Fast wie am Meer: Planschen durch den Wellenschlag

Ein Bild wie im Freibad: Bei Kleinkindern sind die vielen Wasserfontänen am Sprühfeld im Frankfurter Günthersburgpark besonders beliebt. Die Vorsichtigen tasten sich an der Hand von Mama oder Papa heran. Foto: sth

Von Sebastian Theuner

Hochtaunus. Ferienzeit ist Reisezeit, eigentlich zumindest. In Corona-Jahren aber ist alles anders. Inzidenzen und Virusvarianten grenzen das Reisen stark ein oder machen es sogar ganz unmöglich. Strand und Meer im fernen Süden müssen warten, Erlebnisse, Erholung und Erfrischung vor der eigenen Haustür rücken in den Mittelpunkt. Und Ferien zu Hause können mindestens ebenso spannend und aufregend, erholsam und entspannend oder beeindruckend und bildend sein wie weite Reisen in ferne Länder. Wer diese Erfahrung nicht schon längst gemacht hat, wird vielleicht von Corona dazu genötigt, die nähere Umgebung zu entdecken. In der Ferienserie „Erfrischung gefällig!“ widmen wir uns vor allem Erlebnissen, die Abkühlung an heißen Sommertagen versprechen. Im dritten Teil geht es in den Frankfurter Günthersburgpark.

Zwischen mächtigen Baumstämmen und grünem Wiesenteppich hat es sich manch lustiger Badegeselle gemütlich gemacht. Da ist zum Beispiel der Solarianer, der sich auf dem Rücken fläzt und von der Sonne brutzeln lässt. Seine Nachbarin, die verträumt und alle Viere von sich streckend im Schwimmreifen liegt. Und gegenüber genießt ein Ruhepärchen das mitgebrachte Fresspaket.

Während die steinernen Figuren – das liegt in der Natur der Sache – recht statisch daherkommen, geht es drumherum umso lebendiger zu. Jungen und Mädchen, kaum im Kindergartenalter, tollen in bunten Badehosen umher, jagen sich mit Spritzpistolen und werfen Wasserbälle durch die Luft.

Und da kommen die überdimensionalen Faulenzer wieder ins Spiel, auch der Schwimmer auf der Luftmatratze und die Kinder mit Schlappsack. Mit Wasser sprenkeln sie mitten hinein ins spritzige Vergnügen, in dessen Zentrum sich der große Wellenschlag auftürmt, aus dem es ebenfalls in alle Richtungen spritzt und sprüht.

Es ist Freitagnachmittag, die Wetter-App meldet 27 Grad Celsius im Frankfurter Nordend, und das Wassersprühfeld im Günthersburgpark erweist sich einmal mehr als Magnet für Familienausflüge, Kindergartengruppen und Kindergeburtstage. „Wir sind täglich hier, das ist quasi unser zweites Wohnzimmer“, erzählt eine Erzieherin vom Kinderladen „Löwengrube“. Von der Einrichtung sind es nur wenige hundert Meter bis zum Park.

Vormittags seien sie schon auf dem Spielplatz gewesen, jetzt ist die Abkühlung dran, sagt die Erzieherin, ihre Schützlinge immer im Blick. Zu denen gehören auch die drei Jungs, die sich, allesamt klatschnass, neugierig nähern. Was sie auf dem Sprühfeld denn am liebsten machen? Prompt dreht sich das Trio um, rennt im Gleichtakt wie die 100-Meter-Sprinter zurück ins Nasse und lässt sich einmal kräftig abduschen. Klare Antwort!

Das Wasserspielbecken gibt es seit 1985; voller Historie steckt der Günthersburgpark weit darüber hinaus. Gelegen zwischen den Stadtteilen Nordend-Ost und Bornheim, stand hier im Mittelalter einst die Bornburg. In Günthersburg umbenannt wurde sie im Jahr 1609 nach dem neuen Besitzer; Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein englischer Landschaftspark angelegt. Seit 1889 gehört die Anlage der Stadt. Von der Burgruine und der Villa Günthersburg ist heute nichts mehr übrig, einzig die ehemalige Orangerie im mittleren Teil des Parks steht noch. Lange als Kirche der Reformierten Gemeinde Frankfurt genutzt, hat hier inzwischen der Frankfurter Bezirksverband des Deutschen Kinderschutzbunds seinen Sitz. 7,4 Hektar – etwa so viel wie zehn Fußballfelder – misst das Gelände des Günthersburgparks, nachdem es 1991 nach Norden erweitert wurde. Das größte Spektakel gibt es nahe dem südlichen Eingang an der Burgstraße. Das Kreischen der Kinder und das Rauschen des Wassers am Sprühfeld erinnert an ein gut gefülltes Kinderplanschbecken im Freibad.

