Neve Shalom-Wahat al Salam: Ein Friedensdorf im Nah-Ost- Konflikt

Die Schülerinnen und Schüler tauschten sich aus mit zwei jungen Menschen, die je auf der anderen Seite des Zauns im Nahost-Konflikt stehen.

Königstein (el) – Ein ganz besonderes Trialogtreffen an der St. Angela-Schule: 65 Schüler/innen und acht Lehrkräfte aus den drei Trialogschulen (Lichtigfeldschule, Werner-von-Siemens-Schule und St. Angela-Schule) warten gespannt im Bistro der St. Angela-Schule in Königstein. Beamer und Leinwand sind aufgebaut, die großen Fensterscheiben durch blaue Tücher verdunkelt, da kommen sie: Unsere Referenten aus Israel. Esam Hisjazi und Eden Ben Shabat, sie sind beide 21 Jahre alt und beste Freunde. Das spürt man, immer wieder. Esam ist Palästinenser, Eden Jude. Sie leben beide in Israel, wo Freundschaften zwischen Juden und Moslems selten sind.

Anschaulich und mit Leidenschaft erzählen sie von ihrem Dorf des Friedens, das mitten in Israel, zwischen Tel Aviv und Jerusalem liegt. Im Kindergarten, mit sechs Jahren, begann ihre Freundschaft und hält bis heute. Mit Begeisterung berichten sie von ihrer glücklichen Kindheit in einem Dorf, in dem jüdische und palästinensische Familien miteinander leben, arbeiten, lernen und beten. „Es war ein Leben wie in einer Seifenblase, eine heile Welt, die erst zerplatzte, als ich auf die weiterführende Schule außerhalb unseres Dorfes wechseln musste. Da bemerkte ich erst, wie viele Vorurteile, wie viel Hass es zwischen Juden und Palästinensern gab“, erzählt Esam. Eden ergänzt: „Wir haben schon als Kinder gelernt, den Menschen zu sehen, ohne Filter. Das ist eine Grundlage, die uns unser ganzes Leben lang prägen wird. Gleichzeitig haben wir gelernt, wie man auch schwierige Gespräche führen kann, ohne zu verletzen, Fragen zu stellen, statt überzeugen zu wollen.“

Sehr ernsthaft werden die beiden, als sie von der großen Bewährungsprobe ihrer Freundschaft sprechen: Im Jahr 2012 begann Eden seine dreijährige Dienstzeit in der israelischen Armee. Eine Verweigerung hätte Gefängnis bedeutet. Esam lehnt Militär entschieden ab. Beide verstehen sich als „Kinder des Friedens“. Wie kann man da gleichzeitig gegeneinander kämpfen? „Wir haben sehr viel miteinander gesprochen, wir haben einander nach und nach besser verstanden. Unsere Freundschaft ist dadurch noch intensiver geworden“, erzählt Esam.

Im Dorf kommt es auch zu diesen Diskussionen, Probleme werden nicht ausgespart, sondern miteinander gelöst. So werden alle Feiertage, die religiösen, aber auch die nationalen, miteinander gefeiert. Schwierig sind die Feiertage, die für die eine Seite einen Sieg und für die andere Seite eine Niederlage bedeuten. Sie feiern sie trotzdem, gemeinsam.

Die Religion ist es, die sie verbindet, die ihnen Kraft dafür gibt. Im Dorf gibt es als Gotteshaus einen Ort der Stille: Ein runder Kuppelbau, ohne Ecken zum Verstecken, mit viel Licht und Glas und Blick in die Landschaft Israels.

Das Dorf liegt auf einem Hügel. Von dort aus hat man einen weiten Blick: Oft sehen sie in der Ferne, aber doch nicht weit weg, die Raketen vom Gazastreifen aus aufsteigen, aber auch niedergehen, und sie schauen dem Krieg zu.

Eden und Esam erzählen schnell, mitreißend. Kollegin und Übersetzerin Lina Herber muss viele Eindrücke, humorvolle Bemerkungen und Fakten in den kurzen Gesprächslücken übersetzen. Alle Zuhörer sind hoch konzentriert. Die Schülerinnen und Schüler stellen Fragen, selbst die Jüngeren trauen sich, Englisch zu sprechen.

Beim Mittagessen im Bistro wird weiter diskutiert. Auch die beiden Referenten, die am Morgen noch müde von der anstrengenden Reise waren, sind hellwach und nehmen noch an den abschließenden Diskussionen teil. Alle sind angeregt und angesteckt, als die beiden endlich nach Kiel über Hamburg aufbrechen, zu neuen Vorträgen.



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