Kronberg (bö) – „Ich stand da und fühlte, wie mein Herz starb und meine Seele welkte. Ich liebte ihn so sehr…Ich dachte, ein Teil von mir würde mit ihm sterben. Aber dann dachte ich, so wie er jetzt dalag, so wie er jetzt war, würde er niemals alt werden. Er würde mich nie betrügen oder verlassen können…so würde er einfach immer vollkommen bleiben.“, erklärt die geisteskranke Liz ihrer Psychologin und zeigt die extremen Folgen der Isolation auf. Von Illusionen, falschen Hoffnungen und der Liebe erzählen beide Stücke der Jahrgangsstufe Q1 der Altkönigschule und beeindruckten ihr Publikum mit schauspielerischer Leistung. Am 28. und 29. Juni kam es zur Aufführung der beiden über ein halbes Jahr erarbeiteten Stücke der DS-Kurse von Lisa Reißfelder und Rita Eichmann.
Nach einigen einleitenden Worten durch den Studiendirektor und Leiter des Fachbereiches I, Jens Henninger, der den Theaterabend als „überraschend“ bezeichnete, informierten die beiden leitenden Lehrkräfte über ihre jeweiligen Stücke und dankten allen Mitwirkenden, insbesondere den engagierten Helfern bei der Technik, für ihre Kooperation.
Reißfelder erwähnte, ihre Gruppe habe ohne Vorlage eine Eigenproduktion auf die Beine gestellt und, so fügt sie nach der Aufführung mit einem stolzen Lächeln hinzu, sich hierbei selbst übertroffen. In ihrem Stück „Da Wedding – We are Family“ zeigten die Darsteller in Einzelszenen die Rückblende mithilfe kurzer Abrisse. Diese wurden unterbrochen durch grelles Licht und die Freeze-Position derjenigen, die nicht an der Kurzhandlung teilnahmen. Worum es ging? Um eine Hochzeit, eine Tramhochzeit, um genau zu sein. Um all die Vorbereitungen, all die Voraussetzungen. Aber auch um alles, was schiefgehen kann, sodass aus der idealen Traumhochzeit eine Hochzeitsparty mit Familiendilemma wird.
Die komödienhafte Darstellung der 13 teilnehmenden Schüler zeigte in kurzen Abschnitten beispielsweise, dass die Braut Elli (Laura Ihring) mit zerrissenem Schleier und überfürsorglicher Mutter in der Patsche sitzt, oder dass der Vater der Braut (Colin Kourebanas) bekifft zur Vermählung erscheint, weil er mit dem Nicht-Familienangehörigen Kevin (Christian Marx) einen Joint geraucht hat. Und so erschien jeder der geladenen Gäste inmitten des Durcheinanders zu einer nahezu vollkommen unorganisierten Hochzeit und charakterisierte das Bild der typisch chaotischen Familie in überspitzter Form. Während der sich an die Hochzeit anschließenden Schuldeingeständnisse versuchte jeder Einzelne, sich den Ausbruch des Chaos zu erklären. Am Ende aber gilt das liebevolle Motto: „We are Family“.
Rita Eichmanns Gruppe inszenierte in Anlehnung an den Roman „Nur für drei Tage“ von Guy Burt ein weniger erheiterndes und umso bestürzendes Stück über vier Jugendliche, die sich für drei Tage von einem Freund in einem abgelegenen Bunker einschließen lassen und dort mit menschlichen Abgründen konfrontiert werden. Denn der den Schlüssel besitzende Freund öffnet den Bunker zur vereinbarten Zeit nicht, sodass sich das spaßige Wochenende zum Drama zuspitzt, aus der einzig die durch drei Akteure gespielte Hauptperson Liz überlebt. Als diese von einer neugierigen Journalistin (Carolin Ehrlich) aufgegabelt wird, beginnt für die Ermittlerin (Eva Reis) und Psychologen (Lea Borsch und Sophia Nüßlein) eine unberechenbare Suche nach der Wahrheit. Doch die Überlebende lügt sich in krankhaften Vorstellungen eine andere Wirklichkeit zusammen als jene, die den Tod dreier Freunde forderte. Schuld und Unschuld, Liebe und Hass, Wahnsinn und Psychologie, zwischen all diesen Extremen und Möglichkeiten kommt nach und nach ans Licht, wer tatsächlich verantwortlich ist für den Ausgang. Und die Schuldige heißt Liz. Martin (Matthias Weber), der einzige, der nicht im Bunker agiert, begeht scheinbar rechtzeitig Selbstmord, um sich der Verantwortung zu entziehen. Liz akzeptiert den Tod ihrer Freundin Jackie (Tatiana Kreuzer und Rebecca Ziegenberg), um mit ihrem Schwarm Tobi (Max Angres und Nicolas Jochmann) zusammen zu kommen. Sie greift nicht ein, als dieser seinen besten Freund Chris (Karsten Heinz und Kai Weigand) wegen eines letzten Getränkes ermordet, sondern lächelt bloß, wenn sie ihm erklärt, dass sie im Besitz eines Ersatzschlüssels gewesen ist und ihrer Liebe eine echte Chance geben wollte.
Anders als der Kurs von Lisa Reißfelder sind die Handlungen nicht inmitten der Aula verstreut, sondern zentrieren sich zumeist auf der Bühne und erzielen mithilfe komplexer Bühnenbilder tiefe Erschrockenheit über die Geschehnisse. Und für jeden stellt sich die Frage nach dem Opfer und dem Täter und fast erreicht die Handlung ihre Katastrophe mit der von der Journalistin aufgestellten Schlagzeile: „Staatsgewalt versagt vor einem Teenager“. Im Gespräch mit den beiden mehrjährig erfahrenen Spielleiterinnen geben diese offen zu, vor einer Woche noch nicht an eine solch gelungene Vorstellung geglaubt zu haben. Sie seien daher umso glücklicher, ihre sich selbst übertreffenden Schüler begleitet zu haben. Denn obwohl die Textsicherheit noch drei Tage vor der großen Premiere hätte besser sein können, obwohl nicht alles verständlich war, wenn zu leise gesprochen wurde, und obwohl man zehn Tage zuvor um ein Bühnenbild und eine Kostümierung bangen musste, war von alledem am entscheidenden Abend kaum etwas zu spüren. So endete der rundum gelungene Theaterabend mit Lehrer Henningers Worten, dass Theater eine Möglichkeit ist, Menschen von einer anderen Seite kennen zu lernen und der Aufforderung, auch zum Theaterabend der Hauptschulklassen, am Donnerstag, 30. Juni zu kommen.