Esel Bimba ist nicht stur, sondern weise

Diese Beiden sind ein gutes Team: Carola Richter führt Zwergeseldame Bimba gern durch das Feld spazieren. Mit Bimba entschleunigt sich das Leben, denn Muße muss auch mal sein.Foto: csc

Von Christine Šarac

Steinbach. Kaffee „to go“ kennt inzwischen jeder. Aber Esel „to go“, das ist neu. Carola Richter ist täglich mit ihrem Mini-Eselmädchen Bimba unterwegs und ermöglicht auch anderen Menschen, die Lust haben, mit einem Esel auf Tuchfühlung zu gehen, mit Bimba spazieren zu gehen oder ihn als Partygast auf Kindergeburtstagen zu begrüßen.

Heutzutage muss alles „to go“ sein. Zeit hat niemand, alles muss schnell gehen. Wir essen und trinken im Gehen, telefonieren im Gehen, immer eilig, Zeit ist schließlich Geld. Doch „Esel to go“ ist im Grunde genau das gegenteilige Konzept. Mit „bella Bimba“ unterwegs zu sein, entschleunigt ungemein und bringt auch gestresste Menschen runter. Dafür braucht die 24 Jahre alte Eseldame kein Diplom in Psychologie, sie ist einfach sie selbst. „Esel haben Ruhe und strahlen das auch aus“, weiß „Frauchen“ Carola Richter. Sie kam Ende Juni vergangenen Jahres zufällig zum Esel und möchte Bimba seither nicht mehr missen.

Gemeinsam mit ihrer Eselfreundin Arabella zog Bimba von Spanien nach Steinbach in den Privatstall von Kathy Wissel. Die in Colorado/ USA geborene und aufgewachsene Pferdenärrin wurde auf einer Farm groß und hat sich auch hier in Deutschland den Traum vom Leben mit Pferden erfüllt. Dort steht Bimba zusammen mit 26 anderen Pferden, Mulis und Eseln zusammen. Während die anderen Tiere aber normal groß sind und zum Reiten eingesetzt werden können, ist Zwergeseldame Bimba mit einer Schulterhöhe von knapp 95 Zentimetern zu klein zum Reiten. Lediglich Kinder können auf ihrem Rücken Platz nehmen. „Also hat Kathy mich damals gefragt, ob ich Bimba adoptieren würde“, erinnert sich Carola Richter, die seit zwölf Jahren im Stall der Wissels mithilft und dort auch reitet. Die gebürtige Dresdnerin, die seit 27 Jahren in Steinbach lebt, sagte sofort zu. Nun hat sie ihren Büroservice noch um das „Eselprojekt“ erweitert. „Bimba ist ganz großartig mit Kindern, sehr vorsichtig und nicht schreckhaft“, erzählt Carola Richter. Einmal pro Woche kommt der kleine Cenar im Stall vorbei, um auf Bimba zu reiten, ein weiteres Kind hat sich bereits zum Schnupperreiten auf Bimba angemeldet.

Außerdem ist Carola Richter mit Bimba viel auf den Wegen im Steinbacher Feld unterwegs. Als Bimba ihr rotes Geschirr angezogen bekommt, ist sie zunächst nicht begeistert, denn gerade wurde das Heu verteilt und die kecke Eseldame würde lieber fressen, als ihr tägliches Bewegungsprogramm zu absolvieren. Irgendwie menschlich. Aber Carola Richter kennt da kein Pardon, aus gutem Grund. Die Bewegung ist für Bimba, die bei guter Pflege gut 50 Jahre alt werden kann, sehr wichtig. „Esel sind Wüstentiere und weil es dort nicht immer genügend Futter gibt, verwerten sie das, was sie fressen, zu 90 Prozent“, weiß Eselbesitzerin Carola Richter. Zu viel Futter geht beim Esel also direkt auf die Hüften und ist entsprechend ungesund. Daher braucht Bimba ihren Auslauf, um fit und vital zu bleiben.

Während wir über die geteerten Wege im Steinbacher Feld streifen, erzählt mir Carola Richter, wie Esel so „ticken“. „Ein Esel lebt ungern allein, weil er ein Herdentier ist“, weiß Carola Richter. Deshalb hat Bimba auch einen Mitbewohner in ihrer Box, das 2018 geborene Pferd Aaron. „Nur wenn es ums Thema Heu geht, gibt es manchmal Streit“, erzählt sie lachend. Obwohl Pferd und Esel sozusagen unterschiedliche Weltanschauungen haben, funktioniert die tierische WG ganz gut.

Gerüchte, Esel seien dumm oder auch stur, kann Carola Richter sofort entkräften. „Steckt man ein Pferd mit einem Esel zusammen, wird das Pferd sofort versuchen den Boss zu spielen“, weiß die erfahrene Reiterin. „Steckt man zu dem Team noch ein weiteres Pferd dazu, machen die beiden Pferde untereinander aus, wer jetzt der Chef ist. Der Esel schaut dem ganzen nur zu und denkt sich wahrscheinlich seinen Teil“, so Richter. Dumm ist das sicher nicht, so mancher Mensch könnte von Bimbas Weisheit profitieren. „Esel gehen keinen unnötigen Konflikt ein. Sie warten erst mal ab und treffen dann eine Entscheidung“, weiß Bimbas Frauchen. So kommt es auch, dass ein Esel manchmal stehen bleibt und abwartet, anstatt sich vom Fleck zu bewegen. Dieser kluge Schachzug wurde den Tieren wahrscheinlich zum Verhängnis und die Bedenkzeit vom Menschen als Sturheit fehlinterpretiert.

Während Carola Richter mir all das erzählt, trabt Bimba gemütlich zwischen uns her. Das gleichmäßige Klappern ihrer kleinen Hufe auf dem Asphalt hat eine beruhigende Wirkung. Fast wie ein Metronom, dass sich unermüdlich hin und her bewegt. Nur das Bimba dazu auch noch niedlich aussieht. Gern richtet die Eseldame es so ein, dass meine Hand während des Spaziergangs immer mal wieder an ihrer Bauchseite entlang streicht. Nur als Bimba bemerkt, dass wir auf dem Rückweg sind, werden ihre Schritte etwas schneller. Das Heu ist noch nicht vergessen. Dass ihr jemand einen ordentlichen Haufen Futter zur Seite gelegt hat, der geduldig auf sie wartet, kann sie ja nicht ahnen.

Demnächst wird sich Carola Richter wahrscheinlich ein anderes Auto zulegen müssen, denn das Alte ist kaputt. Ein Sprinter käme infrage, denn da könnte Bimba mitfahren. Dann wird aus „Esel to go“ vielleicht bald „Esel on Tour“.

!Wer Lust bekommen hat, Bimba kennenzulernen und mit ihr zum Beispiel einen Spaziergang zu machen, kann sich mit Carola Richter in Verbindung setzen. Sie ist über das Kontaktformular auf ihrer Homepage www.Esel-to-go.mozellosite.com oder unter der Telefonnummer 0162-4342432 zu erreichen.

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