Real Estate öffnet die Pforten zum Gelände der ehemaligen Abs-Villa: Wald mit beeindruckenden Baum-Raritäten

Gefällte Fichten auf dem Gelände der ehemaligen Abs-Villa, deren „Innenleben“ deutlich zeigt, dass sie keine Standsicherheit mehr hatten. Fotos: Westenberger

Kronberg (mw) – Der neue Eigentümer der Abs-Vills, die Real Estate GmbH, ließ sich vergangene Woche bei den Baumpflegearbeiten gerne über die Schulter blicken, um weiteren Spekulationen, dort würden im großen Stil Rodungsmaßnahmen vorgenommen, vorzubeugen (wir berichteten). Etwa 15 Jahre lang wurden auf dem 4,5 Hektar großen Gelände, an derem Kopf die Abs-Villa steht, keine Baumpflegemaßnahmen mehr durchgeführt, erklärt der Geschäftsführer der Real Estate GmbH, Hans-Jürgen Grün. Die Pracht-Villa im Landhausstil auf 1.000 Quadratmetern Wohnfläche mit dahinter versteckter Schwimmhalle hat eine bewegte Geschichte hinter sich. 1893 wurde für Max von Guaita, Mitglied einer einflussreichen Frankfurter Familie, die Villa Guaita auf einer zwölf Hektar großen Parkfläche gebaut. 1936 wurde das Grundstück geteilt, und auf 7,5 Hektar ein Wohnsitz mit Parklandschaft für Fritz Ter Mer, Vorstandsmitglied der IG-Farben gebaut. Diese Villa wiederum kaufte 1953 der Bankier Hermann Josef Abs, der sie bis zu seinem Tod 1994 bewohnte. Bis die Villa zwangsversteigert wurde und für 4,7 Millionen Euro an die Real Estate GmbH ging, war ihr Eigentümer, Richard Leitermann, der dort mit seiner Familie wohnte.

Die noch imposantere Villa Guaita war ab 1940 zur Beherbergung von Ausgebomten genutzt worden, diente als Wohnheim für Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten und anschließend als Schulgebäude, bis sie 1961 abgerissen wurde. Deshalb trägt das inzwischen parzellierte Gelände, das in Richtung Guaitastraße andersweitig bebaut ist, dort nach wie vor den Namen Guaita-Park.

An die Abs-Villa, die sich in einem stark restaurierungswürdigen Zustand präsentiert, schließt sich eine Terrasse mit einem halbrunden Stufengarten an, von dem aus man einen weiten Blick über eine sanft abfallende Freifläche hat. Eingerahmt wird das denkmalgeschützte Ensemble, zu dem auch das im Wald versteckte Wagenführerhaus gehört, von einer beeindruckenden Baumkulisse, die sich bis in die Randbereiche des Parks erstreckt. Seit November ist die Real Estate als neuer Eigentümer nun mit Verkehrssicherungsmaßnahmen auf dem Gelände, zu allererst hin zu den Nachbargrundstücken, beschäftigt. Auf einer Führung durch das über drei Fußballfelder umfassende Gelände stößt man auf etwa zehn stattliche Bäume, die von selbst umgestürzt sind. Einer davon ist auf das Dach der Schwimmhalle gefallen und hat dort beträchlichen Schaden angerichtet. In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde sowie dem Hessischen Landesamt für Denkmalpflege werde hier seit November vorrangig an Sicherungsmaßnahmen gearbeitet. Der autorisierte Forstbetrieb Andreas Jäger aus Steinbach ist vor Ort, gemeinsam mit zwei Biologen, einer zuständig für Ornithologie, der andere für Laufkäfer, wie ein fachkundiger Mitarbeiter informiert.

