Main-Taunus-Kreis (kez) – Nach den Diskussionen zum Thema Krankenhäuser in der Bundesrepublik hat sich nun auch die Politik des Main-Taunus-Kreises wie auch der Stadt Frankfurt damit beschäftigen müssen, und zwar mit dem Gesundheitsverbund varisano, zu dem die drei Krankenhausstandorte Bad Soden, Hofheim und Frankfurt-Höchst gehören. Somit ist es also auch für Kelkheim von Bedeutung. Vorgestellt wurde vom Verbund ein Medizinkonzept. Erste notwendige Schritte werden umgehend umgesetzt werden, heißt es in einer Pressemitteilung. Auch die weitgehend flächendeckende Einführung des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes soll in der varisano-Zukunft eine Rolle spielen.
Geplante Veränderungen
Folgende Veränderungen sind im Medizinkonzept vorgesehen:
„Der Schwerpunkt des varisano-Krankenhauses Hofheim wird künftig auf der Geriatrie und Psychiatrie liegen. Um dies zu erreichen, wird die bisher teilweise auch in Bad Soden angesiedelte Geriatrie im Main-Taunus-Kreis komplett nach Hofheim ziehen. Die Klinik für Pneumologie, die unter dem neuen Chefarzt Dr. med. Gerasimos Varelis eine deutlich stärkere onkologische Ausprägung erhält, siedelt dagegen an das varisano-Klinikum Frankfurt-Höchst um.“
Die Notaufnahme des Hofheimer Krankenhauses wird geschlossen. Die Versorgung von Notfallpatienten übernehmen die Notaufnahmen in den wenige Kilometer entfernten Schwesterkrankenhäusern Bad Soden und Frankfurt-Höchst.
Und wörtlich weiter: „Komplexe viszeralchirurgische Eingriffe, die einer qualitätsorientierten Leistungsmengenvorgabe durch den gemeinsamen Bundesausschuss unterliegen, wie etwa Operationen der Bauchspeicheldrüse, übernimmt künftig das Klinikum Frankfurt-Höchst. Allgemeinchirurgische Eingriffe an sich sind weiterhin wesentlicher Teil des Leistungskataloges am Krankenhaus Bad Soden.
Zudem wird in Bad Soden ein orthopädischer Schwerpunkt mit eher planbaren Eingriffen herausgebildet werden, während man sich in Höchst auf die nicht planbare Unfallchirurgie konzentriert.
Die Klinik für Augenheilkunde ist künftig am Standort Bad Soden vorgesehen.
Die bisher sowohl in Höchst als auch in Bad Soden vorgehaltene Urologie wird schwerpunktmäßig in Bad Soden konzentriert. In diesem Zuge wird die roboterassistierte Chirurgie dort weiter ausgebaut werden.
Im Bereich der gynäkologischen Onkologie will man künftig den Schwerpunkt am Standort Frankfurt-Höchst ausbilden. In Bad Soden wird im Zusammenspiel mit der Urologie zudem ein urogynäkologischer Fokus herausgearbeitet.
Alle übrigen Fachbereiche verbleiben an den jeweiligen Standorten, so beispielsweise auch die Geburtshilfen in Bad Soden mit durchschnittlich mehr als 1.000 Geburten und in Frankfurt-Höchst als Perinatalzentrum Level-1 mit an die 2.300 Geburten im vergangenen Jahr.
Neben Frankfurts Stadtkämmerer Dr. Basison Bergerhoff nahm auch Landrat Michael Cyriax Stellung. „Die Krankenhauslandschaft in Deutschland und auch bei uns in der Region wird nicht bleiben, wie sie war. Alle Abteilungen müssen sich verändern. Der Patient muss im Mittelpunkt stehen“, so Cyriax.
„Wir werden jeden Stein umdrehen, um zu schauen, wo wir durch Synergien weiter Kosten einsparen können, und wir werden in nahezu allen Bereichen die Stellenpläne genauestens überprüfen und hinterfragen müssen“, erklärte Dr. Patrick Frey, varisano-Geschäftsführer.
Zur dringend erforderlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sieht das Konzept einen notwendigen Personalabbau von etwas mehr als zehn Prozent vor. Die Pflege am Bett werde aufgrund besonderer Finanzierungsgegebenheiten hiervon explizit nicht betroffen sein.
Sterben auf Raten
Harsche Kritik vom „Bündnis für eine sichere Gesundheitsversorgung im MTK und Frankfurter Westen“ folgte auf dem Fuße. Bei einer Umsetzung des nun vorliegenden Vorschlags gebe es im gesamten Main-Taunus-Kreis keine wohnortnahe Schlaganfallversorgung mehr und auch kein Herzkatheterlabor.
„Wir befürchten deshalb: Hier beginnt ein Sterben auf Raten, am Ende droht Hofheim, seine stationäre medizinische Versorgung komplett zu verlieren“, so das Bündnis.
Die Absage des dritten Bauabschnitts in Höchst bedeute weiterhin unwürdige Zustände in der psychiatrischen Versorgung, die schon 2019 mit dem Wallraff-Report aufgedeckt worden seien. All das entspreche weder einem Zukunfts- noch einem angemessenen medizinischen Konzept.
Und weiter: „Völlig unklar bleibt auch, wie die ja schon heute oft voll ausgelasteten Kliniken Bad Soden und Höchst das zusätzliche Aufkommen an Patientinnen und Patienten aus dem Versorgungsgebiet auffangen sollen. Schon heute berichten Rettungsdienste, dass oft weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus verlegt werden muss, weil es keine freien Kapazitäten gibt.“
Hinzu komme, dass in Zeiten des Fachkräftemangels ein massiver Personalabbau geplant sei, der sich auf die medizinische Versorgung auswirken werde. „Die angekündigte Bezahlung nach TVöD ist seit Jahren überfällig, eine vollständige Anwendung des Tarifrechts und damit eine wirkliche Tarifbindung wird aber offenbar noch immer nicht erwogen. So schreibt man die bestehenden Wettbewerbsnachteile selbst fort.“