Laienspielschar stellt Motive der Scherenschnitt-Laternen vor

Kronberg. – Seit vielen Jahren folgen nun Besucherinnen und Besucher aus nah und fern dem Kronberger Laternenweg. Fast 50 Scherenschnitte mit Sagen und Überlieferungen schmücken die Straßenlaternen der Kronberger Altstadt und verwandeln die Straßenbeleuchtung in ein Panorama der Geschichte Kronbergs voller großer Ereignisse und kleiner Anekdoten. Der Künstler Albert Völkl hat einige Sagen und Überlieferungen, von denen er besonders inspiriert wurde, in Scherenschnitten umgesetzt. Mit der Hilfe von Sponsoren entstand so im Jahre 2008 der Kronberger Laternenweg unter Schirmherrschaft des Kronberger Kulturkreises, ausgeführt von der 1. Kronberger Laienspielschar.

Ob eifrige Marktfrauen, die Kronberger Gaas, raufende Ritter, mürrische Torwächter oder streitende Prälaten… durch eine szenische Führung mit den Nachtwächtern wird Kronbergs Geschichte lebendig. Die Führungen leben mit und durch die Statisten, den kleinen Zwischenspielen an den einzelnen Stationen.

„Auch wenn Hellebarde und Nachtwächter-Laterne im Moment noch im Winterschlaf sind und die Führungen nicht in der gewohnten Weise und Atmosphäre präsentiert werden können – im Hintergrund wird geplant“, verrät die Kronberger Laienspielschar“, die 2023 15 Jahre Kronberger Laternenweg feiern wird. Bis zur Wiederaufnahme der regelmäßigen Nachtwächterführung ab dem 30. April 2022 nimmt die Kronberger Laienspielschar und der Kronberger Bote die Leser mit auf eine etwas andere, kleine aber feine exklusive Führung. Ab sofort werden in loser Folge einige der Laternen bzw. Scherenschnitte und ihre Geschichten dahinter vorgestellt, die die Nachwächter während der gängigen Touren nicht präsentieren können, da sie abseits der normalen Route stehen.

Die Nachtwächter-Laterne

Nachtwächter ist eine Berufsbezeichnung, die mit dem Bestehen der ersten größeren Städte im Mittelalter aufkam. Die Aufgabe eines Nachtwächters bestand darin, nachts durch die Straßen und Gassen der Stadt zu patrouillieren und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er warnte die schlafenden Bürger vor Feuern, Feinden und Dieben und überwachte das ordnungsgemäße Verschließen der Haustüren und Stadttore. Auch hatte er das Recht, verdächtige Personen, die nachts unterwegs waren, aufzuhalten, zu befragen und notfalls festzunehmen. In vielen Orten war er tatsächlich auch dafür verantwortlich, die Laternen bei Dämmerung zu entzünden und bei Tagesanbruch auch wieder zu löschen. Vielerorts und in der Sprache des jeweiligen Landes erklang der Jahrhunderte alte Nachtwächterruf, vielleicht weniger als Auskunft, als mehr zur Anzeige, dass er seinem Dienst ordnungsgemäß nachging:

Hört ihr Leut‘ und laßt euch sagen,

unsre Glock hat Zehn geschlagen.

Zehn Gebote setzt Gott ein:

Gib das wir gehorsam sein!

Menschenwachen kann nichts nützen;

Gott muß wachen, Gott muß schützen.

Herr, durch deine Güt und Macht

schenk uns eine gute Nacht!

Zur typischen Ausrüstung eines Nachtwächters gehörten meist eine Hellebarde oder eine ähnliche Stangenwaffe, eine Laterne und ein Horn.

Obwohl er durchaus eine wichtige Tätigkeit in der Stadt ausführte wie zum Beispiel der Abdecker oder der Henker gehörte er meist zu den eher weniger angesehenen Personen und lebte daher in sehr bescheidenen Verhältnissen. Nachtwächter durften nicht heiraten, kein Land besitzen oder gar in den Krieg ziehen, klärt die Kronberger Laienspielschar in ihrem kleinen Geschichtsexkurs auf.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts änderte sich die Aufgabe des Nachtwächters und mit der flächendeckenden Einführung elektrischer Straßenbeleuchtungen und neuer Polizeigesetze um die Wende zum 20. Jahrhundert ging gleichzeitig die Abschaffung der meisten Nachtwächter einher.

So wie in Kronberg sind in vielen Städten heute Stadtführer als „Nachtwächter“ unterwegs und berichten auf unterhaltsame Weise aus der Stadthistorie und über die tägliche Arbeit der Nachtwächter im Mittelalter.

Der letzte richtige Nachwächter war in Kronberg vermutlich bis Dezember 1859 unterwegs – die Nachtwächterinnen und Nachtwächter der 1. Kronberger Laienspielschar haben diese Aufgabe im März 2008 gerne für ihre szenischen Führungen übernommen und geleiten seitdem entlang der scherenschnittverzierten Laternen durch die historische Kronberger Altstadt.

Weitere Informationen zum Verein und geplante Termine zum Laternenweg/Märchenweg finden Interessierte auf Instagram und Facebook „Kronberger Laternenweg“, auf der Homepage www.kronberger-laienspielschar.de und auf der Website des Kronberger Kulturkreises www.kronberger-kulturkreis.de/laternenweg. (mw)

Die Nachtwächter-Laterne mit diesem Scherenschnitt von Albert Völkl befindet sich hinter den Sandsteinstehlen „Frankfurter Tor“zu Beginn der Friedrich-Ebert-Straße.

Foto: privat



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