Ein Wehrbau wird zur Kirchenruine

Die Pfarrer Tobias Blechschmidt, Matthias Theodor Kloft und Werner Meuer (von l.) halten den Gottesdienst am Festwochenende.Foto: Hochtaunuskreis

Hochtaunus (how). Mit einem Hochamt zu Ehren Marias ging vor Kurzem das Festwochenende zur Übergabe der sanierten Kirchenruine „Unsere Liebe Frau zum Landstein“ in Altweilnau zu Ende. Mehrere hundert Besucher nutzten die Gelegenheit, die Überreste der Wallfahrtskirche aus dem 15. Jahrhundert zu besichtigen. „Es war ein rundum gelungenes Wochenende“, freute sich Landrat Ulrich Krebs über den Besucherandrang. „Die Kirchenruine Landstein ist ein Kleinod, das aus dem Dornröschenschlaf erweckt worden ist“. Er sei überzeugt, dass durch die Initiative des Naturparks eine weitere touristische Attraktion nicht nur für das Weiltal, sondern für den ganzen Hochtaunuskreis geschaffen worden sei.

Bereits am ersten Tag hatte der Landrat gemeinsam mit Weilrods Bürgermeister Götz Esser, dem Präsidenten des Landesamtes für Denkmalschutz Hessen, Prof. Dr. Markus Harzenetter, Projektleiter Dr. Joachim Zeune, Landschaftsarchitekt Bernd Waldvogel und Naturpark-Geschäftsführer Uwe Hartmann symbolisch das rote Band zum Chorraum der mittelalterlichen Kirchenruine durchschnitten. Am Abend folgte ein stimmungsvolles Konzert des Fanfarenzuges Hundstadt und die Vorstellung der künftigen Illumination der Kirche. An den nächsten beiden Tagen wurden rund um den Landstein vom Naturpark geführte Wanderungen angeboten. Höhepunkt wäre aber das Hochamt am letzten Tag in der Tradition der Wallfahrt. Schon seit Jahren gibt es diese Wallfahrt, die von der Kirchengemeinde St. Marien Bad Homburg-Friedrichsdorf zum Landstein unternommen wird und die dort mit einem festlichen Gottesdienst endet. In diesem Jahr sollte der Gottesdienst vom Limburger Weihbischof Dr. Thomas Löhr gefeiert werden, der jedoch kurzfristig krankheitsbedingt absagen musste.

Die Besucher zeigten sich begeistert von der sanierten Kirchenruine. „Es ist ein besonderer Ort“, fasste der Theologe Professor Dr. Matthias Theodor Kloft, Leiter des Diözesanmuseums Limburg, die Aura des Ortes in Worte. Er feierte gemeinsam mit den Pfarrern Werner Meuer und Tobias Blechschmidt sowie Dr. Anne Kossatz, Pastorale Mitarbeiterin der Gemeinde St. Marien, den Gottesdienst. Die Ruine, so Kloft, sei ein offener Raum. Dies sei auch als ein niedrigschwelliges Angebot an alle Menschen zu verstehen, den Ort zu besuchen. Er sei offen für jedermann, über die Grenzen des Glaubens und der Religion hinweg. „Und das ist gut so!“ Der Gottesdienst wurde begleitet vom Chor LaCapella und Jakob Schorr an der Orgel.

Pfarrer Werner Meuer bedankte sich bei Landrat Ulrich Krebs, der vor Jahren die Idee dazu hatte, das alte Kirchengebäude aus der Vergessenheit zu holen. Der Landrat habe dieses Projekt immer wieder vorangerieben. Gewissermaßen sei er der neue „Abt vom Landstein“, meinte er augenzwinkernd. Zum Dank dafür überreichte er ihm gemeinsam mit Dr. Joachim Zeune und dem ganzen Grabungsteam ein Modell der alten Wallfahrtskirche, wie sie wohl im 15. Jahrhundert ausgesehen hat, aus dem 3D-Drucker. Das Modell werde, versprach Krebs, einen Ehrenplatz ins seinem Büro bekommen.

Sechs Jahre dauerten die Arbeiten an der Kirchenruine „Unsere Liebe Frau zum Landstein“. 2018 hatte der Naturpark Taunus das alte Gemäuer erworben. Damals stand nur der Turmstumpf und eine Mauer. Alles andere Mauerwerk war unter Rasen begraben und mit Büschen überwuchert. „Damals hatte sich keiner vorstellen können, welche Größe dieses Projekt annehmen sollte“, hatte Dr. Joachim Zeune den Besuchern am Samstag erklärt. Er hat die archäologischen Untersuchungen sechs Jahre lang federführend geleitet.

Fest steht, dass die Kirche um 1480 errichtet wurde und das Wallfahrten zu Ehren Marias dorthin unternommen wurden. Mit der Einführung der Reformation verfiel die Kirche ab der Mitte des 16. Jahrhunderts. Bei den Grabungen zeigte sich nun, dass vor der Kirche von 1480 bereits eine etwas kleinere Vorgängerkirche gestanden hat. Diese war bis dato völlig unbekannt. Und nicht nur das: Vor dieser älteren Kirche gab es noch einen weiteren Vorgängerbau. Hier vermutet Zeune, dass es sich um einen Wehrbau handelte, der die benachbarte Landsteiner Mühle schützen sollte. „Das alles war für uns völlig unerwartet und überraschend“, so der Archäologe. Und so wird der Landstein auch in den kommenden Jahren den Historikern noch einiges an Forschungsarbeiten aufgeben.

Über die Kirche „Unsere Liebe Frau zum Landstein“ informieren drei Info-Tafeln, die der Naturpark vor der Kirchenruine dort aufgestellt hat. Geplant ist zudem eine App, die demnächst online gehen soll, mit der man in die Zeit eintauchen kann, in der die Wallfahrtskirchen standen. Und damit auch Ortsunkundige künftig den Landstein leichter finden, wurden an den Straßen nun eigens Hinweisschilder aufgestellt. Weitere Informatione gibt es im Internet unter https://kirchenruine-landstein.de/. Dazu gibt es aktuell im Heimatmuseum Treisberg eine Ausstellung zum Thema zu sehen.

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