Augustinum lud zum Vortrag „300 Jahre Immanuel Kant“

Neuenhain (nd) - Am vergangenen Donnerstag lud das Augustinum in Neuenhain zum Vortrag „300 Jahre Immanuel Kant“. Der Vortrag wurde im Theater der Seniorenresidenz von Privatdozentin Dr. Helke Panknin-Schappert gehalten. Dr. Panknin-Schappert ist Dozentin der Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Dozentin in der Erwachsenenbildung an der Goethe-Universität Frankfurt. Des Weiteren gibt sie regelmäßig philosophische Cafés an der VHS in Bingen und ist als Autorin im Buchner Verlag tätig. Zusätzlich unterrichtet sie Strafgefangene in der Jugendvollzugsanstalt Wiesbaden.

Immanuel Kant – einer der bedeutendsten Philosophen der Neuzeit

Geboren wurde Immanuel Kant am 22. April 1724 im preußischen Königsberg, wo er am 12. Februar 1804 verstarb. Der Sohn eines Sattler- und Riemenmeisters wuchs in einem frommen, aber für Bildung offenen Elternhaus auf. Kant studierte Philosophie an der Albertus-Universität Königsberg; später wurde er Dozent und Direktor der Universität. Bis heute ist er in der Philosophie maßgebend, vor allem in den Bereichen Erkenntnistheorie und Metaphysik (Kritik der reinen Vernunft), der Ethik (Kritik der praktischen Vernunft) und der Ästhetik (Kritik der Urteilskraft).

Nicht nur Bewohner aus der Seniorenresidenz im Publikum

Im Theater des Augustinum hatten sich nicht nur Bewohner der Seniorenresidenz eingefunden, um dem Vortrag zu folgen, sondern auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger Bad Sodens, die nicht im Augustinum leben.

Dr. Panknin-Schappert ordnete Immanuel Kant zunächst in einen epochalen Kontext ein. Dieser lebte im absolutistischen Preußen während der Regentschaft Friedrich des II. Kant forderte damals einen republikanischen Staat und kritisierte damit den absolutistischen Herrscher. Mit großem Interesse verfolgte er die Französische Revolution, befürwortete allerdings eine langsame Reformation statt einer Revolution – alles im Zeitgeist der Aufklärung.

Den aufmerksamen Zuhörern erklärte Dr. Panknin-Schappert Kants drei Leitfragen der Philosophie – „Was kann ich wissen?“, „Was soll ich tun?“ und „Was darf ich hoffen?“. Diese waren für Immanuel Kant Fragen nach der Freiheit, der Existenz Gottes und der Unsterblichkeit der Seele.

Was kann ich wissen?

Die erste der Fragen stellte Kant in seinem Werk „Kritik der reinen Vernunft“ und beantwortete sie mit der „Erkenntnistheorie“. Dort verknüpfte er Wissen mit Erfahrung. Der Mensch wisse nur, was er durch seine Sinne wahrnehme. Ist sichere Erkenntnis überhaupt möglich? Was sind Wahrheit und Wirklichkeit? Diese Fragen könne der Mensch nicht erfassen. „Die Vernunft wird von Fragen belästigt, die man nicht beantworten kann – die Vernunft selbst muss der Kritik unterzogen werden“, erklärte Dr. Panknin-Schappert.

Was soll ich tun?

In der „Kritik der praktischen Vernunft“ stellte Kant diese Frage, welche er mit dem „Kategorischen Imperativ“ – also dem grundlegenden Prinzip moralischen Handelns – beantwortete. „Wir sollen die Maxime unseres Willens daraufhin überprüfen, ob sie verallgemeinert werden können“, so Dr. Helke Panknin-Schappert. Kant habe geglaubt, dass sich auch der „Bösewicht“ des guten Willens bewusst sei.

Was darf ich hoffen?

In der „Kritik der Urteilskraft“ stellte Kant schließlich die dritte Frage, die er explizit auf die Religion bezog. Durch Erfahrungen würde man feststellen, dass moralisches Handeln nicht automatisch zum Glück führe. Das Glück dürfe jedoch nicht Ursache des Handelns sein, sondern, nur wenn man sich an moralische Gebote halte, dürfe man überhaupt hoffen. Damit man Erfüllung finde, müsse man die Existenz Gottes und ein unsterbliches Leben anerkennen.

Zum Abschluss zeigte Dr. Panknin-Schappert das Bild „Kant und seine Tischgenossen“ von Emil Doerstling aus dem Jahre 1892. Immanuel Kant war als geselliger Mensch bekannt. Das höchste moralische Glück, fände man beispielsweise im gemeinsamen Mahl mit Freunden. Wenn der Mensch alleine sei, verfalle er in Trübsal.

Viele Fragen im Anschluss

Bei der anschließenden Fragerunde kamen die unterschiedlichsten Themengebiete auf. Ein Gast fragte, ob es Aufzeichnungen von Kants Treffen mit Freunden gäbe und ob man wisse, wer zu der Runde dazugehörte. „Kant hat jeden Tag andere Leute eingeladen, nicht nur Gelehrte, sondern auch Menschen aus dem Volk“, erklärte Dr. Panknin-Schappert. „Gab es dort auch Philosophinnen?“, wollte eine weitere Besucherin wissen. Leider wäre dies nicht der Fall gewesen, denn in der damaligen Ständegesellschaft sei Lesen nicht verbreitet gewesen und Frauen hätten nicht studiert.

Über aktuelle politische Themen wurde ebenso diskutiert. „Nach Kants Lehre muss man davon ausgehen, dass auch Trump und Putin ein schlechtes Gewissen haben“, so Dr. Helke Panknin-Schappert.

Marcus Reuter, Direktor des Augustinums war ebenfalls sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. „Es war die Idee von unserer Kulturreferentin Sandra Zechiel; wir versuchen, dass über das Jahr hinweg für jeden etwas dabei ist“, so Reuter. Auch für den November sind wieder viele öffentliche Veranstaltungen geplant, wie beispielsweise der Auftritt des Laientheaters „Familie Hannemann“ – mehr unter www.augustinum.de/bad-soden/kultur-und-aktivitaeten

Marcus Reuter, Direktor des Augustinums und Referentin Dr. Helke Panknin-Schappert waren beide Zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. Fotos: Diehl

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