Stück für Stück kämmen sich die Fachleute durch den Wald, um die stattlichen Bäume zu untersuchen. Insgesamt wurden von 500 geschätzten Bäumen auf dem gesamten Anwesen 37 zur Fällung freigegeben. „Alle 37 sind krank und ihre Standsicherheit ist nicht mehr gegeben“, erläutert Hans-Jürgen Grün vor Ort und demonstriert es an einigen bereits gefällten Fichten, die selbst für den Laien sichtbar an Rot- und Weißfäule bis in die Außenbereiche erkrankt sind. „Ermittelt wurde die Erkrankung zunächst durch eine spezielle Bohrung“, erläutert Grün. Zu den zu fällenden Bäumen gehören auch einige Esskastanien, Eichen, Birken und Linden, die zu den gängigeren Baumgehölzen dieser Breitengrade gehören. Doch der stark verwachsene Park birgt noch ganz andere Raritäten, ähnlich dem Schlosspark, aus aller Herren Ländern. Darunter finden sich Zirbelkiefer, Tulpenbaum, Laubabwerfender Mammutbaum, Gingko und Zuckerahorn. Auch mehrere Douglasien sind darunter, eine von ihnen misst rund 40 Meter. „Bei ihr soll nun eine Schallmessung Aufschluss geben, ob sie stehen bleiben kann“, so Grün, da sie von außen sichtbar morsche Stelle aufweist. Dass ein solches Gelände ebenfalls einen schützenswerten Lebensraum für Tiere darstellt, erklärt sich von selbst. „Deshalb werden viele der kranken Bäume als Habitatsbäume nur zurückgeschnitten, bleiben also für die Höhlenbrüter erhalten“, erklärt der Mitarbeiter der Firma Jäger. Äußerst versteckt hinter der großzügigen, im englischen Landhausstil erbauten Villa, stehen beispielsweise fünf bis sechs große Buchen, die allein 40 Bruthöhlen beherbergen. Laut Geschäftsführer Grün spielt der Gesellschafter der Real Estate GmbH, Michael Perlick, nach wie vor mit dem Gedanken, nach Kronberg zu ziehen und das Anwesen selbst zu bewohnen. „Ihn hat gerade das obere Areal als Biotop, das erhalten werden sollte, gut gefallen“, erläutert Grün. Als Idee, sagte er, könne man sich gut vorstellen, entlang des Winkelbachs, der auch durch dieses naturbelassene Waldstück führt, den Weg, den es dort von Nord nach Süd früher einmal gab, öffentlich zugänglich zu machen.

Die Wiese vor der Villa Abs wurde bereits von Sträuchern befreit. Denn hier galt die Vorgabe der Denkmalschutzbehörde, dass sie zu dem denkmalgeschützten Hausensemble dazugehört. „Dort sollen wieder Schlüsselblumen und Buschwindröschen wachsen“, alles nach strikter Vorgabe der Behörden.“, erzählt Grün. Aus diesem Grund muss auch der Bambus weichen und auch der Barockgarten, den es an der linken Hausseite seinerzeit gab, wird nicht wieder angelegt werden, da er nicht den gewünschten Kriterien eines englischen Landhauses mit entsprechender Parkanlage entspricht. Natürlich weiß der neue Eigentümer um die strengen Vorgaben für das außergewöhnliche Objekt.

Das Hausensemble mit dem Wagenführerhaus untersteht dem Denkmalschutz und auf den großen Park dürfte die Untere Naturschutzbehörde ihre schützende Hand halten. Einzig und allein das „Haus Sandrock“, das ehemalige Gärtnerhaus, ein Fertighaus im Schwarzwaldstil, so die Information, das man von der Königsteiner Straße aus sehen kann, könnte abgerissen werden und für einen Neubau Platz geben. Großer Gestaltungspielraum sei aber laut geltendem B-Plan auch hier nicht vorgesehen, weiß Grün. Doch derzeit haben die neuen Eigentümer die Villa von innen noch gar nicht betreten können und konzentrieren sich erst einmal auf die weiteren Sicherungsmaßnahmen entlang des weiträumigen Grundstücks. Wie ein Mitarbeiter der Firma Jäger erläuterte, würden die reinen Sicherungs- und Pflegemaßnahmen in enger Absprache mit den Behörden noch bis in den Sommer andauern, während die Aufgabe, ornithologisch als auch dendrologisch festzuhalten, welche Arten und welche Anzahl davon die weitläufige Parkanlage beherbergt, alle vier Jahreszeiten in Anspruch nehme.

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