Main-Taunus-Kreis
(bs) – Manch einer hatte schon das große Glück, bei einem Spaziergang durch Streuobstwiesen im Main-Taunus-Kreis einen kleinen runden Kauz vor seiner Brutröhre in der Sonne dösen zu sehen – den Steinkauz! Viele wissen jedoch gar nicht, dass der sonst recht seltene Vogel bei uns im Main-Taunus-Kreis erfreulich häufig ist.
Eulen-Pflege im MTK
Im MTK kümmert sich seit über 25 Jahren ein Arbeitskreis mit Mitgliedern verschiedener Naturschutzverbände um die Eulen und insbesondere den Steinkauz. Neben Aufhängen und Betreuung von Nisthilfen findet alljährlich im Frühjahr eine „Volkszählung“ der Steinkäuze statt, bei der die Jungvögel auch mit Ringen der Vogelwarte Helgoland beringt werden.
2022 brüteten 53 Brutpaare der kleinen Käuze in den Streuobstwiesen des Main-Taunus-Kreis. Sie zogen in den Nisthilfen des Arbeitskreises insgesamt 141 Jungvögel groß. Damit sind es ca. 10 % weniger als im Vorjahr, was im Bereich natürlicher Schwankungen liegt. Weitere Bruten finden in Naturhöhlen der Obstbäume statt, die aber selten entdeckt werden.
Die Stimmung bei den Steinkauzbetreuern war im Mai bei der Bruthöhlenkontrolle gemischt. Zunächst sah es so aus, als ob es ein schlechtes Mäusejahr und damit ein schlechtes Steinkauzjahr werden würde. Das hat sich in Teilen des MTK z. B. in Hofheim, Liederbach und Flörsheim bestätigt. Die Zahl der Jungvögel bei den Käuzen hat sich dort gegenüber 2021 halbiert. Dabei waren die Eulenschützer im Vorfeld wie immer fleißig unterwegs, haben viele neue Brutröhren aufgehängt, abgestürzte Brutröhren umgehängt und alte gesäubert, den Bestand digital erfasst, sich dafür in Computersysteme eingearbeitet und ansonsten eifrig Werbung für diese zauberhaften Vögel gemacht.
Steinkauzbestand stabil
Im Gegensatz zu anderen Eulenarten ernähren sich die Steinkäuze aber nicht nur von Mäusen, sondern erbeuten auch Regenwürmer, Insekten oder Vögel. Damit sind sie nicht so stark von den Mäusen abhängig. Vielleicht sieht auch deshalb das Ergebnis in anderen Kommunen dieses Jahr wieder hervorragend aus. In Kriftel ist der Bestand stabil und 2022 wurden sogar mehr Steinkauzküken beringt als letztes Jahr (knapp 30 kleine Kerlchen)! Ganz zu Recht bezeichnet sich Kriftel als „Steinkauz-City“. Auch Marxheim kann an die guten Zahlen vom letzten Jahr anschließen, 21 Jungvögel wurden dort 2022 gezählt. Gute Ergebnisse gibt es auch in Weilbach, Wicker und Eppstein. Auch in Langenhain hat sich der Steinkauzbestand auf mindestens 3 Paare erhöht. Das ist besonders erfreulich, da dort in der Vergangenheit kaum Steinkäuze gesichtet wurden.
Lebensraumpflege essentiell
Die Eulenschützer hoffen, dass es in Zukunft weiterhin zahlreiche Landwirte und Pächter gibt, die den Lebensraum des Steinkauzes – Streuobstwiesen mit höhlenreichen Obstbäumen – anlegen und pflegen. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn die alten Streuobstwiesen sind arbeitsintensiv in der Pflege und deutlich ertragsärmer im Vergleich zu Obstplantagen mit jungen Bäumen. Es ist z. B. wichtig, dass die Streuobstwiesen, auf denen Steinkäuze leben und brüten, regelmäßig gemäht werden. Der Steinkauz jagt gerne zu Fuß am Boden, was nicht funktioniert, wenn das Gelände zugewachsen und verbuscht ist.
Die Pflege der Bäume und Obstwiesen ist die Voraussetzung dafür, dass Athene noctua (so lautet der wissenschaftliche Name des Steinkauzes) bei uns dauerhaft überlebt. Wer ihn einmal gesehen hat, ist sofort verliebt – garantiert.
Durchwachsenes Jahr für fast alle Eulen
Neben dem Steinkauz brüten im MTK noch Uhu, Schleiereule, Waldohreule und Waldkauz. Aber auch bei diesen Eulenarten war das Jahr „durchwachsen“. Der Uhu brütete im MTK mit 4-6 Brutpaaren wobei das bekannteste Brutpaar die „Stadtuhus“ auf dem Hundertwasserhaus in Bad Soden sind. Man konnte sie wie in den Vorjahren gut beobachten. Dieses Jahr hatte das Brutpaar vier Jungvögel, die sich zur Freude der Bewohner und Nachbarn auf Balkonen und anderen exponierten Stellen zeigten. Die anderen Uhu-Brutpaare des MTK leben meist versteckt in Steinbrüchen oder in anderen unzugänglichen Bereichen.
Sorgenkind Schleiereule
Die Schleiereule ist wieder mal das Sorgenkind unter den Eulen. Von über 20 Brutpaaren Mitte der 90er Jahre ist der Bestand im MTK stark eingebrochen, obwohl durch die ehrenamtlichen Helfer viele Nisthilfen in Scheunen und Kirchen zur Verfügung gestellt werden. Es wird vermutet, dass der Mäusebestand in den meisten Jahren nicht mehr ausreicht, um genügend Jungvögel großzuziehen. Im Gegensatz zum Steinkauz ist die Schleiereule ein reiner Mäusejäger, der direkt von den Nagern abhängig ist. 2022 gibt es nur 2 bekannte Bruten dieser Eulenart im MTK.
Für eine große Überraschung sorgte eine „zugereiste“ Art aus Südeuropa in Sulzbach, die Zwergohreule. Von Mitte Mai bis Ende Juni riefen teilweise zwei Vögel an einem Bachlauf und sorgten hier für mediterranen Flair. Trotz bereit gestellter Nistmöglichkeiten ist es unklar, ob die Zwergohreule dieses Jahr im MTK gebrütet hat.
Am 3. November wird über die Eulen im MTK bei einer Veranstaltung im Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben in Worten und Bildern berichtet. Diese und weitere Termine finden sich auch auf der Homepage https://www.hgon-nabu-mtk.de/.
Ein junger Steinkauz nach der Beringung.
Foto: Kathrin Montag