Diskussion über das Leben und Werk Karl-Hermann Flachs

Hochtaunus (how). Am 17. Oktober wäre Karl-Hermann Flach, der frühere FDP-Generalsekretär und mehrfach ausgezeichnete Journalist in Diensten der Frankfurter Rundschau, 90 Jahre alt geworden. Die Karl-Hermann-Flach-Stiftung würdigte den runden Geburtstag ihres Namensstifters mit einer Veranstaltung im Landratsamt des Hochtaunuskreises in Bad Homburg.

Beim Karl-Hermann-Flach-Disput diskutierten unter der Moderation von Anke Hlauschka, der FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der FDP Hessen, Stefan Ruppert, Ex-Focus-Herausgeber Helmut Markwort, Dr. Detlef von Daniels (Visiting Fellow am Centre of International Studies in London) und die Historikerin Dr. Katharina Kellmann über das Leben und Werk Flachs. Dabei sollte es auch darum gehen, inwieweit die Vorstellungen Flachs eines sozial sensibilisierten, dem Kapitalismus mit kritischer Sympathie gegenüberstehenden Liberalismus auch heute noch zeitgemäß sind, wie es der Vorsitzende der Karl-Hermann-Flach-Stiftung, Dr. Frank Blechschmidt, formulierte.

Doch bevor die durchaus kontroverse Diskussion begann, gab Dr. Jürgen Frölich, stellvertretender Leiter des Archivs des Liberalismus in Gummersbach, einen Einblick in Leben und Werk Flachs. Trotz einer „doppelten Vertreibung“ – 1945 aus Ostpreußen, 1949 Flucht aus der DDR – sei Flach stets für einen Dialog mit Moskau und Ost-Berlin eingetreten, betonte Frölich. Frühzeitig habe sich der überzeugte Liberale mit der Frage beschäftigt, wie der Liberalismus an die Industriegesellschaft angepasst werden könnte. Dabei sei es ihm immer auch um die Untrennbarkeit von Freiheit und Liberalismus gegangen. Nicht umsonst trage Flachs berühmte Streitschrift „Noch eine Chance für den Liberalismus“ den Untertitel „Die Zukunft der Freiheit“. Er sei gewillt gewesen, die Kritik des Sozialismus am Kapitalismus aufzunehmen und diese vorbehaltlos zu untersuchen. Das führte zu seiner Überzeugung, dass in einer liberalen Gesellschaft Freiheit, Gleichheit und Wachstum ausgeglichen sein müssen. Eine Position, die auch in den Freiburger Thesen ihren Niederschlag fanden, die die Leitlinien eines sozialen Liberalismus bildeten.

Ob es denn heute noch Grund gebe, wollte anschließend Moderatorin Anke Hlauschka von Dr. Katharina Kellmann wissen, Flach zu lesen. Für die Historikerin ist das keine Frage. Flach führe vor Augen, dass die Wirtschaft nicht alle Probleme lösen könne, das Neoliberale dürfe nicht das Sozialliberale überwiegen. Dass sei aber in der Vergangenheit der Fall gewesen. Dem wollte Stefan Ruppert zwar nicht zustimmen, musste aber einräumen, dass der Liberalismus derzeit vor allem mit Defiziten beschrieben werde. Das müsse man besser machen. Schließlich habe man die Argumente und die Vernunft auf der Seite.

Wenn aber Argument und Vernunft für eine liberale Gesellschaft sprechen, wieso befinde sich dann der Liberalismus in einer Krise, fragte Hlauschka. Weil der Liberalismus sich zu Tode gesiegt habe, argumentierte von Daniels. Mit der Überwindung des Sozialismus sei in Osteuropa ein Turbokapitalismus und Neoliberalismus aufgeflackert, der nun zu einer Gegenbewegung geführt habe. Er empfahl den Liberalen, den Populismus offensiver anzugehen. Es lange nicht, Populisten als Faschisten zu bezeichnen, die Ursache des Populismus müsse herausgearbeitet werden.

Eine Partei der Vernunft habe es schwer in Zeiten des Populismus gegenüber „gefühlsbetonten Parteien wie Grüne und AfD“, meinte Helmut Markwort, der für die FDP im bayerischen Landtag sitzt. Im Zeitalter der sozialen Medien seien Gefühle wichtiger als Fakten. Er machte das unter anderem auch an dem liberalen Schlüsselbegriff der Freiheit fest. „Die Menschen wollen lieber Ruhe und Sicherheit als das Risiko der Freiheit“, sagte er und verwies darauf, dass die Hälfte der jungen Menschen lieber in den Staatsdienst wollen, da der Job sicher sei. „Die jungen Leute sind nicht hungrig“, konstatierte er.

„Es gibt eine Gefährdung der Freiheit“, pflichte Kellmann bei. Freiheit habe bei Flach stets eine soziale Dimension gehabt, in der das Individuum im Mittelpunkt gestanden habe. In seiner Analyse sei Flach zu dem Ergebnis gekommen, dass Freiheit manchmal nur vom Staat ermöglicht werden könne. „Es gibt Regeln für die Freiheit“, sagte sie. Es sei ein Irrtum, dass die FDP nicht einen handelnden Staat wolle, entgegnete Ruppert. Vielmehr wolle man einen Staat, der die Normen festlege, der für Sicherheit sorge und die Freiheit eines jeden garantiere – sofern dadurch die Freiheit anderer nicht eingeschränkt werde.

Das impliziere auch, dass man die parlamentarischen Rechte einer demokratisch gewählten Partei nach einem Bundestags-Vizepräsidenten nicht beschneiden dürfe, egal, ob einem deren politischen Vorstellungen gefallen oder nicht. Ebenso wenig könne es angehen, dass man AfD-Gründer Bernd Lucke es nicht ermögliche, seine Vorlesungen zu halten. Hier gelte es für die FDP, sich als Partei der Freiheit zu postieren. Schließlich sei es liberale Tradition, auch Andersmeinenden zuzuhören und sich mit deren Argumenten auseinanderzusetzen.

Zusammentreffen beim Karl-Hermann-Flach-Disput im Landratsamt. Foto: privat



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