Stunde für die Kronberger CDU große Verdienste durch Ihre solide, verlässliche Arbeit erworben“, hatte vor gut einem Jahr die stellvertretende CDU-Stadtverbandsvorsitzende Felicitas Hüsing Wolfs mittlerweile über 70-jährige aktive Mitarbeit bei den Christdemokraten gewürdigt. „Nur wer diesen Dienst selbst einmal zeitweise übernommen hat, kann ermessen und beurteilen, welchen Einsatz Paul Wolf in Sachen Finanzen über Jahrzehnte für die Partei in Stadt- und Kreisverband geleistet hat. Er verdient sehr hohe Anerkennung für diese Arbeit im Hintergrund, notwendig und unverzichtbar für die Effektivität seiner CDU“, so CDU-Beisitzer Alfred Olbricht. Wolf habe dafür gesorgt, dass Beiträge und Spenden eingingen und darüber gewacht, dass das Geld sparsam ausgegeben wurde. „Viel Kleinarbeit, gute Nerven und Durchsetzungsfähigkeit im Zusammenwirken mit den über die Jahre unterschiedlichen Persönlichkeiten an der Spitze der CDU in Kronberg und im Landkreis Obertaunus, später Hochtaunus waren dazu erforderlich.“

Begegnungen

Der engagierte junge Kronberger erlebte viele bedeutende Politiker persönlich. 1945 weilte der ehemalige KZ-Häftling Werner Hilpert, in der ersten Nachkriegszeit Vorsitzender der CDU Hessen und stellvertretender Ministerpräsident in Hessen in den Kabinetten Stock und Geiler als Gast bei Familie Wolf in Kronberg. Konrad Adenauer begegnete er an einem kleinen „runden Tisch“ beim Königsteiner Bürgermeister Fassbender, einem langjährigen Freund des späteren ersten Bundeskanzlers. Ebenfalls in der Nachbargemeinde lernte er den ersten Verteidigungsminister Theodor Blank im Haus von Dr. Amelung kennen. Auf Wahlkampf-Tour chauffierte Paul Wolf im eigenen Auto Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger durch den Taunus. Franz-Josef Strauß als temperamentvollen Redner erlebte er zusammen mit seiner Frau bei einer der Großveranstaltungen am Aschermittwoch in der Nibelungenhalle in Passau. Bei einer Sitzung des Kreisvorstands Obertaunus lernte er den damaligen CDU-Vorsitzenden und späteren Bundeskanzler Helmut Kohl bei dessen Referat „Meine Vorstellungen von der Zukunft der Christlich-Demokratischen Union“ kennen. Darüber hinaus erlebte er die CDU-Landesvorsitzenden in Hessen Wilhelm Fay, Alfred Dregger, Walter Wallmann, Manfred Kanther, Roland Koch und Volker Bouffier. Er persönlich nahm jedoch nie ein Mandat in der Kommunalpolitik an. „Die berufliche Arbeit hielt mich stets im Griff“, begründet er diese Entscheidung.

Leben mit den Nächsten und für die Nächsten

Paul Wolf war außerdem im Kirchenvorstand von St. Peter und Paul beim Aufbau der Diakonie der katholischen Kirche maßgeblich beteiligt. 25 Jahre dauerte seine Tätigkeit als Handelsrichter beim Landgericht Frankfurt.Seine inzwischen verstorbene Frau Anne hielt ihm stets den Rücken für all seine Aktivitäten frei. Vor allem seine beiden Kinder, zwei Enkel und vier Urenkel erfüllen und bereichern sein Leben. Seinen heutigen Ehrentag feiert er um 11 Uhr mit seiner Familie, Freunden und Bekannten in der Ratsstube in Schönberg.



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