Hochtaunus (how). Die Diagnose „Brustkrebs“ ist ein Schock. „Man muss das erst verkraften“, erzählt die junge Oberurselerin. Im Sommer wurde ein Mammakarzinom bei ihr entdeckt. Seit einigen Monaten wird ihre Erkrankung im Brustkrebszentrum der Hochtaunus-Kliniken mit Chemotherapie behandelt. „Chemo“ ist für einige Patientinnen vor oder nach der Operation ein wichtiger Behandlungsschritt, um Brustkrebs zu bekämpfen und die Tumorzellen zu zerstören.
Doch die Therapie führt häufig zu heftigen Nebenwirkungen. Viele Frauen leiden unter Haarausfall, Hautreizungen, Muskelbeschwerden oder Polyneuropathie. Letzteres ist eine Nervenerkrankung, deren typische Symptome Missempfindungen wie Kribbeln an Händen und Füßen, Stechen, Brennen und Taubheitheitsgefühle sowie Sensibilitätsverlust sind. Die Betroffenen sind oft kaum mehr in der Lage, zwischen kalt und warm zu unterscheiden. „Um vorzubeugen, dass es zu dauerhaften Nervenschädigungen kommt, bieten wir bereits seit Längerem parallel zur Chemobehandlung eine Kältetherapie an“, schildert Dagmar Giesecke, Leitende Oberärztin der Gynäkologie an den Hochtaunus-Kliniken und Leiterin des angeschlossenen Brustkrebszentrums. Da Kälte die Durchblutung reduziert, vermutet man, dass die Nervenzellen in den gekühlten Bereichen weniger Giftstoffe aufnehmen.
In der Praxis sieht das so aus: Während die Infusion läuft, werden Hände und Füße der Patientinnen durchgehend gekühlt. „Bisher haben wir hierfür Coolpads verwendet, die in Handtücher gewickelt wurden.“ Der Nachteil dieser herkömmlichen Kühlmethode: Es ist sehr schwierig, die Temperatur während der Behandlungszeit konstant zu halten. „Es ist am Anfang eiskalt. Außerdem werden die Kühlpads irgendwann feucht“, beschreibt die Patientin das bisherige Prozedere. Regelmäßig kommt sie zur Chemotherapie ins Brustkrebszentrum der Hochtaunus-Kliniken und wird von der Oberärztin und ihrem Team behandelt. Auch für das Personal ist das herkömmliche Kühlverfahren sehr aufwendig. „Aus diesen Gründen haben wir uns gefragt, wie wir das Kühlen optimieren können“, schildert Dagmar Giesecke. Im Team gemeinsam mit Heike Freise, der Breast Care Nurse, und den onkologischen Fachangestellten entdeckten sie schließlich Publikationen zur Hilotherm-Therapie und erhielten Gelegenheit, Erfahrungen damit zu machen.
Dabei handelt es sich um ein computergesteuertes Thermoheilverfahren, mit dem Hände und Füße mit speziellen Kältemanschetten kontinuierlich gekühlt werden. Dazu wird ein Gerät – der Hilotherm – auf zehn bis zwölf Grad Celsius eingestellt. Die Kühlung beginnt eine halbe Stunde vor der Chemo und dauert bis 60 Minuten nach der Therapie an. Auf diese Weise werden der Sauerstoffbedarf des Gewebes, der Stoffwechsel sowie die Durchblutung reduziert und es gelangen weniger toxische Substanzen an die Nervenenden.
Seit Oktober steht das Hilotherm-System, das die Kliniken gemietet haben, im Brustkrebszentrum. Die junge Oberurselerin darf sie heute anwenden. Ihre Beschwerden: Kribbeln, Taubheitsgefühl und Schmerzen in Händen und Füßen. Sie zieht sich Kühlhandschuhe und Kühlschuhe an. In diese ist ein Kühlsystem integriert – das mindert die Nervenschäden und Taubheitsgefühle an Händen und Füßen. Die Manschetten sind aus Neopren. Sie bleiben während der gesamten Zeit konstant kühl und trocken. „Das ist wirklich ein ganz großer Unterschied zu den normalen Coolpads. Das war teilweise schon sehr anstrengend. Mit dem neuen Verfahren ist die Behandlung viel angenehmer, und ich merke, wie gut es mir tut.“ Eine Meinung, die sie mit vielen anderen Frauen teilt, die Hilotherm-Therapie im Brustkrebszentrum inzwischen anwenden. Aktuell bieten erst wenige Kliniken die Hilotherapie an. „Es liegt uns am Herzen, unseren Brustkrebspatientinnen die Lebensqualität zu erhalten. Deshalb haben wir inzwischen sogar noch noch ein zweites Gerät gemietet. „Damit sind wir im Rhein-Main-Gebiet ganz vorne mit dabei“, sagt Giesecke.
Diese Patientin testet die neue Hilotherapie. Dabei handelt es sich um ein computergesteuertes Thermoheilverfahren, bei dem Hände und Füße mit Kältemanschetten kontinuierlich gekühlt werden. Ziel ist es, unerwünschte Nebenwirkungen der Chemotherapie zu reduzieren. Foto: Hochtaunus-Kliniken