„Ab vier Jahren ist das hier gut geeignet“, meint ein junger Vater. Inmitten des Trubels unter den Wasservorhängen herrsche teils Kollisionsgefahr, sein zweijähriger Sohn hält sich deswegen lieber etwas zurück. Das kühle Nass hat er dennoch einem Qualitätstest unterzogen, Ergebnis: „etwas kalt.“

Ideal für den Familienausflug geeignet, das findet auch ein weiteres Elternpaar: „Unsere Tochter ist eine Wasserratte, die findet alles gut, was mit Wasser zu tun hat.“ Für die beliebte Rutsche, die aus dem Wellenschlag mitten hinein in die „Fluten“ führt, ist sie aber noch etwas zu klein.

Wem durch so viel Planscherei die Schwimmhäute zu wachsen beginnen, der wird auf der Suche nach Abwechslung im oberen Bereich des Parks fündig. Hier gibt es einen großen Spielplatz mit Holzgerüst zum Hochklettern, dazu Korb- und Reifenschaukeln, eine Sandkiste, Tischtennisplatten, Basketballkörbe und einen umzäunten Bolzplatz. Auf der Platanenallee wird Boule gespielt; im angrenzenden Außenbereich des kleinen Cafés können Eltern dem Treiben ihrer Kinder bei einem Cappuccino zusehen.

Auf den ersten Blick Seltsames trägt sich derweil auf der Wiese hinter dem Spielplatz zu. Drei Ringe, unterschiedlich groß, die an einer Halterung befestigt in die Luft ragen, dazwischen zwei Erwachsene, zwei Kinder und ein Ball. „Hier wird Kidditch gespielt“, erklärt Sandra Ostermeier, Quidditch für Kinder. War das nicht dieser irrwitzige Ballsport aus Harry Potter, bei dem die Zauberer auf ihren Besen dem goldenen Schnatz hinterherfliegen?

Besen respektive Stangen, die man sich zwischen die Beine klemmt, gibt es auch bei der Version der Nicht-Magier – auch wenn hier niemand in die Luft abhebt. Die Turnsportgemeinde Bornheim hat eine eigene Abteilung, und in den Sommerferien will Trainerin Ostermeier den Nachwuchs an die Sportart heranführen. „Es ist eine Mischung aus Handball, Rugby und Völkerball“, sagt sie. Das Schnuppertraining findet immer freitags von 15 bis 16.30 Uhr an der Bullenskulptur statt.

Im Nordteil des Parks lädt ein handbemaltes Schild zum täglichen Kundalini-Yoga ein. Nebenan hat es sich ein junges Paar in einer der beiden Hängematten gemütlich gemacht; ringsum bietet die Wiese reichlich Platz für ein Picknick oder eine Runde Spikeball. Vom Badespaß am Sprühfeld bekommt man hier kaum noch etwas mit.

In Regenbogenfarben bemalte Zaunstreben markieren den Eingang in den öffentlichen Schulgarten. 2011 wurde er von Schülern der IGS Nordend angelegt und scheint ideal zum Verweilen abseits des Trubels. Doch schnell vorbei mit der Ruhe ist’s, als Gretas Kindergeburtstag den Garten entert und auf Suche nach dem nächsten Hinweis für die Parkrallye geht.

Die Action kommt im gesamten Park nie zu kurz – schon gar nicht auf dem im Norden angrenzenden Abenteuerspielplatz mit selbstgebauten Hütten, Kletterturm und Feuerstelle. Von wilden Abenteuern auf Holzburgen und am Wassersprühfeld dürfte bald auch zu lesen sein: In Schulaufsätzen zum Thema „Mein schönster Ferientag“.

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