Friedrichsdorf (fch). Wer Lust hat, regionale Autoren kennenzulernen, der ist bei Lesungen der 2008 gegründeten „Friedrichsdorfer Schreibwerkstatt kurzum“ richtig. Kürzlich gab es eine in Garniers Keller.
Entstanden ist die „Friedrichsdorfer Schreibwerkstatt kurzum“ aus einer 2007 angebotenen Sommerakademie von Harry Oberländer, der sie dann von 2008 bis 2013 leitete, gefolgt von Harry Hutt aus Marburg (2013–16) und Claudia Brendler (ab 2016). Sechs Kreative haben sich zu einem Verein zusammengeschlossen. Dieser ist der Musisch bildnerischen Werkstatt (Mbw) angegliedert. Die kurzum-Mitglieder nutzen die Mbw-Räume, sind aber in ihren Entscheidungen autark. Scheiben ist ein einsames Geschäft, aber der Austausch mit Gleichgesinnten kann befruchtend sein. Deshalb treffen sich die Autoren einmal im Monat, um den Kollegen ihre aktuellen Texte vorzulesen, die dann besprochen werden. Damit sich alle vorbereiten können, werden die Texte eine Woche zuvor an alle geschickt. „Die Autoren müssen kritikfähig sein. Unsere Treffen sind ein probates Mittel gegen Betriebsblindheit“, sagt Martina Weyreter, die mit Kristina Edel und Fritz Huth zu den Gründungsmitgliedern gehört. Weitere Mitglieder sind Sylta Purrnhagen, Marty Kaffanke-Fuchs und Walburga Müller. „Männer sind willkommen!“ Bei den Treffen hat der jeweilige Autor nach Besprechung und Kritik das letzte Wort, denn wer etwas schreibt, der öffnet sich, ist verletzlich, auch wenn der Text nicht autobiographisch ist.
Seit 2010 laden die Autoren Literatur- und Kulturliebhaber einmal jährlich zu Lesungen in Garniers Keller ein. Kürzlich stand eine „Lesung mit Musik“ auf dem Programm. Die literarische Bandbreite reichte von Erzählungen und Kurzgeschichten über Miniaturen in Prosa und Lyrik bis zu Gedichten. Getreu der Devise „wo sich etwas reibt, entsteht Literatur“ hatten die Autoren ihre Bleistifte gespitzt oder in die Tasten gehauen, um ihre Gedanken, Fantasien, Einfälle und Erlebnisse auf Papier zu bannen. Mit ihren Texten nahmen sie das Publikum mit auf Ausflüge von der Erde ins Reich der Fantasie und wieder zurück. Mal ernst, mal heiter, aber auch skurril schöpften sie aus dem Vollen, bedienten „vom Leben inspiriert und literarisch verdichtet“ unterschiedliche Vorlieben. Die musikalische Gestaltung und Moderation lag in den Händen der Schriftstellerin und Musikerin Claudia Brendler. Die promovierte Germanistin Kristina Edel aus Köppern, die bisher mehrere Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien, eine wissenschaftliche Monografie und zwei regionalhistorische Erzählungen veröffentlicht hat, stellte ihr Gedicht „Steine“ vor. Sylta Purrnhagen aus Rosbach-Rodheim, schreibt biografische Texte und fiktive Geschichten, hat im Selbstverlag das Buch „Geh aus mein Herz...“ publiziert. In diesem Jahr erscheint ein weiteres Buch mit Geschichten aus ihrem Leben. In Garniers Keller las sie die Kurzgeschichten „Warten auf Godot“ und „Eiskalt“ vor. Mit „Hochzeitswein“ und der Frage „Wo steht der Mensch in der Gesellschaft?“ fesselte Walburga Müller aus Köppern das Auditorium. In ihrer Erzählung „Du bist nicht 21“ nimmt die Frankfurterin Martina Weyreter ihre Leser mit nach Armenien. In ihrer mit einer kräftigen Prise Humor gewürzten, nicht alltäglichen Liebesgeschichte geht es um Schein und Sein, große Gefühle und Erwartungen.
Fotos nutzen die Autoren gern als Inspirationsquelle für ihre Werke. Martina Weyreter hat bereits Kurzgeschichten, aber noch nicht ihren fertig gestellten Roman, veröffentlicht. Walburga Müller und Martina Weyreter gehören zu den Preisträgern des Stockstädter Literaturwettbewerbes.
Anschaulich, nachdenklich und philosophisch zugleich, schildert der evangelische Pfarrer im Ruhestand, Dr. Fritz Huth, in „Eine Annonce und die Folgen“, die Auswirkungen von Kontaktanzeigen auf die Partnersuche. Der Protagonist der Geschichte, ein einsamer Mann, erhält 20 Antworten auf seine Kontaktanzeige, was für sich allein genommen bereits eine Herausforderung ist. Mit „Der Weihnachtshut“ endete die Lesung. Autorin Marty Kaffanke-Fuchs ist 2010 zur Schreibwerkstatt gekommen, „weil ich eine umfangreiche, 600 Seiten starke, mit vielen Fotos und Abbildungen bestückte Chronik über die Vertreibung und Flucht meiner Familie 1945 aus Oberschlesien, verfasste. Mein Ziel war es konstruktive Kritik zu erhalten und mich in meinem Schreiben zu verbessern.“