„Klassenzimmer“ riecht nach Lagerfeuer

Norbert Fischer, Daniel Guischard und Oliver Jedynak (v. l.) erklären den Schülern die Rolle von Leonie, Lenni und Onkel Leopold, die das Feuerwehrauto zieren, bei der Brandschutzerziehung der Feuerwehr. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Montagvormittag, zweite große Pause: Tatütata und Blaulicht im Hof der Grundschule im Eschbachtal, ein Feuerwehrauto fährt vor, die Notrufnummer 112 prangt auf der Breitseite. Es brennt nicht, es ist auch sonst nichts passiert, aber es wird demnächst öfter Einsätze in dieser Art mit diesem Auto geben. Das neue Brandschutzmobil ist ein „weiterer wichtiger Meilenstein in der Brandschutzerziehung“, lobt Stadtbrandinspektor Daniel Guischard die neue Errungenschaft der Kurstadt-Feuerwehr. Der Hof der Grundschule war am Montag sein erster Einsatzort.

Im improvisierten Klassenzimmer riecht es schon bald nach Lagerfeuer. Jonas Volk packt Wunderkerzen aus, Teelichter, kleine Holzdübel, Stofffetzen, Feuerzeuge und Streichhölzer. Unter Aufsicht darf gezündelt und gekokelt werden, aber streng nach der Vorgabe des jungen Mannes mit dem Bart, der als einziger steht. Und die Jungs und Mädchen der 4a fest im Blick hat. Jonas Volk ist schon seit seinem elften Lebensjahr bei der Feuerwehr, so alt sind die Kinder der Schulklasse noch nicht ganz. Kann sein, dass hier einige geworben werden, das ist aber nicht das primäre Ziel. Jonas Volk gehört zwar in leitender Funktion zur Jugendfeuerwehr Bad Homburg Stadt, hier ist er aber als Brandschutzpädagoge. Der Lehramtsstudent arbeitet auch als Lehrkraft in der Grundschule Dornholzhausen. Die Zusammenarbeit von externem Pädagogen mit den Lehrkräften der jeweiligen Schule gehört zum Konzept der Brand-schutzerziehung. Schulleiterin Katrin Dechert findet das gut, es helfe dem Lehrpersonal, „sollte verbindlich werden“. Den gesetzlichen Auftrag, Brandschutz in den Lehrplan aufzunehmen, gibt es bereits, das wird hier mehrfach am Rande betont.

Das luftige Klassenzimmer ist flugs aufgebaut, Uwe Wolf ist der perfekte Partner von Jonas Volk. Wolf ist ein erfahrener Feuerwehrmann, der Vorsitzende des Bad Homburger Stadtkreisfeuerwehrverbands wird ehrenamtlich viele Fahrten in die Grundschulen begleiten. Das fliegende Klassenzimmer ist dann ein auf allen Seiten offenes Zelt. Auch Tische und Sitzbänke bringt das Brandschutzmobil mit. Und natürlich allerhand Material für die Arbeit in Sachen Brandschutzaufklärung und -erziehung. Rund 80 000 Euro kostet das Gefährt, verrät Norbert Fischer, der Präsident des Hessischen Landesfeuerwehrverbandes. Auch dass es mit „Ladung“ noch 10 000 Euro mehr kostet.

Die 4a der Schule im Eschbachtal ist die erste Klasse, die von der Kombination aus Theorie und Praxis in der Brandschutzerziehung profitieren kann. Deswegen ist auch der Präsident gekommen, in Ober-Eschbach fand sozusagen eine Preview auf das Konzept statt. Landesweit gibt es zur Übergabe der Brandschutzmobile an alle Landkreise eine zentrale Veranstaltung in Fulda am 8. Mai. „Bad Homburg macht das mustergültig“, lobt Fischer das neu gestartete Konzept an den örtlichen Grundschulen. Die praktische und theoretische Arbeit mit den Viertklässlern soll flächendeckend erfolgen, ergänzt Bürgermeister Oliver Jedynak, der als Feuerwehrdezernent bei der Premiere natürlich auch dabei ist. Beginnend in Ober-Eschbach und Gonzenheim, soll schon bald auch die Paul-Maar-Schule in Ober-Erlenbach dran sein. Das Paket umfasst zwei Tage, am ersten Tag Theorie und erste Praxis in der Schule, am zweiten Tag ein Besuch bei der echten Feuerwehr in der Feuerwache.

Worauf man beim Umgang mit Feuerzeug oder Streichhölzern aufpassen muss, lernen die Kinder der 4a von Klassenlehrerin Hanna Kussmann schnell. Die muss bei der Präsentation gar nicht die ganze Zeit dabei sein, der „Kollege“ Brandschutzpädagoge macht das souverän. Streng, aber korrekt, der Sache angemessen, schließlich kann es beim Umgang mit Feuer um Gefahr für Leib und Leben gehen. Und wenn dann etwas Unerwartetes passiert, muss man reagieren können. Darum geht’s bei der Kombination von Theorie und Praxis in erster Linie.

Wie soll man reagieren, wenn Rauchentwicklung gespürt wird, gar Flammen schlagen? Das wird nachgestellt und nachgespielt bei den Ortsterminen in den Schulen. Es werden auch Telefon-Situationen nachgestellt. Die Notrufnummer 112 kennen natürlich alle schon, aber was sagt man? Wie macht man sich verständlich? Gibt dem Menschen am anderen Ende der Leitung die wichtigsten Informationen? Oder nimmt dessen Tipps auf, damit man sie auch verarbeiten kann? Die 4a hat das super hinbekommen, Jonas Volk verteilt gute Noten. Die 4b von Susanne Leiber steht schon in den Startlöchern, ist quasi heiß auf das Spiel und den ernsthaften Umgang mit dem Feuer.

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