Auf Spurensuche kirchlichen Lebens

Für zwei Tage kehrte die Gruppe zum Klassentreffen in die Burgenstadt zurück.
Foto: privat

Königstein (kw) – Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden acht Millionen deutsche Katholiken aus ihrer Heimat Danzig, Ost- und Westpreußen, Schlesien, dem Sudetenland, Ungarn und weiteren Gebieten im Südosten Europas vertrieben. Es ist weithin bekannt, dass ab Juli 1946 die ehemaligen Königsteiner Kasernen am Rande der heutigen Bischof-Kaller-Straße zum Zufluchtsort für Priester, Theologiestudenten und heimatlos gewordene Jungens ohne Schulabschluss wurden. Schnell entwickelte sich das Albertus-Magnus-Kolleg mit seinen verschiedenen Einrichtungen zum Zentrum der katholischen Vertriebenenseelsorge und damit zur Keimzelle des Neubeginns.

Eine dieser Keimzellen sollte die Ostern 1947 eröffnete St.-Albert-Schule, ein Realgymnasium mit gymnasialem Nebenzweig und angegliedertem Konvikt, werden. Bereits im Mai 1947 legten 18 Abiturienten, sie hatten ab November 1946 einen vorbereitenden Lehrgang besucht, die Reifeprüfung ab. Heute ist es kaum noch vorstellbar, unter welch spartanischen Bedingungen und Entbehrungen Lehrer wie Schüler in den ersten Jahren zusammenlebten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass am 15. November 1966, am Fest des heiligen Albertus Magnus, die neu erbaute Bischof-Neumann-Schule geweiht wurde und ihren Lehrbetrieb aufnahm.

1957 legte eine Reihe von Schülern, die in den Jahren zwischen 1948 und 1950 in die St.-Albert-Schule aufgenommen wurden, erfolgreich ihr Abitur ab. Nun kehrten sie kürzlich gemeinsam mit ihrem Klassensprecher Peter Langenecker für zwei Tage zum Klassentreffen nach Königstein zurück. Ihr Wunsch war es, über Königstein und das kirchliche Leben der Stadt in Vergangenheit und Gegenwart mehr als das zu erfahren, was sie während ihrer Schulzeit nur am Rande mitbekommen hatten. Einer der Mitschüler, Johannes Walter, sprach Manfred Colloseus, den Vorsitzenden der Kolpingfamilie, an und bat ihn, mit der Gruppe auf Spurensuche kirchlichen Lebens in Königstein zu gehen. Dieser Bitte kam Colloseus als Kenner seiner Stadt und der katholischen Vertriebenenseelsorge gerne nach.

Beim gemeinsamen kirchenhistorischen Stadtspaziergang informierte Colloseus die Gruppe über die kirchengeschichtliche Entwicklung der letzten 800 Jahre, insbesondere zur Zeit der Reformation und Gegenreformation. Besonderes Interesse bestand an der Schilderung des Wirkens der Kugelherren und Kapuziner. Am ehemaligen Amtshaus der Kurfürsten von Mainz, der späteren von Herzog Adolph von Nassau zum „Luxemburger Schloss“ umgebauten Sommerresidenz und heutigem Sitz des Königsteiner Amtsgerichtes, erhielten die Teilnehmer Eindrücke über die Entwicklung der evangelischen Kirchengemeinde. Interesse fand die am 16. September 1888 geweihte Immanuel Kirche mit Adelheid-Stift und Pfarrhaus. Jüdisches Leben über die Jahrhunderte hinweg skizzierte Colloseus am Modell der ehemaligen Synagoge im Kurpark und an der früheren Mikwe beziehungsweise dem Ritualbad in der Gerichtsstraße. Erläuterungen zur Vergangenheit des Krankenhauses St. Josef, des Klosters der Ursulinen und der St. Angela- Schule rundeten den Spaziergang ab.

Nach dem Besuch der Gräber von Bischof Maximilian Kaller, Weihbischof Dr. Adolf Kindermann und des letzten Guardians (Vorsteher) des Kapuzinerklosters, Pater Servatius Therbu, auf dem Kirchhof von St. Marien und der Führung durch das Gotteshaus endete die Begegnung mit Königsteins Geschichte.



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