Lebhafter Austausch zur wechselvollen Geschichte der Hoechst AG

CDU-Voritzende Annette Hogh und Vize Christoph Scharr (r.) hießen zur Tafelrunde den Hoechst-AG-Kenner Ulrich Boller willkommen. Foto: privat

Falkenstein (kw) – „In den letzten Wochen sind die Anmeldungen zur Königsteiner Tafelrunde so schnell angestiegen, dass wir schon die Befürchtung hatten, nicht alle Teilnehmer im Falkensteiner Bürgerhaus unterbringen zu können“, fasst Christoph Scharr, der als stellvertretende Vorsitzende der Königsteiner CDU die Tafelrunde organisiert, das Interesse an der jüngsten Veranstaltung der Vortragsreihe zusammen. Das lag gewiss auch am angekündigten Thema des Vortragsabends. „Zwischen IG Farben und Auflösung: Die Hoechst AG von 1951 bis 1999“ des Königsteiner Historikers und Journalisten Ulrich Boller traf auf reges Interesse sowohl bei Königsteiner als auch bei auswärtigen Gästen. Mehr als 50 Teilnehmer, darunter viele ehemalige Mitarbeiter der Hoechst AG, kamen auf Einladung der CDU nach Falkenstein, um sich gemeinsam mit dem Referenten über einen besonderen Abschnitt regionaler und auch deutscher Wirtschaftsgeschichte auszutauschen. Denn tausende Menschen standen in der „Rotfabrik“ in Lohn und Brot, viele als Glieder einer Generationenkette. Der familiäre Zusammenhalt war legendär und das Ende von starken Emotionen begleitet.

Begonnen habe die Nachkriegsgeschichte der „Rotfabrik“ mit einem „Geniestreich“, führte Boller aus. Das legendäre Logo mit Turm und Brücke erwies sich als unverwechselbares, einprägsames Erkennungszeichen des Unternehmens. Nach außen stand das Markenzeichen für Qualität, Fortschritt und Innovationskraft, nach innen wirkte es identitätsstiftend. Der frühere Werksredakteur bei der Mitarbeiterzeitschrift „Farben-Post“ beleuchtete die Entwicklung des Unternehmens, das 1952 als „Aschenputtel“ aus der entflochtenen IG Farben hervorging. Medikamente wie Lasix, der Kunststoff Hostalen und die Trevira-Kunstfasern trugen zum starken Wachstum im „Wirtschaftswunderland“ bei. Das „Zentrale Bildungswesen“ unter seinem Gründer und langjährigen Leiter Professor Rudolf Amthauer legte den Grundstein für eine hervorragend ausgebildete Belegschaft.

Sein Nachfolger Ulrich Gruber engagierte sich in Königstein im Magistrat und repräsentierte die Stadt als Parlamentsvorsteher. Prägende Gestalten wie Karl Winnacker, dessen geniale unternehmerische Leistungen ebenso zur Sprache kamen wie seine starke Nähe zur NS-Ideologie sowie seine Mitgliedschaft in NSDAP und SA, seine Nachfolger Rolf Sammet und Wolfgang Hilger, dazu der Ende Januar dieses Jahres verstorbene frühere Personalvorstand Erhard Bouillon porträtierte Boller in ihren wichtigsten Facetten. Zu den Höhepunkten der gut fünf Jahrzehnte zählten zwei dreistellige Jubiläen. Das Ende leitete das „Annus horribilis“ 1993 ein: Dem „Rosenmontagsstörfall“ im Werk Griesheim, begleitet von einer völlig missglückten Krisenkommunikation, folgten weitere Unfälle und Betriebsstörungen, aufgedeckt wurde ein millionenschwerer interner Betrugsfall. Das Image von Hoechst war heftig ramponiert.

Kaufmann folgte auf Fachmann

„Auf den Fachmann Hilger folgte der Kaufmann Dormann, am Ende gab es die Firma nicht mehr“, zog der Zeitzeuge und Geschichtswissenschaftler eine wenig schmeichelhafte Bilanz des letzten Vorstandsvorsitzenden. Dass der Name Hoechst 1999 von der Bildfläche verschwand, erregt noch heute die Gemüter. Den festen Zusammenhalt der Rotfabriker, die beinahe familiäre Atmosphäre der Zusammenarbeit hatte der Referent eingangs einen nicht zu unterschätzenden Wert für den Erfolg des Unternehmens genannt. Bei Dormann fiel das abfällig unter die Rubrik „Sozialklimbim“.

Nachdem bereits während des Vortrags ein lebhafter Austausch stattgefunden hatte, nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, auch nach dem Vortrag noch Fragen zu stellen und sich mit Boller auch über persönliche Erfahrungen auszutauschen. „Das war ein sehr fundierter und lebendiger Vortrag, bei dem es nicht einen Moment langweilig wurde“, bedankte sich Scharr bei dem Vortragenden. Die anwesenden Gäste ermutigte er dazu, auch eine Geschichte auf der Königsteiner Tafelrunde vorzustellen, sei es aus der Wirtschaft, Kunst, Kultur, Sport oder sozusagen „eine Geschichte aus der Geschichte“. Interessenten, die auf einer der nächsten Veranstaltungen vortragen möchten, können sich unter christoph.scharr[at]cdu-koenigstein[dot]de melden.

Die Tafelrunde wird von der Königsteiner CDU veranstaltet und soll Menschen in einer zwanglosen Umgebung an einem Tisch zusammenbringen, um sich über „Geschichten aus dem Leben“ auszutauschen. „Wir wollten bewusst eine unkomplizierte und unpolitische Veranstaltung ins Leben rufen, auf der die Menschen in Königstein miteinander ins Gespräch kommen und sich über Geschichten austauschen können, die sie in ihrem Leben bewegt haben“, so die Parteivorsitzende Annette Hogh. Und weiter: „Mit dem bisherigen Erfolg der Königsteiner Tafelrunde sehen wir, dass wir dabei ins Schwarze getroffen haben. Die Veranstaltungsreihe wird sehr gut angenommen.“

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