Hochtaunus (fch). Martins- und Weihnachtsgänse mit Rotkohl und Klößen gehören in vielen Familien zu den Klassikern unter den Festtagsessen in Nord- und Westeuropa. Die ersten Gänse werden am oder um den Martinstag zubereitet. Je nach Land, Region und Familienrezept variieren Füllung, Gewürze und Beilagen. Sicher ist, lecker sind die knusprig gebratenen Gänse immer. Wer seinen Gänsebraten mit gutem Gewissen um das Tierwohl genießen möchte, der bevorzugt eine in Deutschland, am besten eine in der Region aufgezogene Gans. Zu den Gänsen, die mit genügend Platz, ihrem Federkleid, im Freiland und ohne Stopfmast aufwachsen, gehören die auf dem Hof Kuchta in Burgholzhausen.
Die Familie Kuchta gehört bereits seit 1987 zu den Gänsehaltern im Hochtaunuskreis. Wer sich dem Hof von Hans-Dieter und Petra Kuchta nähert, der wird von einem vielstimmigen Konzert lauter Warnrufe empfangen. Der munteren Gänseschar entgeht nichts, denn sie können hervorragend hören, sehen und riechen. Und sie kündigt Fremde mit lautem Geschnatter an. Auf ihrem Hof hält Familie Kuchta in diesem Jahr 150 Gänse. „Ich bekomme meine vier Wochen alten Gänseküken Mitte Juni von einem Händler zur Aufzucht“, berichtet Hans-Dieter Kuchta. Vor einem Jahr hat der Landwirt den Ackerbau abgegeben und ist seither Teilzeitrentner. Aktiv ist er noch im Obstbau, als Halter von fünf Pferden und zahlreichen Gänsen. Seine Pferde und Gänse haben auf den direkt an den Hof angrenzenden Streuobstwiesen und Weiden viel Auslauf.
Tagsüber draußen, nachts im Stall
„Wenn ich meine Gänse morgens aus dem Stall lasse, dann betreiben sie erst einmal Frühsport“, schmunzelt der 72-Jährige. „Sie laufen auf der Wiese hoch und runter, bevor sie zur Tränke gehen.“ Tagsüber sind die Gänse im Freien, nachts im Stall. Auf der Wiese fressen die Vögel Kräuter und Gräser, aber auch Obst und Gemüse. Bauer Kuchta füttert seine Gänse mit Weizen und alten Brötchen, die er von der Bäckerei Freimund in Ober-Erlenbach bekommt. „Zum Glück hatten wir in den vergangenen Jahren keinen Fall von Vogelgrippe, so konnten meine Gänse ins Freie.“ Die Herdentiere fühlen sich auf der Obstwiese sichtlich wohl. Und da Gänse Wasservögel sind, sind die großen Regenpfützen auf der Wiese für ein Bad heiß begehrt. Halten könnte Bauer Kuchta auf seinem Hof viel mehr Gänse, da er ausreichend Platz hat. Da er und seine Frau ab Martini die von Privatleuten bestellten Tiere selbst schlachten, begrenzt er jedoch die Anzahl. Die Gänse werden vor der Schlachtung betäubt. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei der Schlachtung kontrollierten – ohne Beanstandung – vor drei bis vier Jahren Mitarbeiter des Veterinäramtes in Bad Homburg. Da Gänse vom heimischen Bauern begehrt sind, ist das Bestellbuch voll. „Dieses Jahr waren wir extrem früh ausverkauft, wir können keine Kundenanfragen mehr erfüllen“, informiert der Friedrichsdorfer. Die Kunden, größtenteils Stammkunden, kommen aus Friedrichsdorf, Bad Homburg, Oberursel, anderen Gemeinden im Hochtaunuskreis, aber auch aus dem Wetteraukreis und aus Frankfurt. Sie legen Wert auf artgerechte Tierhaltung, Frische und Qualität. „Die Kunden erhalten ihre Gans von uns bratfertig“, sagt Petra Kuchta. Die Federn entsorgt eine Abdeckerei, die Köpfe und Füße der Gänse gehen seit Jahren an eine chinesische Kundin und ihre Großfamilie.
Mit Knödeln und Rotkraut
Zu Kuchtas Kunden gehörten auch viele junge Familien. Vor Corona holten diese sich ihre Gans immer auf den Weg in den Urlaub ab. „Mitgenommen wurden unsere Gänse in Kühltaschen nach Österreich und Holland, aber auch nach Hamburg und an andere Orte. Meist werden die Festtagsbraten dann am Ziel von Mutter oder Schwiegermutter zubereitet.“ Petra Kuchta verwöhnt ihre Familie an Weihnachten ebenfalls mit einer knusprig gebratenen Gans. „Ich liebe Gänsebraten klassisch mit Knödeln und Rotkraut. Mein Mann bekommt noch Rosenkohl dazu, und für mich bereite ich einen Feldsalat zu“, verrät die Köchin. Wichtig für die Zubereitung der Gänse sei ein großer Bräter. „Ich fülle meine Gans mit Äpfeln, einer großen Gemüsezwiebel und einer rohen Kartoffel am Ende. So behält sie ihre Form.“ Zum Verschließen nimmt Petra Kuchta Zahnstocher. Gewürzt wird die bratfertige Gans innen und außen mit Pfeffer, Salz und Paprika. Um sie dann mit klein geschnittenen Zwiebeln, Lauch, Sellerie, Karotten und einem Apfel anzubraten. Der Sud wird mit Wasser abgelöscht. Damit nichts anbrennt, sollte die Wassermenge alle 30 Minuten kontrolliert und bei Bedarf mit heißem Wasser aufgefüllt werden.
„Ich lege meinen Gänsebraten mit der Brust nach unten in den Bräter. Nach zwei Stunden wird die Temperatur von 200 Grad Celsius auf 150 Grad Celsius reduziert und die Gans dann für zwei weitere Stunden ohne Deckel gebraten. „Eine halbe Stunde vor dem Essen lege ich die Gans auf den Rost und bestreiche sie mit Salzwasser und Honig. So wird die Haut richtig knusprig.“ Das Wurzelgemüse aus dem Sud seiht sie durch ein Sieb ab und erhält dadurch die perfekte Basis für eine Bratensoße. Zuvor hat sie das auf der Soße schwimmende Gänsefett immer wieder abgeschöpft. Nach dem Abkühlen hält sich der beliebte Brotaufstrich in einem Schraubglas im Kühlschrank monatelang. Gar ist die Gans, wenn man mit einer Gabel oder einem Spieß am Schenkel einsticht und das Fleisch weich und der austretende Saft klar ist. Portioniert wird der Gänsebraten mit einem scharfen Messer oder einer Geflügelschere.
Das Rezept für klassischen Gänsebraten von Petra Kuchta ist bei den Kunden gefragt.